Ihr Vater?

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Die Kommissarin war gerade abgefahren und hatte das Radio angemacht, als Elyas vorsichtig fragte: „Seda? Ein sehr schöner Name. Kommt er aus der Türkei?" Sie zuckte irritiert zusammen, denn sie empfand die Frage in dieser Situation unangebracht. Doch dann antwortete sie etwas harsch: „Ja, das ist ein türkischer Name. Aber was geht dich das an?" Sie biss sich auf die Unterlippe und realisierte, dass sie Elyas gerade geduzt hatte. Sofort fügte sie hinzu: „Sorry, ich meinte, was geht Sie das an?" Er musste grinsen: „Ich hatte mich nur gewundert. Bedeutet der Name denn etwas?" Noch irritierter guckte sie kurz nach hinten und starrte Elyas stirnrunzelnd in die Augen: „Ähm, auf türkisch ist es Geräusch oder Klang." Für einen Moment war es ruhig und sie atmete durch und war froh, dass Elyas endlich die Klappe hielt. Doch dann fragte er weiter: „Ist es nicht schwierig, als türkische Frau bei der Polizei einen so hohen Posten zu bekommen?" Sie schnalzte mit der Zunge und antwortete genervt: „Ich musste hart dafür arbeiten. Warum fragen Sie mich diese Sachen?" Er zuckte mit den Schultern: „Mir ist langweilig." Sie grinste böse: „Ihnen wird in der Zelle gleich noch langweiliger werden." Und er konterte: „Sehen Sie, also könnten Sie sich wenigstens jetzt noch mit mir unterhalten." Sie schluckte, denn seine Stimme verschaffte ihr ein unbeschreibliches Kribbeln im Bauch und ihr wurde leicht warm. Auch sein Geruch schien sie zu verzaubern und sie strich sich nervös die Haare nach hinten. Doch dieses Mal schwieg Elyas wirklich und er schien nachzudenken.

Die Fahrt dauerte länger als geplant, da sie durch einen Unfall lange im Stau standen. Sie hatten noch nicht mal die Hälfte des Weges zurück gelegt, als er plötzlich rief: „Warten Sie mal, Laura hat doch einen Vater! Ist der immernoch im Gefängnis?" Seda guckte ihn erschrocken an: „Ihr Vater? Ich..." Sie zögerte und realisierte erst jetzt, dass sie überhaupt nicht daran gedacht hatte. Sie hatte Laura für einen Vollwaisen gehalten und auch die Sozialarbeiterin hatte ihn nicht erwähnt. Diese hatte nur den Tatverdacht gegen Elyas verstärkt, als sie von dem Vorfall am Café erzählt hatte. Seda räusperte sich und fragte: „Kennen Sie seinen Namen?" Er antwortete: „Andreas Schiller." Sofort griff sie nach ihrem Headset und wählte eine Nummer. Nur Sekunden später wurde der Anruf beantwortet und sie sprach: „Hallo Tom, ich brauche Informationen und zwar sofort. Kannst du bitte mal gucken, ob du etwas über einen Andreas Schiller finden kannst? Ist der noch inhaftiert?" Sie nickte, als sie die Antwort hörte und fragte dann: „Hast du die aktuelle Adresse von ihm?" Wieder bestätigte sie den Erhalt der Informationen mit einem Nicken und bedankte sich. Sie guckte sich kurz um, blinkte und wechselte die Spur, während sie sagte: „Er wurde vor 2 Wochen entlassen und mietet eine Wohnung, nur 1 km von hier entfernt. Ich fahre einfach mal kurz vorbei." Elyas grinste sie an: „Oh, Sie halten mich wohl doch für unschuldig?" Sie erwiderte das Grinsen: „Vielleicht. Oder vielleicht will ich auch einfach keine Spur ununtersucht lassen!?"

Als sie vor der Wohnung parkte, fragte Elyas: „Wollen Sie keine Verstärkung holen?" Sie schüttelte mit dem Kopf: „Nein, das kriege ich schon ganz gut alleine hin. Sie warten hier. Ich lasse Ihnen das Radio an." Elyas versuchte, es sich mit den zuammengebundenen Händen hinter seinem Rücken halbwegs bequem zu machen, aber so richtig wollte das nicht gelingen und er stöhnte frustriert auf. Es dauerte nicht lange und Seda kam zurück ins Auto. Sie sprach schnell: „Er ist nicht da, aber die Nachbarin hat sich über den Müll beschwert, den er im Kellergang hinterlassen hat." Sie guckte ihn ernst an: „Es sind vor allem Verpackungen von Spielzeugen!" Er riss die Augen auf: „Er hat sich seine Tochter zurückgeholt!" Sie nickte: „Sieht so aus. Warum war er überhaupt im Gefängnis?" Er schluckte: „Schwere Körperverletzung gegen seine Frau und seine Tochter." Seda rollte mit den Augen, rief „Na super!", griff sofort zum Handy und wählte noch einmal die Nummer von Tom. Dieses Mal aber stellte sie auf laut und Elyas konnte mithören. Sie sagte aufgeregt: „Tom, kannst du bitte herausfinden, ob dieser Andreas Schiller oder seine Familie irgendwo ein Grundstück haben? Ruf mich gleich zurück." Sie legte auf um gleich eine andere Nummer zu wählen: „Guten Tag, Herr Oberkommissar Schütze, bitte veranlassen Sie sofort einen Haftbefehl gegen Andreas Schiller und lassen Sie alle Flughäfen und Grenzen kontrollieren. Straßensperren und Kontrollen an Bahnhöfen könnten auch nicht schaden. Er hat Laura!" Die Stimme am anderen Ende antwortete ernst: „Ah, Frau Kaya, wie schön, dass Sie anrufen! Ich wurde gerade von der Haftanstalt informiert, dass Herr M'Barek noch immer nicht dort angekommen ist. Darf ich Sie fragen, warum das so lange dauert?" Sie schnaubte: „Wir standen im Stau. Aber er ist nicht der Entführer. Er hat mich auf die Spur von Andreas Schiller gebracht." Herr Schütze sagte schnippisch: „Ach, wirklich?"

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