The Abyss

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„...Ähm...Bokuto-san...."

Wankende Beine seitens des schwarzhaarigen Jungen verhinderten das ruhige Fortsetzen des Weges, welcher vor ihm lag und wodurch er nervös innehielt.
Panik befiel seinen Körper und sein Herz begann zu rasen.
Tränen bildeten sich in seinen blaugrauen Augen, während er vermied seinen Blick gen Boden zu richten.
Sein Atem war laut hörbar, es schien beinahe, als würde er hyperventilieren, während er seine Arme nach vorne austreckte, eine unsichtbare Macht wegdrückend die drohte ihn mit sich zu ziehen.

Koutarou seinerseits stoppte in der Mitte des Flures, als er die unsicheren Worte Akaashis vernahm und dessen Präsens nicht mehr neben sich wusste.
Sein zunächst fröhliches Gesicht verstummte, so wie er Keijis angsterfülltes wahrnahm, als er sich in seine Richtung drehte.
Mit schnellen Schritten eilte Koutarou an Akaashis Seite und griff nach seiner Schulter.
Spürbar, schon fast sichtbar zitterte Keiji immer mehr, je weiter er seinen Blick zu Boden wandte.

Irgendwas war nicht normal. Nicht das er nicht im Stande dazu war auch nur einen weiteren Schritt zu gehen wurde ihm zudem auch noch ziemlich schwindelig. Seine Welt begann sich zu drehen.
Ein riesiger Spalt tat sich vor seinen Füßen auf, so jedenfalls sah Keiji den weiterführenden Flur vor sich und fühlte sich von irgendetwas oder irgendjemandem hineingezogen.
Um nicht weiter zu Boden gezogen zu werden griff er mit seiner zittrigen Hand nach dem Saum der grauen Uniform Bokutos und krallte sich beinahe an ihm fest.

Wobei er vor kurzem noch versucht hatte nicht zu Boden zu blicken, versuchte er nun seinen Kopf zu heben um diesen nicht mehr sehen zu müssen.
Aber sein Kopf wiegte viel zu schwer, als dass er ihn hätte einfach so anheben können.
Als nun auch eine Träne die tiefen Abgründe hinunterfiel, sah sich Akaashi gezwungen seine Augen zusammenzukneifen.
Bokuto im Gegensatz sah sich gezwungen den verkrampften Keiji aus dieser misslichen Lage zu holen und drückte aus diesem Grund leicht gegen Akaashis Rücken.

Unter noch größerer Panik nun, wo er auch noch von hinten in den tiefen Schlund gedrückt werden würde riss Akaashi seine Augen auf und drückte mit all seiner Kraft gegen Bokutos Hand, wobei dieser fürchtete, Keiji würde jeden Moment nach hinten umkippen.

„Hey, alles Gut Akaashi! Hier, mach dir keine großen Gedanken."
Mit einem sanften Lächeln und ermunternden Worten platzierte Koutarou seinen Fuß vor Keijis und zeigte ihm damit, dass weitere Schritte kein Problem sein würden.

Still schweigend und etwas verwundert, Bokuto war es möglich mit einem Fuß über dem Abgrund zu stehen, ließ Keijis Anspannung etwas nach.
Als jedoch Bokuto zudem noch seinen zweiten Fuß an dieselbe Stelle legte und nun eigentlich 'schweben' müsste um nicht in die bodenlose Schlucht zu fallen, wurde sich Akaashi langsam bewusst, dass irgendetwas nicht so war, wie er es sich zu vermitteln versuchte.

Um Akaashi noch ein wenig mehr zu ermuntern endlich weiterzugehen drückte Bokuto leicht in dessen linke Kniekehle, wobei der steife und zittrige Körper in eine vorsichtige Bewegung kam.
Damit sein Körper nicht drohte nach vorne zu kippen nutzte Keiji sein rechtes Bein und stellte es nun auf den langsam verblassenden Abgrund, um sich zu stützen.
Ein tiefer Atemzug und endlich wieder aufgerichteten Kopf brachten Akaashi wieder zur Besinnung und er wagte weiterzugehen.

Da Keiji nun normal seinen Weg weiter fortsetzte schloss auch Koutarou wieder zu ihm auf und lächelte ihm entgegen, als wäre gerade nichts dergleichen passiert.
Die Flure waren leer, somit hatte niemand Akaashis Aussetzer mitbekommen, jedoch war er ziemlich beschämt über seine Glanzleistung vor gerade mal einigen Sekunden.
Koutarou jedoch ließ sich davon nicht stören und führte Keiji weiter in Richtung der Sporthalle, da sein Training bald beginnen würde.

Noch immer peinlich berührt mit leicht geröteten Wangen schwieg Akaashi eine Weile, in der sich die beiden ihre Sportklamotten überstreiften und bereit machen die Sporthalle und deren Volleyballteam zu begrüßen.
Nicht wenige Minuten später betraten sie die Halle, in der bereits einige Teammitglieder begonnen hatten sich aufzuwärmen und das Volleyballfeld aufzubauen.
Mit freundlichen Gesichtern wurden Akaashi und Bokuto begrüßt, als sie ihre Handtücher und Wasserflaschen an die Seite, auf eine Bank legten.

Während Bokuto begann seine Arme und Beine zu stretchen blickte Keiji durch die Halle und prägte sich den Geruch, sowie die Farben und Formen genauestens ein.
War hier irgendetwas, das ihm bekannt vorkam?
Die matten Wände, gestrichen in einer elfenbeinähnlichen Farbe?
Der Linoleum Boden, der die Turnschuhe, der Sportler zu leichtem quietschen verleitete?
Die kleine Bühne in Hintergrund, welche für Zeremonien, wie Einschulungen oder Abschlüsse genutzt wird?
Die Linien, die sich durch die Halle zogen oder aber auch das Volleyballfeld, zusammen mit dem Ballwagen?

Unter größter Anstrengung, sich etwas zusammenzureimen kniff er seine Augen zusammen und beobachtete einige Teammitglieder sich gegenseitig den Ball zu pritschen.
Nichts Wirkliches blieb lange in seinem Blickfeld, als das es hätte eine Erinnerung aufrufen können, die einzigen, die ihm bekannt vorkamen, waren Komi, Konoha und Sarukui, die er zuvor noch beim Mittagessen kennengelernt hatte.
Und gerade wobei er sie so ausgiebig beobachtete entschlossen diese sich, zu den beiden dazuzustoßen.

„Na, schon was Markantes gefunden, Neuling?", begrüßte Sarukui die beiden mit seinem charmantesten affenähnlichsten Grinsen, das er in diesem Moment hätte aufbringen können.
„Nicht wirklich..."
Ein wenig enttäuscht und frustriert senkte Keiji seinen Kopf, als Koutarou ihm leicht auf den Rücken schlug und dabei ein unschuldiges Lächeln auf den Lippen trug.
„Keine Sorge, das kommt schon noch! Lass dir Zeit."

„Ja, da muss ich unserem Kapitän ausnahmsweise mal recht geben. Das Ganze braucht seine Zeit, also mach dir darüber nicht allzu große Gedanken."
Mit einem Volleyball unter den Achseln geklemmt schenkte Konoha Akaashi ebenfalls ein freundliches Lächeln.
„...Naja aber ich will euch und auch meinen Eltern nicht noch weitere Sorgen machen... Was ist, wenn ich all das gar nicht mehr in Erinnerung rufen kann?...."

„Verfall nicht so viel in Selbstmitleid Akaasheee! Die einzige Sorge die deinen Eltern am meisten Probleme gemacht hat war deine Bildung, aber wie es aussieht gibt es in derlei Hinsicht keine Notwendigkeit zur Sorge, denn deine Intelligenz ist nach wie vor hoch genug um all das, was du bis jetzt gelernt hattest in kürzester Zeit wieder hervorzuholen. Ich meine, du hast mir heute auch helfen können, indem du mir die Sachen erklärt hast, die ich nicht verstanden hatte und das obwohl ich eine Klasse weiter bin als du!"
Ermunternde Worte verließen die Lippen des Asses, während dieser nun genug gedehnt war und anfing ein wenig auf der Stelle zu hüpfen.

„Ist ja auch nicht allzu schwer, bei dir...", murmelte Komi in Richtung Konohas, welcher wiederum ein verächtliches prusten losließ.
Bokuto schien nichts wirklich davon mitbekommen zu haben.
„Also mach dir keinen Kopf und lass dir ein bisschen Zeit beim Erinnern, sonst belastest du deinen Verstand nur zu sehr! Aber ich werde hoffentlich der erste sein an den du dich erinnerst! Wenn du meine wunderbaren Angriffe siehst wirst du dich hundertprozentig wieder an mich erinnern, also mach dich gefasst Agaashee!"
Mit Elan gefasst rannte dieser nun einige Runden um das Feld und begab sich zu den anderen zum Aufwärmen und übte demnach einige Aufschläge.

„Hat er sich irgendwie verschluckt?...."
Mit leicht verwundertem Ausdruck blickte Keiji Koutarou einen Moment nach, bis er sich zu den anderen dreien wandte, die sich ebenfalls zum Feld aufmachen wollten.
„So viel dazu, du sollst dir Zeit lassen...Naja, dann hab mal viel Spaß beim Zuschauen und lass dich von keinem Ball treffen!"
Da sich Keiji tatsächlich ein wenig Sorgen machte, Bokuto würde ein paar Schläge verhauen, nahm er diese Warnung anerkennend an und setzte sich ein wenig weiter an den Rand, bei dem er sich sicherer sein konnte zunächst nicht mit einem Ball im Gesicht erwischt zu werden.

Zu seinem Erstaunen jedoch machte Bokuto bei seinen Aufschlägen eine ziemlich gute Figur, nicht nur er, das ganze Team schien nicht gerade unbegabt, was auch die restlichen Aufwärmübungen anging.
Nach etwa einer Stunde gliederten sich die Schüler in zwei verschiedene Teams und vollzogen ein Probespiel nach dem anderen.
Die Zuspiele, Aufschläge, Angriffe und Blocks schienen alles andere als Amateurhaft, sie waren aufmerksam, nutzten Strategie und Taktik um ihre Gegner ausspielen zu können.
Soviel Verstand hatte Keiji dem Kapitän des Teams gar nicht zugetraut, wobei ihm schon unerklärlich war, weshalb Bokuto überhaupt den Titel des Kapitäns innehatte.

„Woooohoooo!", preschte es aus der überglücklichen Eule, als dessen Schnellangriff nicht mehr vom gegnerischem Team zu retten war.
Während sein Team, zusammen mit Bokuto selbst sich über den gewonnenen ersten Satz freuten, schien das andere Team sich eine Strategie zurechtzulegen um ihren Kapitän weniger, in ihren Augen 'nervig' zu halten.
Nach nur kurzer Beobachtungszeit stellte Akaashi ziemlich schnell fest, dass tatsächlich Koutarou den Titel des Asses wohlverdient mit sich trug und nun scheinbar das gegnerische Team bereute ihn nicht auf deren Seite zu wissen.

Zu seinem Bedauern fiel Keiji ebenfalls auf, wie sehr Bokuto für seine guten Schläge nach Anerkennung rang und jedes Mal, wenn das gegnerische Team den Ball nicht mehr berühren konnte mit Stolz hervorgehobener Brust zu ihm blickte.
Akaashi war sich jedes einzelne Mal nicht sicher, wie er auf seinen so erwartungsvollen Blick den antworten sollte, obwohl seine Schläge schon ziemlich beeindruckend waren.
So entschied er sich ihm entweder einen Daumen nach oben zu geben, um zu sagen „Das hast du gut gemacht, bin stolz auf dich!" oder ein überraschtes Gesicht aufzusetzen, als hätte er so etwas gerade auf gar keinen Fall kommen sehen.
Letzteres versuchte er so abzupassen, dass es echt wirkte, wenn der Kopf des energiegeladenen Kapitäns in seine Richtung schnellte.
Zugegebenermaßen war Keiji schon ziemlich erstaunt von der Fähigkeit des Teams, jedoch würde er diese Begeisterung oder Verblüffung keinesfalls in einer solchen Gestik präsentieren, das und dabei war er sich ziemlich sicher hatte er noch nie getan.

Koutarou hatte aber neben seiner etwas schwierigen Art immer noch die Gabe sein Team immer zu motivieren und bei Laune zu halten, durch seine übertriebenen Reaktionen und unglaublich großer Freude spielen zu dürfen und das war schließlich das Wichtigste.

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Ein Geräusch einem Knall ähnelnd ertönte, als die Nummer sechs mit ihrem Aufschlag direkt auf die Unterarme Onagas, der Nummer zwölf traf und damit deren Formation durcheinanderbrachte.

„Nice Recieve!"
Der Ball schnellte in die Lüfte und Komi rannte hinterher um ihn direkt zum Ass zu passen.
Zwei Mittelblocker sprangen in die Lüfte, als sie ihren Feind vor sich schon fast punkten sahen und brachten den Kapitän dazu seinen Plan zu verwerfen und noch einmal umzudenken.
Nach nur wenigen Sekunden Bedenkzeit entschloss sich letzterer seitlich zu schlagen und somit den Aufprall mit den Händen seiner Gegenüber zu umgehen.
Dies geling ihm so gut, dass das gegnerische Team nicht in der Lage war, den Ball abzufangen, welcher gerade so knapp vor der Außenlinie den Boden berührte.
Durch einen Pfiff wurde nun auch der zweite Satz entschieden und hinterließ einen Sieg für Team Bokuto.

„Hah! Ich bin unschlagbar! Wie war das, AGAsheee?" In seiner Freude und seinem Stolz schnellte Bokutos Kopf erneut zu dem schwarzhaarigen Jungen auf der Bank, während er seine Arme in die Lüfte schmiss und ihn fragend anblickte, obwohl er sich der Antwort bereits gewiss war. Seitens Akaashi jedoch nur ein verwirrter Gesichtsausdruck.

„Gesundheit?"

„Was?"
Von seiner Begeisterung runtergerissen und verwirrt von Keijis Bemerkung, ließ er seine Arme sinken und schenkte ihm einen ernst gemeinten fragenden Gesichtsausdruck.

„Was?", ertönte es ebenfalls von Keiji, als ein kurzer Moment der Stille über beiden lag.

„Komm Bokuto! Seitenwechsel, noch ein Match!"
Sarukui klopfte Koutarou aus seiner Verwirrung und ließ ihn dieses seltsame ‚Gespräch' vergessen.

Nach noch zwei weiteren Stunden Volleyball begannen die Klubmitglieder das Netz aufzurollen, sowie die Bälle einzusammeln um alles in den Geräteräumen zu verstauen und die Sporthalle abzuschließen.
Keiji begleitete Bokuto und die anderen in die Umkleide und zog sich gemeinsam mit den anderen wieder um.

Auf dem Weg nach Hause begann sich Koutarou ein wenig zu strecken um seine angespannten Muskeln etwas zu lockern.
„Na, wie sieht's aus Akaashi? Hast du ein wenig Lust bekommen mitzuspielen?"
Unterwegs machten sie kurzen Stopp bei einem kleinen Laden und kauften sich jeder ein Onigiri, gefüllt mit Hähnchen und Gemüse, um den restlichen Weg zu Keijis Haustür auch mit Sicherheit noch bewältigen zu können.

Unsicher, wie er auf Bokutos Frage hin antworten sollte, zögerte Akaashi einige Minuten.
„...Ja, vielleicht, wenn es mir wieder möglich ist..."
Erleichtert, Bokuto könne in der Dunkelheit, die sich bereits über die Straßen gelegt hatte sein eher gespieltes Lächeln nicht erkennen, nahm er einen Biss von seinem Onigiri und ließ seine Worte vorerst so stehen.
So bald würde er ja sowieso keinen Sport machen dürfen.

Obwohl er sich nicht recht sicher war, weshalb er überhaupt nach einer Ausrede suchte, vielleicht hatte er Angst Koutarou zu enttäuschen.
Aber eigentlich war er sich sicher, Volleyball würde er nicht spielen wollen.

Sein Blick wanderte zu Koutarou, der mit seinem Reisball im Mund zufrieden die Straßen entlang schlenderte um ihn zu seinem Haus zu begleiten.
Andererseits wollte er auch keineswegs Bokuto verletzen, was definitiv der Fall sein würde, wenn er sich dem Volleyball entziehen würde.
Irgendwie ließ Keiji das Gefühl nicht los, als wäre dies eine falsche Entscheidung, aber irgendwas in seinem Inneren sträubte sich einfach gegen den Gedanken jemals Volleyball zu spielen.

Und was jetzt?...

Owlways Keep FightingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt