Déjà-vu

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»Warum weihst du mich nicht ein?«, fragtest du zum dritten Mal. »Komm schon, ich bin deine Frau!«
»Du bist kein Kommandant.«, erwiderte Katakuri kurz angebunden und reichte dir einen weiteren Stapel Papiere. »Kein Kommandant, keine geheimen Informationen.«
Du verdrehtest die Augen, sortiertest die dir gereichten Listen ein. Es war mal wieder einer dieser Tage, solche an denen du versuchtest ein klein wenig Information aus deinem Ehemann heraus zu bekommen. Seit Neustem wurde er oft zu Big Mom beordert, zusammen mit Cracker und Smoothie. Snack war schon vor einiger Zeit seines Amtes als Kommandant enthoben worden – nach einer niederschmetternden Niederlage durch einen Piraten der schlimmsten Generation. Linlin hatte kein Verständnis für Niederlagen, so dass Snack froh sein konnte überhaupt noch am Leben zu sein. Doch irgendetwas plante Big Mom, etwas wovon vorerst nur die Kommandanten wissen durften. Deine Neugier war wieder einmal kaum zu bändigen, doch Katakuri blieb hart und verriet dir nichts. In deinen Augen eine Frechheit, doch was konntest du gegen den Willen deines sturköpfigen Mannes schon groß ausrichten?
»Vielleicht werde ich ja noch Kommandantin.«, sagtest du und lehntest dich über den Esstisch. Katakuri sah dich spöttisch aus dem Augenwinkel an und schnaubte.
»Wenn du Kommandantin wirst, dann verzichte ich für den Rest meines Lebens auf Donuts.«, sagte er mit einem höhnischen Unterton, was ihm aber nur einen kräftigen Tritt gegen sein Schienbein einbrachte.
»Sei nicht so gemein.«, verlangtest du erbost. »Ich mache mich wirklich gut! Das hast du selbst gesagt...«
»Ja doch.«, stimmte er dir notgedrungen zu. »Du hast dich wirklich enorm verbessert – aber zum Kommandanten reicht es trotzdem nicht.«
»Du weißt wirklich wie man jemanden motiviert.« Katakuri war inzwischen ein wunderbarer Ehemann – doch oft einfach zu ehrlich. Konnte er nicht wenigstens ein Mal etwas beschönigen um deine Gefühle zu schonen?
Sieben Jahre Ehe verbanden euch miteinander und wie solltest du es anders beschreiben als: Eine wilde Achterbahn von Gefühlen, Dominanz und aneckenden Persönlichkeiten. Der Anfang war holprig gewesen: Streitereien, böse Blicke und es hatte eine Weile gedauert bis ihr euch aufeinander einließt. Nach einigen Jahren harter Arbeit und vielen Kompromissen wart ihr schließlich einer perfekten Ehe recht nahe, abgesehen von den kleinen Zankereien des Alltags. Dein eiserner Wille gegen seinen eisernen Willen – es kam hin und wieder zu kleineren Auseinandersetzungen. Doch einer großen Katastrophe wart ihr bis jetzt noch immer entkommen, wer konnte das schon von sich behaupten?
»Du weißt was heute ist, oder?«, fragtest du, wechseltest das Thema mit einem zufriedenen Grinsen auf dem Gesicht. »Es ist der erste Freitag des Monats.«
Katakuri sah von seinen Notizen zu den aktuellen Bestellungen auf und seufzte schwer.
»Schon?«
»Jap.« Selbstzufrieden lehntest du dich weit über den Tisch und stupstest ihn mit deinem Stift an. »Und du weißt auch was das heißt.«
»Ausgeh-Abend.«
»Ausgeh-Abend.«, bestätigtest du süffisant. Er stöhnte genervt und warf dir einen hilflosen Blick zu.
»Können wir das nicht ein einziges Mal auslassen?«, fragte er. »Ich habe noch viel zu tun.«
»Nichts da.« Du standest auf und packtest seinen Arm, um ihn ebenfalls hoch zu ziehen. »Komm schon, der Deal war klar: Du gehst mit mir einmal im Monat aus und dafür schneide ich dir nicht mehr die Haare.«
Es klang wie eine witzige, simple Abmachung, doch es gab dazu eine leicht zu erratene Hintergrundgeschichte.
Gut, dass du keine Friseurin geworden warst.


Es war ein schöner Abend und auch wenn Katakuri sich gern übers Ausgehen beschwerte, er genoss es heimlich. Er mochte ja vielleicht vieles mit seinem Haki spüren – Emotionen, die Zukunft und lauernde Gefahren – doch nichts schlug die Instinkte einer Frau. Nach außen hin mochte er ja kalt und unnahbar sein, in euren eigenen vier Wänden aber war er meist Wachs in deinen Händen. Hinter jedem starken Mann stand eine noch stärkere Frau.

»War das jetzt so schlimm?«, fragtest du mit einem Lächeln. »Das Essen war gut.«
Mit einem Gähnen kicktest du deine Stiefel in die Ecke eures Schlafzimmers, woraufhin Katakuri nur die Augen verdrehte. Deine gelegentliche Unordnung stieß bei ihm sauer auf, doch so spät am Abend hatte er keine Lust mehr auf eine Diskussion. Stattdessen zuckte er mit den Schultern, warf seine eigenen Sachen auf den Boden vor eurem Bett und zog dich auf dieses. Ein entzücktes Kichern entkam dir als er deine Taille packte, eine Hand an deinen Nacken legte und dich küsste. Von wegen er war Wachs in deinen Händen – dieser Mann wusste ganz genau wie man dich in die Knie zwang...
Nach einer langen, langen Nacht schlugst du am nächsten Morgen die Augen auf und gähntest herzhaft. Noch immer hatte er einen Arm um dich geschlungen, zog dich immer wieder an sich wenn du versuchtest dich aus seinem Griff zu winden. Selten war er so anhänglich, doch es waren genau diese Momente die du genosst. Mit einem zufriedenen Seufzen drehtest du dich zur Seite, schlangst die Arme um seinen Oberkörper und vergrubst das Gesicht in seiner Halsbeuge. Seine Haut an deiner zu spüren war das schönste Gefühl der Welt, nichts konnte das schlagen – naja, außer dem verdammt guten Sex vielleicht.
»Wir müssen aufstehen.«, hörtest du eine raue Stimme neben dir und du verzogst die Mundwinkel nach unten. Er hatte ja recht, aber im Bett war es so schön warm und wenn so ein bildschöner, unbekleideter Mann neben dir lag... Wer wollte da schon arbeiten?
»Zehn Minuten noch?«, fragtest du und drücktest dich noch enger an ihn. »Bitte.«
»Heute ist viel zu tun.«, erwiderte dein Mann und er setzte sich auf. Du beobachtetest die gestählten Muskeln, wie sie sich unter seiner Haut anspannten und deine Fingerspitzen fuhren sanft über die Ausläufer seiner Tätowierung. Unter deiner Berührung fuhr ein Schauer durch seinen Körper und mit einem verschmitzten Blick sahst du in die roten Augen.
»Du wirst bald 48.«, sagtest du und deine Hand fuhr etwas tiefer. »Und trotzdem hast du dich so gut gehalten.«
Katakuri warf dir einen teils amüsierte, teils strengen Blick zu.
»Sehr freundlich, danke.«, bekamst du als Antwort, doch er wusste worauf du hinaus wolltest. »Zehn Minuten, hm? Dann sollten wir uns wohl beeilen.« 


»Ein Brief für Sie.« Magda hielt dir einen Umschlag unter die Nase. War es wieder ein Brief von Hannah? Sie hatte dir kaum geschrieben in den letzten drei Jahren. Laut eurem Vater war sie sehr beschäftigt, denn immerhin sollte sie ja auch den Stamm in einigen Jahren führen. Es gab viel zu lernen um die Führung übernehmen zu können: Politik, Kriegsführung und wie man ein großes Dorf mit den verschiedensten Persönlichkeiten am Laufen hielt. Wäre deine Hochzeit mit Katakuri nicht gewesen, dann wärst du das nächste Stammesoberhaupt geworden. Deine Schwester Hilda war zur See gefahren und konnte diese Aufgabe also auch nicht übernehmen. Hannah war die letzte in der Rangfolge und mit viel Arbeit, Fleiß und Disziplin würde sie ein sehr gutes Oberhaupt werden!

»Von Hannah?«, fragte Katakuri. Zusammen saßt ihr am Esstisch, du schlangst ein herzhaftes Frühstück runter während dein Ehemann sich mit Kaffee begnügte. Es war ein ganz normaler Morgen in eurem Alltag: Ein gemeinsames Frühstück, dann gingt ihr beide eurer Arbeit nach und die Abende verbrachtet ihr zusammen in eurem privaten Räumen. Anfangs hattest du Angst gehabt, dass der Alltag eure Ehe langweilig machen würde. Jeden Tag das Gleiche machen, immer und immer wieder – über Jahre hinweg? Du genosst jede verdammte Sekunde die du mit ihm verbrachtest!
»Sie hat mir lange nicht mehr geschrieben.«, sagtest du und kautest an deinem Brötchen herum. »Was sie wohl will? Ich glaube nicht, dass sie nur Hallo sagen will.«
Katakuri zuckte mit den Schultern, leerte seinen Kaffee und stand auf. Kurz rückte er seinen Schal zurecht, dann lehnte er sich zu dir herab und drückte dir einen Kuss auf die Stirn.
»Bis heute Abend.«, hörtest du die schöne, raue Stimme und ein liebevoller Blick folgte ihm, bis er aus dem Esszimmer verschwunden war. Kaum hörbar seufztest du und starrtest ihm nach. Verdammt, du liebtest diesen Mann wirklich von ganzen Herzen.
Es dauerte einen Moment bis du dich aus der Trance reißen konntest, dann öffnetest du den Brief und begannst zu lesen. Zu deiner Verwunderung war der Brief allem Anschein nicht von Hannah, sondern von... Hilda? Sie hatte dir doch noch nie geschrieben! 



...
Ich habe gestern am Hafen angelegt und bin so froh, dass ich Vater endlich wieder sehe! Und Hannah ist wirklich groß geworden, du musst uns unbedingt besuchen kommen!
Aber das wird ja gar kein Problem sein, immerhin heirate ich in drei Wochen und das darfst du unter keinen Umständen verpassen!


Du ließt das Papier sinken und starrtest für einen Moment ins Nichts. Das war doch bestimmt ein schlechter Scherz. Deine Schwester Hilda war wieder Zuhause, wollte heiraten und lud dich dazu sein? Déjà-vu.

»Ihr wollt mich wohl verarschen...«, murmeltest du dir selbst zu und fuhrst dir mit der Hand über Gesicht. Schon wieder eine Hochzeit in deiner Familie? Schon wieder eine Schwester, die dich zu ihrer Hochzeit einlud? Noch dazu Hilda, die wohl letzte Person auf der Welt die als errötende Braut infrage kam. Sie war der Inbegriff einer Kriegerin: Stark wie fünfzig Mann, laut und grob. Wer zum Teufel heiratete eine so eigenwillige Frau wie Hilda?
Stöhnend nahmst du einen Schluck von deinem Kaffee und faltetest den Brief zusammen.
Das würdest du mit deinem Mann besprechen müssen.

The Taste of Copper: Black WeddingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt