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Zwei weitere Wochen zogen ins Land ohne dass ich sie wirklich mit bekam. Die Übungswehen wurden häufiger, waren aber durchaus aushaltbar. Ich war mittlerweile in der 36. Schwangerschaftswoche angekommen und war heilfroh, dass die kleine nun kein Frühchen mehr sein würde. Meine Frauenärztin versicherte mir auch jede Woche aufs Neue, dass alles gut sei und die kleine fleißig zunehmen würde. Mit 2.700 geschätzten Gramm lag sie auch in einem guten Bereich, sodass ich vollkommen entspannt war und ziemlich gelassen dem Geburtstermin entgegen sah. 

Ich hatte beschlossen noch einmal in die Stadt zu fahren und noch ein paar Windelvorräte anzusammeln und noch einmal durch ein paar Läden zu schlendern. Mit dann vier kleinen Kindern wusste man ja nie wie es die ersten Wochen laufen würden und ich wollte auf alles vorbereitet sein. Somit beschloss ich an einem Donnerstag mich in irgendetwas schickes zu schmeißen, viel hatte ich nur leider nicht mehr was mir noch passte und gefiel, und mich ganz entspannt auf den Weg zu machen. Nikolas bestand zwar darauf, dass ich Oscar mitnahm, aber der störte mich ja nicht weiter. 

"Was meinen Sie Oscar?", fragte ich ihn und hielt eine kleine rosa farbene Hose in die Luft. Er grinste. "Sieht sehr hübsch aus, Mrs."

"Ich versuche Sie nur mit einzubeziehen, damit sie sich nicht so überflüssig vorkommen."

"Lieb von Ihnen. Aber ich bin es gewohnt, als stiller Part meinen Job wahrzunehmen. Aber ich bleibe dabei. Sie ist sehr hübsch."

Ich legte sie in meinen Beutel und schlenderte weiter. Oscar folgte mir mit den drei Tüten die ich bereits gefüllt hatte.

"Ich glaube es reicht erstmal. Ich habe jetzt die komplette Kleidungsausstattung bis Größe 86. Das sollte wohl genügen."

"Tragen die Babys nicht am Anfang die 50?", fragte mich Oscar stirnrunzelnd.

"Ach. Hören Sie auf mich zu tadeln. Ich brauche das ganze Zeug!"

Er lachte. Ich sah ihn selten lachen und fand ihn damit noch ein wenig sympathischer.

Wir bezahlten und gingen dann zurück zum Parkhaus. 

"Gehen Sie ruhig schon vor.", meinte ich. "Ich bezahle noch schnell die Parkgebühren."

"Ich sollte bei Ihnen bleiben."

"Es ist mittags um 2. Mich wird schon niemand entführen und selbst wenn die Wehen einsetzen sollte, werde ich das Baby nicht sofort hier auf dem Weg verlieren.", lachte ich.

Gerade in dem Moment klingelte sein Handy. "Lassen sie mich raten. Mein Mann.", fragte ich ihn und er zog schuldbewusst seine Schultern nach oben. 

"Gehen Sie zum Auto und berichten Sie ihm, dass das Kind noch in mir steckt.", lachte ich und wand mich an den Automaten. Ich hörte wie er ging.

Ich hörte ein poltern aus Richtung des Treppenhauses und einen Schrei. 

Ich nahm meine Tasche und lief zur Tür.

"Hilfe!", hörte ich den Ruf einer Frau und öffnete sie. Irgendwo im Hinterkopf läutete eine Alarmglocke und mein Kopf versuchte die Verbindung zu knüpfen. Leider zu spät. 

"Na Schlampe!", begrüßte sie mich grinsend und zog mir etwas über den Kopf. 

Schwarz.

Als ich wieder wach wurde, lag ich in einem dunklen Zimmer. Eine einzige Lampe flackerte an der Wand und es roch modrig

Ich setzte mich auf. Ein Schmerz durchzog meinen Kopf doch ich erhob mich weiter. "Autsch", blaffte ich leise zu mir selber und fasste mir an die Stirn. Direkt am Haaransatz klebte ein Pflaster. Ich saß auf einem schmuddeligen Bett mit sauberer Bettwäsche. Der Boden war mit Fliesen ausgelegt und ein schmaler Tisch stand neben meinem Bett. Daneben ein wackelig aussehender Stuhl. 

"Hallo?", rief ich.

Keine Antwort. Ich stand auf und ging zu der morsch aussehenden Tür gegenüber des Bettes. Ich rüttelte an ihr. Verschlossen. Irgendwie absehbar, wenn man entführt wird. Der Entführer denkt sich ja nicht: "So. Jetzt ist sie hier und ich schließe die Tür mal nicht ab. Sie wird schon nicht versuchen zu flüchten."

Ich erinnerte mich an die Stimme und an ihre Grinsende Visage, bevor sie mich zu oben schlug. 

Zoey. 

Blöde Kuh.

Warum musste er denn auch mit ihr schlafen? Hätte er nicht ein Kind von irgendeiner normalen Durchschnittfrau bekommen können? Nein. Er musste sich natürlich die Verrückte aussuchen. 

Typisch Mann. Reitet sich in ne scheiß Situation und die Frau darf es ausbaden. Mein Bauch zog nach unten, sodass ich ihn stützen musste, um den Druck zu nehmen.

Ich rief noch einmal: "Hallo? Hört mich jemand?"

"Niemand wird dich je wieder hören.", ertönte es von der anderen Seite der Tür und ein Schlüssel wurde ins Schloss geschoben. 

Klick. Klick.

Die Tür öffnete sich und Zoey kam mit einer Waffe die sie neben sich her schlenkerte wie eine Handtasche herein.

"Abgesehen von mir natürlich.", lächelte sie.

"Zoey. Was willst du?"

"Das Kind."

"Du meinst so steigen deine Chancen Jordan zurückzubekommen?"

"Jordan? Nein. Ich habe 5 Jahre seines Lebens verpasst. Er ist zu groß und er hasst mich. Ich will das Kind!", meinte sie und zeigt mit der Waffe auf meinen Bauch.

"Reichlich früh. Es kann sein, dass das noch Wochen dauert."

"Nein. Wird es nicht."

"Woher willst du das wissen?", fragte ich verunsichert.

"Du hast so schön geschlafen, dass ich dir einen kleinen Wehencocktail spritzen konnte. Sorry für vielen Stiche. Hat ne weile gedauert eh ich getroffen hab." Erst jetzt merkte ich den Druck in meiner Ellenbeuge. "Autsch.", flüsterte ich wieder und beugte den Arm.

"Das ist zu früh.", erwiderte ich, die ich nun langsam panisch wurde. 

"Ach quatsch. Du bist ab morgen in der 37. Woche. Das ist doch fast perfekt."

Ich erstarrte.

"Ja Schätzelein. Hast erstaunliche zwei Nächte und einen ganzen Tag verpennt. Hab wahrscheinlich ein bisschen zu kraftvoll zu schlagen. War halt ein bisschen wütend. Normal Sorry. Aber ich muss mich bedanken. Ausholen ist so viel wirkungsvoller als ne Therapie.", sie zuckte mit den Schultern und schlenderte zu dem Wackligen Stuhl. Sie drehte ihn verkehrt herum und setzte sich darauf. "Solltest dich vielleicht hinsetzen. Du wirst deine Kraft brauchen."

Ich blieb stehen. Einfach aus Protest.

"Wie du meinst. Ich geh erstmal kurz hoch und hole dir was zu essen."

Ich verzog das Gesicht.

"Guck nicht so.", ermahnte sie mich. "Du brauchst die Kraft wirklich. Hast schon gut 48 Stunden nix mehr gegessen und dir steht eine Geburt bevor. "

Augenblicklich knurrte mein Magen. 

"Siehste!"

Sie ging nach draußen und verschloss die Tür. 

Keine Fenster. Eine weitere Tür. Sie war auch verschlossen. Ich ging zu dem Kleiderschrank der mit im Zimmer stand. Ein Spiegel hing in der Tür und ich betrachtete mich. Ich gab es nicht gern zu, aber mein Bauch war ein ganzes Stück nach unten gesackt

"Scheiße.", flüsterte ich und betete innerlich zu Nikolas, dass er so langsam mal hinmachen solle.

Außerdem begutachtete ich das Pflaster und setzte mich dann, als der Druck nach unten weiter zunahm, auf das klapprige Bett.

Lieb michWo Geschichten leben. Entdecke jetzt