Kapitel 34

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"Verdammt, warum soll ich die Kinder verprügelt haben?", ungewollt hebt sich meine Tonlage bedrohlich an.
"Das wissen wir nicht." , antwortet Matera ruhig.
"Was wollt ihr von mir?"
"Sie müssen heute nur zur Anklage Stellung nehmen."
"Ich. Habe. Die. Kinder. Nicht. Geprügelt."
"Das ist ihre Stellungnahme?"
"Ja."
Sichtlich erleichtert etwas tun zu können, tippt Paul meine Aussage ab.
"Zu Ihrer Information: Falls der Richter Sie für schuldig befindet, drohen Ihnen bis zu 4 Jahren Jugendhaft."
"Ok. Schön."
"Gut, Sie werden in den nächsten Tagen noch mal zu uns kommen, dann später vor das Jugendgericht, falls wir Ihre Unschuld nicht beweisen können."
"Ok."
Zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit hebt Paul seine Stimme, auch wenn er auf einen Punkt neben mir starrt.
"Hören Sie, ein Geständnis und Kooperation mit der Polizei können Strafmildernd wirken..."
Sein Ernst?!
Missmutig hebe ich eine Augenbraue.
"Es gibt nichts, was ich zu sagen hätte."
Das wird mit einen beiläufig Schulterzucken von ihn quittiert.
"Wie geht es jetzt weiter?" An Paul wende ich mich gar nicht mehr, sondern an seine um einiges gesprächigere Kollegin.
"Soweit wären wir für heute fertig, aber bevor wir Sie zurück ins Krankenhaus bringen, hat Herr Noisette noch den Wunsch geäußert, sich mit ihnen unterhalten zu dürfen. Es ist Ihre Entscheidung."
Ich zögere. Es wird schon nicht grundlos sein, wenn er mit mir Sprechen will, aber...
"Wenn ich nicht mit ihn alleine sein muss, bin ich einverstanden."
"In Ordnung."
Matera erhebt sich und führt mich aus den Zimmer. Paul bleibt sitzen.
Schon von weiten kann ich die verhasste Silhouette des ebenso verhassten Mannes durch das Milchglas sehen.
Die Polizistin macht vor der Tür halt, klopft an.
Ein glazköpfiger Mann öffnet.
Er mustert mich kurz, lässt uns dann herein.
Ein Tisch. Zwei Stühle.
Einer besetzt.
Henrrí sieht mich missmutig an.
Ich schaue ebenso missmutig zurück.
Schweigend nehme ich ihn gegenüber Platz. Die Polizisten bleiben neben uns stehen.
Ruhe. Schweigen.
"Also?", setze ich an. "Über was wolltest du reden?"
Er sieht mir in die Augen. Purer Ernst.
"Sag mir, warum du das gemacht hast."
"Was habe ich gemacht?"
"Die Kinder geschlagen. Warum?"
Wüsste ich es nicht besser, hätte ich es selbst geglaubt. Hollywood würde sich nach so einen Schauspieler die Finger lecken.
"Henrrí. Hör mir zu. Ich habe keine Ahnung wovon du sprichst, versuchst du dich an mir zu rächen? Dafür, dass ich dich angezeigt habe? Dafür, dass ich dich nicht ficken wollte? Du bist erbärmlich. Abschaum. Du warst es, der uns geschlagen hat, uns hat Drogen verticken lassen. Alle. Nicht ich. Vor jemanden wie dir, habe ich keinen Respekt. Sondern Hass."
"Lügen.", nuschelte Henrrí, "Lügen."
Wie ein wildes Tier fletsche ich die Zähne.
Nur den Polizisten ist es zu verdanken, dass er noch unbeschadet ist.
Ein brennender Hass flackert zwischen uns. Mit brennenden Augen spuckt Henrrí mir die Worte ins Gesicht: "Dein Vater ja dich zurecht geschlagen. Deine Mutter ist zurecht gestorben, ich hätte mich auch von der Brücke gestürzt, wenn ich etwas wie dich zur Welt gebracht hätte. Wir alle hassen dich zurecht. Und all deine Freunde, oder die, die du für Freund hältst... Du verschwendet ihre Zeit. Sie bleiben nur aus Mitleid. Eigentlich mögen sie dich nicht, wer tut das schon? Du elende Missgeburt!"
Das saß. Und tut weh. Richtig weh.
Ruckartig stehe ich auf.
"Bitte, bringt mich zurück ins Krankenhaus. Es ist alles gesagt, was gesagt werden musste."
Sie nicken und zusammen verlassen wir den Raum.
Und es tut weh.
Verdammt weh.
Nein.
Eigentlich nicht.
Ich fühle gar nichts.
Nichts.
Leere.
Sinnlosigkeit.
Tod.

Freiheit   (Auf streife die Spezialisten)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt