»April führt ein schwieriges Leben, in einer schwierigen Familie, mit schwierigen Gedanken. Als sie wieder in ihrem Chaos zerspringt und befürchtet, die Teile alleine nicht mehr zusammen setzen zu können, flieht sie mit ihrem Hund vor ihrem langweil...
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• 2. Kein Geräusch der Welt, egal wie schrecklich und nervtötend es ist, könnte je so eine ohrenbetäubende Wirkung haben, wie Stille.
Luna und ich folgten schon einer Weile der Straße. Ich hatte irgendwie vor lauter Euphorie jegliches Zeitgefühl verloren.
Die Sonne war bereits am aufgehen und tauchte den Himmel in wundervolle feurige Farben.
Das Einzige, was die Stille durchbrach, war das Klimpern der Anhänger an der Leine meines Hundes. Nicht ein einziges Auto war uns bis jetzt entgegengekommen, und keine zivilisierte Lebensform kreuzte bis jetzt unseren Weg, mal abgesehen von den tausenden Schafen und Kühen.
Als die Sonne schon zur Hälfte über dem Horizont stand, aber die vielen Wolken das Licht trotzdem dimmten, erblickte ich an der gegenüberliegenden Straßenseite eine Tankstelle . „Hast du Hunger?", fragte ich und lenkte meinen Blick auf Luna, welche mich freudig ansah. Ich erschreckte mich vor meiner eigenen Stimme. So lange hatte ich geschwiegen, da klang mein Stimmchen wie die eines Kettenrauchers.
Ich wechselte die Strassenseite, schaute vorsichtig nach links und rechts, obwohl mir von Anfang an bewusst war, dass sowieso kein Auto unseren Weg kreuzen würde, und lief mit meinem Hund über den harten Asphalt. Die Schrift derTankstelle leuchtete in unangenehmen grellen Neonfarben, und ich konnte kaum die einzelnen Buchstaben erkennen. Neben der Tankstelle standen mehrere abgeranzte Holztische und Stühle. Ohne Scheu vor dem morschen Holz setzte ich mich und warf meinen Rucksack auf den davor platzierten Tisch. Luna legte sich neben mich, mit dem Kopf auf meinem Schoß. Ich kramte aus meinem schwerbepackten Rucksack eine Dose mit Hundefutter, eine Schüssel, und gleichzeitig eine riesige, detaillierte Karte meines verregneten Landes aus. Luna setzte sich sofort auf als sie das Geräusch hörte, was ertönt, wenn man eine Dose öffnet. „Hier Liebling", flüsterte ich, stellte ihr das Essen vor die Füße und streichelte ihr kurz über den Kopf. Aus dem vordersten Fach meines Rucksackes kramte ich einen Edding hervor, mit dem ich auf der Karte markierte, wo ich war. Wo mein Haus war. Und wo ich hinwollte. Der erste Kreis umschloss ein grünes nichts. Da war ich. Der nächste Kreis umschloss eine Stadt mit dem Namen „Inverness" - da wollte ich hin. Als Kind war ich häufig da, und ich hatte das Gefühl, als wären all meine schönen Erinnerungen samt meines glücklichem Ichs an diesem Ort versteckt. Irgendwie lebte ich in der Vorstellung, dass wenn ich dahin zurückkehren würde, ich wieder glücklich werden würde. Was eine für eine kitschige, hoffnungslose Vorstellung. Doch an irgendwas musste ich festhalten.
Gedankenversunken hing ich über meiner Karte, faselte irgendwelche Straßennamen vor mich hin, wie auf einmal eine tiefe Stimme meine Gedankenfetzen völlig durcheinander brachte.
„Kleines, was machst du denn so früh am Morgen hier, so ganz allein?"
