C Z T E R D Z I E Ś C I P I Ę Ć

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Ich setze große Schritte. Bewege mich fast schon ungestüm. Direkt auf Cessy zu. Mit jedem Schritt staut sich der Ärger auf und breitet sich ungehindert in mir aus. Verstärkt sich, nimmt Form an. Ich wehre mich längst nicht mehr dagegen. Warum auch? Es nützt mir nichts mehr. Jetzt ist es zu spät.

Der ältere Mann lässt seinen lüsternen Blick über Cessys schlanken Körper gleiten. Während er dies tut, hat er ein schiefes Grinsen auf die dünnen Lippen gesetzt. Mir entfährt ein leises Knurren. Ich verpasse dem widerlichen Mann einen groben Stoß in die Rippen, so dass er überrascht beiseite taumelt und einige Meter strauchelt. Die Blondine starrt mich wortlos an – ihre klaren, fast schon leuchtenden Augen glitzern vor Überraschung. Sie klappt ihren Mund auf, will sich äußern. Ich lasse dies nicht zu. Packe tonlos ihr Handgelenk und rausche los, Cessy im Schlepptau.

Dass sie keinerlei Widerstand aufgebaut hat, wundert mich. Aber dafür kann ich auch später meine Gedanken verschwenden. Ich suche den Flur auf, der zu den Zimmern führt. Schiebe gelegentlich einige Tänzerinnen oder Gäste aus dem Weg. Manche blicken mir erstaunt nach, sind dafür stehen geblieben. Ich schere mich nicht um die Blicke.

„Was habe ich denn verbrochen, Officer?", will Cessy erfahren, und ich kann diesen provokanten Ton heraushören, der ihre leicht melodische Stimme dominiert.

Ich benötige einen Augenblick, um ihre bedingten Worte aufzunehmen und zu verarbeiten. Ich blinzele schnell und verstärke mehr den Griff um ihr Handgelenk. Die Worte haben mich berührt – flüchtig, dafür mit einem intensiven Gefühl. Hat mir eine undefinierbare Wärme eingeflößt, die wie ein brennender Punkt in mir wütet.

„Du hast gegen mein Gesetz verstoßen", knurre ich und habe den Flur erreicht. Die Musik ebbt ab, die Anzahl der Gäste ist viel übersichtlicher. Ab und zu treffe ich eine andere Dame an – in knappen Sachen und hohen High Heels. Jeder Schritt wird mit einer eleganten Bewegung unterstrichen. Ich schaue einer jungen Frau nach, wie von allein schwebt der Blick über ihr prächtiges Gesäß. Ich vergrabe die Zähne in die untere Lippe und reiße mit Gewalt den Blick von ihr los. „Und da du dies getan hast, was ich im Übrigen nicht toleriere, wirst du dementsprechend die Konsequenzen spüren." Nach und nach hat der Ton eine andere Richtung eingeschlagen. Ist teilweise leiser geworden. Die letzten Worte haben einem scharfen Flüstern geglichen.

„Ach, habe ich das getan, ja?" Sie spielt darauf hin, mit vollem Bewusstsein. Cessy hat den Versuch in Angriff genommen, mich zu provozieren. Ich kneife die Lippen zusammen und gehe etwas langsamer weiter. Biege erneut ab. „War ich eine kleine Verbrecherin?"

Ich befinde mich kurz vor dem Ausbruch. Cessys Worte haben mich umschlossen und versuchen unachtsam, mich aus der Hülle der Selbstbeherrschung zu reißen. Noch bin ich fähig, diese Hülle weiterhin zu tragen. So leicht werfe ich sie nicht ab.

„Eine kleine?", schnaube ich und kann das Zimmer ausfindig machen, in welchem ich mich bei dem letzten Mal mit der Blondine befunden habe. Ich steuere dieses an, lege die freie Hand um die Türklinke und drücke die Tür auf. Betrete das übersichtlich gestaltete Zimmer. „Du hast gegen mein wichtigstes Gesetz verstoßen." Ich wende mich ihr zu. Blende das kleine Grinsen aus, was ihre wohlgeformten Lippen umsäumt. „Gegen Gesetze verstößt man nicht. Das machen nur die Menschen, die sehr unartig sind." Ich habe mich mehr zu der Tänzerin gebeugt, die Worte sickern ohne Rücksicht in ihr rechtes Ohr. „Und kannst du dir vorstellen, was ich mit solchen unartigen Menschen mache?" Jetzt bin ich diejenige, die das Grinsen auf den Lippen trägt.

Worte, leise gemurmelt, dafür mit einer unvorstellbaren Auswirkung. Sie sind wie kleine Messer. Einzeln richten sie kaum etwas an, aber wirft man mehrere, kommt die Schwäche des anderen Menschen zum Vorschein. Das Durchhaltevermögen weicht, die Knie werden schwach, und er sackt schließlich in sich zusammen. Ich spüre, dass es Cessy ähnlich ergeht. Ein sanftes Zittern hat sie übermannt, und ihre Knie sind etwas weich geworden. Sie kann nicht mehr lange stehen. Ich registriere dies und löse meine Hand von ihrem Handgelenk, schiebe sie stattdessen um ihre Taille.

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