13.

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Die Tage vergingen, Jade traf sie ein paar Mal mit ihrem „Freund" und lernte dabei ihn und die anderen Jungs besser kennen. Yoongi verhielt sich in dieser Zeit seltsamerweise relativ ruhig und ignorierte sie, wenn sich ihre Wege hin und wieder kreuzten. Er schien sehr beschäftigt zu sein und war die ganze Zeit gestresst. Doch während alles gut mit ihrem Job lief, verschlechterte sich ihre Familiensituation. Ihr Vater war zum vollkommenen Alkoholiker geworden und ihre Mutter sah sie kaum noch, da sie Doppelschichten arbeitete und wenn sie mal zu Hause war nur schlief. Und das Problem mit solchen Eltern war, dass sie ihre dauerhafte schlechte Laune immer an ihr ausließen. Ihr Vater ließ es mit Schlägen an ihr aus, während ihre Mutter sie mit Worten niedermachte. Jade konnte nicht sagen was schlimmer war. Zwar versuchte sie bei der Finanzierung mitzuhelfen, doch es waren nicht die offenen Rechnungen für Dinge wie Miete oder Strom, sondern ihre Schulden. Wie es aussah hatte ihr Vater neben Alkohol noch eine andere Sucht. Glücksspiele. Als wäre das alles nicht genug, befand sich Jade zudem auch in einer der stressigsten Phasen im Schuljahr. Jede Woche standen ihr mehrere Prüfungen in der Schule bevor, für die sie bis spät in die Nach lernen musste. Jade hatte oft das Gefühl unter dem Druck und Stress von Schule und Eltern zusammenzubrechen. So wie auch jetzt bei dem Heimweg von der Schule. Tränen hatten sich in ihren Augen gebildet, doch sie wollte nicht wieder weinen. Sie war kaputt. Es war schon spät abends, denn sie war noch länger in der Schule gewesen um zu lernen. Eigentlich wollte sie einfach so lange weg von zu Hause bleiben wie möglich, doch irgendwann musste sie gehen. Müde öffnete sie ihre Haustür und konnte sofort die Schreie ihrer Eltern hören. Sie drückte den Lichtschalter, doch das es blieb weiterhin dunkel im Flur. Wieder kein Strom, dachte sich Jade und ging in ihr Zimmer. Ihre Mutter schrie noch ein letztes Mal ihren Vater an, bevor sie raus ging und die Haustür laut hinter sich zuknallte. Seufzend setzte sie sich an ihren Schreibtisch und rieb sich erschöpft ihre Augen. Was würde ich jetzt nicht alles für ein Nickerchen tun, dachte sie und schaute sehnsüchtig zu ihrem Bett. Doch eine Pause durfte sie sich nicht erlauben, in zwei Tagen stand ihr Mathe bevor. Sie zwang sich zum rechnen, obwohl sie beim Anblick der Matheaufgaben am liebsten gekotzt hätte, als es auf einmal an ihrer Zimmertür klopfte. Kurz danach kam Doyeon zum Vorschein. „Hey", sagte sie lächelnd und setzte sich Jade gegenüber auf das Bett. Sie sah müde aus,genauso wie sie selbst. Das Leben hier in diesem Haus setzte jedem zu. Doch da war mehr, sie bemerkte wie Doyeon sich immer wieder durch die Haare fuhr, ein Zeichen dafür das sie nervös war. „Alles in Ordnung?" Sie sah ihre große Schwester erwartungsvoll an, doch diese mied ihren Blick und schaute auf den Boden. „Ja alles bestens, es ist nur so...ich hab dir doch davon erzählt, dass ich mich für mehrere Universitäten beworben habe."Doyeon hatte nur nebensächlich mal erwähnt, dass sie sich für mehrere Universitäten beworben hat, doch sie konnte sich nicht mehr erinnern für welche. „Ja wieso?" „Ich wurde für eine angenommen." Jade stand glücklich auf. „Das ist doch großartig, wieso freust du dich nicht?" „Nein ich freue mich. Es ist nur so, die Universität ist in Busan." Jades Lächeln verschwand augenblicklich. „Du wirst weggehen?" Zögerlich nickte Doyeon . Jade traten Tränen in die Augen. Sie öffnete den Mund um etwas zu sagen, schloss ihn dann aber wieder. Doyeon stand auf und umarmte sie fest. Etwas steif erwiderte Jade die Umarmung, während immer mehr Tränen ihre Augen verließen. Geh nicht, wollte sie sagen. Geh nicht, lass mich hier nicht mit ihnen alleine. Du bist doch der einzige Grund, wieso ich es bis jetzt ertragen konnte. Doch sie konnte nicht so egoistisch sein und ihr das sagen, am Ende würde sie es sich anders überlegen und hier bleiben. Sie wusste, dass es Doyeons Traum war in Busan zu studieren. Aber trotzdem brach ihr der Gedanke sie nicht mehr hier zu haben das Herz. „Nimm mich mit." Sie löste sich von ihr und schaute sie aus ihren tränenden Augen bittend an. „Nimm mich mit, bitte lass mich nicht hier." Doyeon fing nun ebenfalls an zu weinen. „Wenn ich könnte, würde ich dich sofort mitnehmen, aber es geht nicht." Jade wisch sich die Tränen aus dem Gesicht. „Wann wirst du gehen?" „Schon nächstes Wochenende." Überrascht blickte Jade sie an. „Wieso so früh?" „Ich muss mich in der WG zurecht finden und mir schnellstmöglich einen Job suchen. Finanzielle Hilfe werde ich ja wohl nicht erwarten können.", antwortete sie bitter.
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Der Abschied von Doyeon kam viel zu schnell. Jade wollte sie am liebsten nicht loslassen, doch nach einer letzten tränenreichen Umarmung war sie fort. Frei von ihrer Familie. Ihr zu Hause fühlte sich daraufhin nur noch leerer an. Doch Jade konnte ja nicht ahnen, dass es sie noch viel schlimmer treffen würde.
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Sie hatte es geschafft, all ihre Prüfungen hatte sie hinter sich und jetzt hatte sie endlich Ferien. Glücklich ging sie von der Schule nach Hause und freute sich schon darauf erst mal nichts zu tun. Zu Hause angekommen, verbrachte sie zufrieden ihre Zeit damit Dramas anzuschauen. Es war mittlerweile schon abends, aber Jade hatte zu viele Folgen verpasst, als das sie jetzt aufhören könnte. Doch plötzlich hörte sie einen schrillen Schrei, bei dem sie sofort vom Bett aufsprang. Besorgt rannte sie aus ihrem Zimmer. Der Schrei kam von ihrer Mutter. Im Wohnzimmer musste sie dann erschrocken den Grund für den Schrei anblicken. Ihr Vater hatte seine beiden Hände in die Haare ihrer Mutter vergraben und zog heftig daran, während sie nur hilflos versuchte sich zu befreien. Jade ging sofort dazwischen und schaffte es ihre Mutter von dem Griff ihres Vaters zu befreien. „Was soll das?", schrie sie ihn wütend an. „Es geht um die Stromrechnung.",hörte sie ihre Mutter mit erstickter Stimme sagen. „Sie ist schuld. Sie hat meinen gesamten Lohn verschwendet.", lallte ihr Vater und versuchte wieder ihre Mutter anzugreifen. Ihr Vater war stark, sehr stark sogar in einem angetrunkenen Zustand wie diesem, sodass Jade schnell klar wurde, dass mit Worten nicht viel zu bewirken war. Also rannte sie schnell in ihr Zimmer und öffnete ihr Geheimversteck. Hecktisch nahm sie die übrig gebliebenen Geldscheine von ihrem letzten Lohn und rannte wieder ins Wohnzimmer. Ihr Vater hatte gerade ihre Mutter gegen eine Wand geschmissen, woraufhin sie sich ängstlich auf den Boden kauerte. Beschützend rannte sie vor ihrer Mutter und schmiss das Geld auf ihren Vater. „Hier hast du Geld. Jetzt lass sie in Ruhe.",forderte sie ihn laut auf. Es herrschte ein Moment der Stille. Ihr Vater hob die Scheine vom Boden auf und schaute sie ruhig an. Jade beobachtete sein komisches Verhalten angespannt. Auf einmal kam ihr Vater auf sie zu und gleich danach spürte sie einen heftigen Schmerz auf ihrer Wange. Ihr Vater hatte sie geohrfeigt. „Woher hattest du dieses Geld du Miststück?!" Zu geschockt von dem Schlag antwortete sie ihm nicht, worauf er sie wütend schubste. Jade versuchte ihr Gleichgewicht wieder zu finden, doch ihr Vater schubste sie noch einmal mit so einer Kraft, dass sie die Ecke einer Kommode traf und dann zu Boden fiel. Ein unfassbarer Schmerz fuhr durch ihren gesamten Körper, sodass sie das Gefühl hatte keine Luft zu bekommen. Doch ihr Vater hörte immer noch nicht auf, fing an nach ihr zu treten und sie anzuschreien, doch die Schmerzen waren so überwältigend das sie nichts verstand. Mit letzter Kraft schaffte sie es einem Tritt auszuweichen und zog sich hoch. So schnell es ging lief sie in ihr Zimmer. Ihr Vater folgte ihr zwar nicht, aber schmiss mit Dingen nach ihr. „Mach das du verschwindest, ich will dich hier nicht mehr sehen. Hast du gehört?!", schrie er ihr hinterher.
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Und da war sie nun. Mitten in der Nacht auf irgendeiner Parkbank irgendwo in Seoul. Nachdem sie weinend ihre nötigsten Sachen gepackt hatte, ist sie raus gerannt. Auf dem Weg zur Haustür musste sie zwar noch ein paar Schläge einbüßen, hatte es aber ganz raus geschafft. Doch was jetzt? Ihr Körper schmerzte immer noch von den Schlägen und zudem war ihr entsetzlich kalt. Sie hätte nie gedacht in so einer Situation zu sein. Verzweifelt wollte sie ihre Freundin Chaemin anrufen, erinnerte sich dann aber daran, dass sie heute Nacht nach Gwangju gefahren ist. Sie würde dort die ganzen Ferien über mit ihrer Familie bei ihren Großeltern sein. Somit konnte auch sie ihr nicht helfen und das Problem war, Jade hatte nur sie. Außer ihr konnte sie nicht behaupten irgendwelche anderen Freunde zu haben, sodass nur noch eine Person blieb. Jungkook. Doch ihn um Hilfe zu fragen stand für sie gar nicht in Frage. Er war sozusagen ihr Boss und sie wüsste gar nicht, was sie zu ihm sagen wollte. Hey mein Vater hat mich gerade rausgeschmissen und jetzt habe ich keinen Ort zum bleiben. Habt ihr zufällig ein Zimmer frei? Eher eine schlechte Idee. Zudem war sie einfach zu stolz ihn um Hilfe zu bitten. Das war zumindest ihre Haltung bevor sie über eine Stunde ratlos in der Kälte verbracht hatte. Angestrengt versuchte sie nach einen Ort zu denken zu dem sie gehen könnte, doch ihr fiel keiner ein. Wäre es doch nur wenigstens Sommer, dann hätte sie einfach irgendwo im Freien die Nacht verbringen können. Doch es war Winter und mittlerweile war es kurz nach Mitternacht, es wurde gefühlt immer kälter und die Schmerzen ließen kaum nach. Doch wenigstens hatte sie es endlich geschafft mit dem weinen aufzuhören, obwohl ihr immer noch danach zumute war. Sie hatte kein Geld und wusste nicht mehr weiter. Zu ihrem Glück fing es dann auch noch zu regnen an und so entschied sie sich spontan zum Bahnhof zu gehen. Im Bahnhofsgebäude war es zumindest etwas wärmer und trocken. Sie lief so schnell sie konnte, war am Ende dann aber doch bis auf die Knochen durchnässt, bis sie endlich dort eintraf. Erschöpft setzte sie sich dann auf die erste Bank, die sie finden konnte. Durch die Kälte hatte sie angefangen unkontrolliert zu zittern. Was für ein toller Start in die Ferien, dachte sie bitter, während sie sich versuchte zu wärmen und nicht in Panik zu geraten. Doch genau dann, als sie dachte schlimmer könnte es nicht mehr werden, schaffte ihr Leben es trotzdem noch eins drauf zu setzten. Ein Mann setzte sich auf einmal zu nah neben ihr und ein anderer stellte sich vor ihr. „Na du hübsche ist dir kalt? Brauchst du Hilfe beim aufwärmen?" Der Mann vor ihr schaute sie mit einem ekelhaften Grinsen an. „Wie wärs wenn wir woanders hingehen?" Jade versuchte tough auszusehen. „Wenn ihr mich nicht in Ruhe lässt, werde ich die Polizei rufen." Doch sie schienen nicht besonders beeindruckt von ihrer Drohung zu sein und kamen ihr lachend näher. Panisch schnappte Jade daraufhin ihre Tasche, verpasste dem Mann vor ihr einen Tritt und rannte dann weg. Das wars mit meinem Stolz, dachte sie und rannte in die Richtung zu Jungkook. Erst nach dem sie schon eine Weile gerannt ist, traute sie sich langsamer zu laufen. Als sie dann vor der bekannten Haustür war blieb sie stehen. Es war kurz nach 2.00Uhr morgens. Wahrscheinlich schläft er schon, dachte sie sich nervös und schaffte es dann endlich ihn anzurufen. Mit klopfendem Herzen hörte sie dem Klingeln zu. „Hallo? Jade?", hörte sie dann Jungkooks Stimme. „Ja hey ich -" „Moment warte mal. Hyung spiel du kurz für mich ja?" Das hätte sie sich denken können, wahrscheinlich spielte er wieder bis spät in die Nacht irgendwelche Computerspiele. Sie hörte mehrere Geräusche und dann wie er sagte „Okay jetzt. Ist alles in Ordnung? Wieso rufst du noch so spätabends an?" Jade musste nervös schlucken und hoffte ihre Stimme würde nicht allzu weinerlich klingen. „Ich.... also ich will dich echt nicht stören oder so aber ... ich...ich wollte dich um Hilfe bitten." Zitternd machte sie eine Pause um über ihre nähsten Worte kurz nachzudenken. „Jade was ist los, du machst mir Angst.", fragte er sie besorgt. „Es ist so ich hatte Streit mit meinem Vater und er hat mich rausgeschmissen und jetzt weiß ich nicht wohin ich gehen soll und steh vor deiner Tür." Sie sprach schnell, ohne Punkt und Komma aus Angst sie würde sonst doch einen Rückzieher machen. Glücklicherweise hatte Jungkook sie zumindest teilweise verstanden. „Du wurdest was rausgeschmis-" Er unterbrach sich selber. „Moment." Er legte plötzlich auf. Verwirrt schaute Jade zu ihrem Handy, doch gleich danach konnte sie das tiefe Summen von der Eingangstür hörte. Erleichtert öffnete sie die Haustür und trat ein und lief dann nervös lief sie die Treppen hoch. Als Jungkook Jade dann sah, in ihren nassen Klamotten und den roten Augen, zog er sie sofort rein. „Ich-" fing Jade an, doch er unterbrach sie sofort. „Ist schon gut. Wir reden später."

Fake girlfriendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt