Kapitel 2

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Auch am nächsten morgen liege ich noch in der ecke. Mein geschundenen Körper schmerzt an allen stellen. Besonders mein Oberschenkel und meine Prellung am Brustkorb fluten meinen Körper mit Schmerzen. Mühsam rappelt ich mich auf. Sofort beginnt die Welt zu schwanken und ich plumse zurück auf den Boden. Nach einigen weiteren versuchen stehe ich halbwegs sicher auf den beinen. Behutsam mache ich einen wackeligen Schritt in Richtung Tisch, aber mein Bein knickt weg und mein Oberschenkel sticht umso mehr. Verdammt. Nicht gut. Gar nicht gut. Sonst konnte ich nach einer Tracht noch mehr oder weniger normal laufen... ganz schlechtes Zeichen.

Auf meinen noch halbwegs funktionstüchtigen Bein rum hüpfend sammeln ich alle Sachen fürs Frühstück zusammen. Egal wie es mir geht, die Arbeit muss gemacht werden, oder es wird mir noch schlechter gehen. Als der Kaffee fertig ist, höre ich auch schon den massigen körper des Ungetüms die Treppe runtertrampeln. Schnell verziehen ich mich wieder in meine Ecke. Ich beobachte ihn, während er sein Frühstück verschlingt, wobei mir das Wasser im Mund zusammenläuft. Kann gar nicht sagen, vor wie vielen Tagen ich mich nicht nur von wenigen brötkrümmeln ernährt habe. Auch den Monster scheint mein hungriger blick aufgefallen zu sein, denn er wirft mir ein Viertel Brötchen zu. "Dass du mir nicht wegstirbst!", grölt er und verlässt die Küche. Ich schnappe mir die Köstlichkeit und schlingen es gierig hinunter. Köstlich.

Noch immer hüpfend Räume ich den Tisch ab. Die Versuchung noch ein Brötchen zu essen ist riesig, aber die Angst vor Konsequenzen hält mich zurück. Noch während ich aufräume, höre ich Wie er das haus verlässt und hinter sich zuschließt. Eine Minute verharre ich noch still an meinen Platz, um mich zu vergewissern, dass er fort ist. Dann humpel ich noch immer auf der Hut zur Tür und versuche sie zu öffnen. Zu geschossen. Ich bin gefangen. Wir immer. Doch dann fallen mir die Fenster ein. Vielleicht waren die ja noch geöffnet. Hoffnungsvoll rüttel ich an einen Knauf. Keine Chance. Enttäuscht lasse ich vom Fenster ab. Es muss doch noch eine Möglichkeit geben... Irgendwas hält mich bei den Fenstern. Irgendwas habe ich übersehen... Nur was?
Beim weiteren aufräumen des gesamten Hauses, fällt es mir plötzlich wie schuppen von den Augen. Mit neuer Energie schnappe ich mir Nägel, ein Laken und einen Hammer und stürme, so gut es eben mit meinen Beinen geht zum Fenster. Das Laken Nagel ich einmal über das Fenster. Ich atmete tief durch. Gleich wird ein neues Leben für mich beginnen. Mit aller Wucht, die mein dürren Körper aufbringt, donner ich den Hammer gegen das Fenster. Das Glas gibt unter den Schlag nach und zerberstet in tausende Scherben. Das Laken verhindert jedoch dass ich getroffen werde. Der nächste Teil gestaltet sich jedoch als sehr schwierig. Ein beinig aus Einen Fenster zu steigen, ist sogar noch schwieriger als es sich anhört. Die schmerzen nehme ich jedoch gerne in Kauf. Schmerz gegen Freiheit, ein äußerst guter Tausch, wie ich finde.
Schließlich habe ich es geschafft. Zwar mit einigen schürfwunden mehr, aber ich habe es geschafft. Ich bin draußen. Endlich frei. Bleibt nur eine frage. Was jetzt?

Ich könnte mich selber ohrfeigen. Was soll ich jetzt tun? Zurück? Keine Option. Ich muss irgendwo anders hin. Nur wo? Plötzlich kommt mir was in den Sinn. Ich kann das selbe tun wie Mama. Sie sagte, es sei der letzte Ausweg gewesen. Und der ist es auch für mich. Noch nie habe ich je darüber nachgedacht. Ob es wohl wehtut? Natürlich habe ich schon oft davon gehört, aber es selber durchziehen? Aber ich muss. Nur zu gut erinnere ich mich an den Tag, an den mein Schutzengel starb. Zertrümmert unter einer Brücke, aber mit Einen lächeln im Gesicht. Sie war freiwillig gestorben, genau so will ich auch enden. Genau so werde ich enden.

Freiheit   (Auf streife die Spezialisten)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt