Mila Mondlicht

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Aber - stop - bevor ich weiterrede, möchte ich mich erst mal vorstellen.

Ich heiße Mila. Eigentlich Emilia, aber so nennt mich kein Mensch, außer meine Oma und meine Mutter, wenn sie wegen irgendeiner Sache stinkwütend ist.  Ich bin noch für genau sieben Tage 12 Jahre alt. Zusammen mit meiner Familie lebe ich in dem wirklich ödesten Dorf der Welt namens Tiefenbach.

Mit öde meine ich, dass es hier nicht viel mehr gibt als einen klitzekleinen Supermarkt, der um 18 Uhr seine Türen dicht macht,
eine Kneipe, aus der es schon aus zwanzig Meter Entfernung so nach Muff riecht, dass man umkippen könnte und ein kleines Kino, in dem bevorzugt uralte Schinken aus den 50er Jahren laufen.

Dafür gibt es schier endlose Wiesen und Wälder, Bauernhöfe, alle möglichen Tiere - und die gute, gesunde Landluft, von der meine Mutter gerne schwärmt. Die "gute Landluft" riecht für mich meistens nur nach Ziegenkacke und ich würde sie meistens nur zu gern gegen Großstadtluft austauschen. Und gleich noch dazu in ein cooles Loft irgendwo nach Berlin oder Hamburg ziehen. Aber da haben meine Eltern ja leider noch ein Wörtchen mitzureden.

Mama heißt eigentlich Louise und ist für eine Mutter noch ziemlich jung, erst 30 nämlich. Das heißt, Sie hat mich mit 18 bekommen. Damals lebte sie in der Großstadt und hat meinen Vater Robert  auf einer Univeranstaltung kennengelernt. Angeblich war es Lieben auf den ersten Blick, wie man so schön sagt und nur zwei Monate später habe ich mich dann angekündigt.

Weil meine Mutter schon immer einen mir völlig unverständlichen Traum vom Leben auf dem Land hatte, zogen sie und mein Vater noch vor meiner Geburt von Berlin nach Tiefenbach. In ein riesiges Fachwerkhaus, welches angeblich schon locker 200 Jahre auf dem Buckel hat. Mit roten Klinkersteinen, grünen Fensterläden, die beim Aufmachen knarren und zwei Stockwerken.

Fünf Jahre später folgten meine zwei kleinen Brüder Paul und Lukas, die heute sieben sind.

Die beiden sind zweieiige Zwillinge und die absolut nervigsten Brüder, die man sich vorstellen kann. Früher, als Babies, waren sie ja noch ganz niedlich und für einige Zeit war ich sogar sowas wie stolz darauf, eine große Schwester zu sein. Mittlerweile sind sie aber leider zu echten Teufeln herangewachsen - die keine Situation auslassen, mir auf die Nerven zu gehen. Was würde ich doch manchmal für eine Schwester geben.... Aber leider kann man sich sowas ja nicht aussuchen.

Statt einer Schwester habe ich dafür Cola und Sprite.

Also, ich rede natürlich nicht von Getränken, sondern von meinen zwei Haustieren. Cola und Sprite sind zwei Rattenweibchen, die ich letztes Jahr aus dem Tierheim gerettet habe. Wie man sich vielleicht denken kann, ist Cola rabenschwarz und Sprite völlig weiß. Die beiden leben in einem riesigen Käfig in meinem Zimmer und sind manchmal gefühlterweise meine einzige Rettung, nicht verrückt zu werden. Hin und wieder nehme ich sie aus dem Käfig und sie dürfen frei im Zimmer herumlaufen und Sprite sitzt beim Hausaufgabenmachen oft auf meiner Schulter und guckt mir beim Lösen von mathematischen Gleichungen zu.
Mein Zimmer und Rückzugsort ist im ersten Stockwerk unseres Hauses und leider nebenan zu dem meiner Brüder. Fragt nicht.....

Soweit, sogut. Klingt alles ziemlich normal, oder? 

Aber leider bin ich wirklich alles andere als normal...und bevor ich euch noch weiter mit irgendwelchen Anekdoten meines bisher wahnsinnig spannenden Lebens nerve, fängt meine Geschichte nun an.

Am Freitag,

den 13. Oktober.



Mila MondlichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt