Pass auf!

43 0 0
                                    

Es fehlten noch genau zwei Wochen bis zum Geburtstermin des Babys und Elyas guckte Seda stolz an, als sie Laura beobachteten, wie sie mit einer riesigen Zuckertüte und einem wunderschönen Kleid die Bühne betrat um zu ihrer Klasse zugeordnet zu werden. „Ich weiß nicht, ich glaube, wir hätten sie doch in einer privaten Schule anmelden sollen." sagte Elyas, während er Laura genau beobachtete. Seda schüttelte den Kopf: „Jetzt fang nicht wieder damit an. Eine öffentliche Grundschule ist vollkommen in Ordnung für sie. Hier wird sie genauso viel lernen wie an den privaten Schulen, die wir uns angesehen haben. Und jetzt ist sie sogar mit ein paar Freunden aus dem Kindergarten in der Klasse, da wird ihr die Schule gleich viel mehr Spaß machen." Mehr als ein skeptisches „Hmmm." antwortete er darauf nicht und lächelte Laura aus der Ferne an. „Aber mit dem Kleid hast du echt übertrieben!" flüsterte Seda ernst in sein Ohr. Er guckte sie irritiert an: „Ich will halt nur das Beste für sie und das war das Kleid, was ihr und mir am besten gefallen hat." Sie schüttelte ungläubig den Kopf: „Das Kleid hat 600€ gekostet, für eine Einschulung! Sie sieht aus wie eine Prinzessin." Er nickte und setzte ein zufriedenes Gesicht auf: „Ja, wie MEINE Prinzessin." Sie seufzte und rieb sich frustriert das Gesicht.

Als Elyas nach der Veranstaltung stolz Fotos von seiner Laura machte, die mit ihrer Zuckertüte und extra gelockten Haare fröhlich posierte, kam eine Frau auf ihn zu. „Guten Tag, ich bin Sandra Koch, die zukünftige Lehrerin von Laura. Ich wusste gar nicht, dass Sie schon eine Tochter haben. Bei den Promi-News klang es so, als ob Sie das erste Mal Vater werden." sagte sie. Er versuchte ein Lächeln aufzusetzen, doch eigentlich war es ihm unangenehm, dass er hier und jetzt auf sein Privatleben angesprochen wurde. Wundert tat er sich allerdings nicht; Frau Koch war um die 25 Jahre alt und es gab nur wenige Frauen in ihrem Alter, die ihn nicht erkennen würden. Er räusperte sich: „Naja, Laura ist unser Pflegekind. Wir würden sie aber gerne adoptieren und warten auf den Bescheid." Die Lehrerin guckte überrascht: „Oh, Sie machen gar nicht den Eindruck wie ein Familienmensch. Aber schön, dass sie ihr ein neues Zuhause geben wollen." Er knirschte mit den Zähnen und dachte sich: „Was weißt du schon von mir? NICHTS! Nur den Scheiß, den die Presse über mich schreibt!" Doch äußerlich nickte er nur und sagte freundlich: „Sorry, aber wir müssen los. Gleich kommen die Gäste für die große Feier." Sie verabschiedete sich und Elyas drehte sich um und rollte mit den Augen, so dass Seda es deutlich sehen konnte. Sie wusste genau, was er dachte, musste aber trotzdem grinsen. Recht hatte er allerdings: Die Presse hatte nicht die geringste Ahnung, wie Elyas M'Barek wirklich war, wie aufopfernd und liebevoll er sein konnte und wie leicht er es einem machte, ihn trotz seiner Macken zu lieben.

Als er am nächsten Tag mit Seda noch immer müde von der gestrigen feucht-fröhlichen Party Laura von der Schule abholte, sprang sie fröhlich ins Auto und er fragte: „Und hast du schon was gelernt?" Die Kleine sagte stolz: „Ja, schon ganz viel." Er grinste: „Na, dann können wir ja als Belohnung bei McDonalds vorbei fahren. Na, Seda, Hunger?" Laura applaudierte vor Freude, denn Elyas achtete sehr darauf, dass sie sich gesund ernährte und McDonalds stand wirklich sehr selten auf dem Speiseplan. Und Seda lachte: „Ich bin im 9. Monat schwanger, es gibt keine Sekunde des Tages, wo ich keinen Hunger habe." Er streichelte sie liebevoll über den Oberschenkel und gab ihr einen Kuss, bevor er seinen Porsche startete.

„So, morgen haben wir wieder einen Ultraschalltermin, oder?" fragte Elyas, während er ein bisschen zu schnell auf eine Kreuzung zufuhr. Die Ampel war allerdings grün und die Straßen frei und er konzentrierte sich auf Sedas Antwort: „Ja, morgen um 10.00 Uhr." Er lächelte und freute sich, sein Baby wieder einmal sehen zu können. Wie immer erschien das Kribbeln im Bauch und er konnte es nicht erwarten, es endlich im Arm halten zu können. Doch plötzlich wurde er durch ein hysterisches „Elyas! Pass auf!" von Seda aus seinen Gedanken gerissen und sah, wie von links ein Auto mit voller Geschwindigkeit auf ihn zugerast kam. Etwas blitzte in seinem Kopf und er geriet in Panik, doch er konnte nichts weiteres tun, als mit voller Wucht auf die Bremse zu treten.

FamilienglückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt