S I E D E M

1.1K 61 14
                                    

„Die Serie ist echt komisch. Ich verstehe nichts davon." Zoë hat vor etlichen Minuten die Entscheidung gefällt, sich an meine Seite zu schmiegen. Ich habe einen Arm um ihren Rücken geschoben und keinen Widerspruch eingelegt. „Ich sehe schon die Gehirnzellen sterben."

Ich schmunzele und beuge mich nach vorne, um nach der Fernbedienung zu greifen. Die Fingerspitzen berühren sie. Ich strecke mich mehr und schaffe es endlich, sie zu mir zu holen.

„Das ist mir auch schon aufgefallen", gebe ich zurück und halte ihr die Fernbedienung entgegen. Zoë mustert sie, bevor sie sie an sich nimmt und einen neuen Sender wählt. Meine Schwester schaltet sich durch die verschiedenen Programme. Ich beobachte sie dabei. Entweder erscheint ein Nachrichtensprecher oder wir stoßen auf einen schier endlosen Werbeblock. „Hm, es dann wäre es besser, dass wir einen neuen Sender einschalten. Irgendetwas Ansprechendes werden wir schon finden."

„Werden wir. Und wenn nicht; wir können uns auch einen Film ansehen." Die Blondine überlegt und lässt die Fernbedienung sinken, als sie eine recht ansprechende Serie gefunden hat. „Sag', was hältst du von der hier? Die hat etwas mit einem Fall zu tun. So ähnlich wie bei dir, oder nicht?"

Die Augenbrauen gleiten ein wenig in die Höhe, und etwas überrascht blicke ich zu dem Fernseher.

„Ach, passt schon", wehre ich ab und fahre mit den Fingerspitzen über ihren Rücken. Die Blondine hat keine Anzeichen von einer Anspannung. „Die kannst du ruhig laufen lassen." Zoë legt die Fernbedienung vor sich. „Du, ich arbeite nicht in dieser Abteilung. Ich bin nur auf den Straßen unterwegs. Ich decke keine Morde oder so etwas auf, das machen die Jungs aus der anderen Abteilung."

Außerdem habe ich es mir nie und nimmer vorstellen können, diese Richtung einzuschlagen. Ich bin mit meiner heutigen Wahl vollkommen zufrieden. Ich erlebe jeden Tag eine neue Überraschung, und kein einziger Tag gleicht sich. Mein Ablauf ist abwechslungsreich gestaltet, mein Kollege trägt seinen Teil ebenfalls bei. Ich habe auch nicht vorgehabt, die Wahl zu wechseln, zumal ich mehrmals in den einzelnen Monaten in einer Schießerei stecke. Selbst diesen Juni ist es einmal vorgekommen. Vincent und ich haben die Situation schnell entschärfen können.

„Echt nicht? Irgendwie habe ich mir etwas Falsches gemerkt." Auf ihren Lippen stiehlt sich ein schiefes Lächeln. Ich gebe ein leises Räuspern von mir. Zoë hat es vernommen, aber geht nicht darauf ein. „Das kann passieren."

„Sag', wie lange weißt du schon, dass ich 'ne Streifenpolizistin bin?" Ich wende den Blick zu meiner Schwester. „Und, dass das nicht das Gleiche ist? Zuhören kannst du wohl nicht, was?" Ein kurzes Gelächter entfährt mir, als Zoë brummt. „Aber jetzt weißt du es ... nach fast sieben Jahren."

„Du hast mir die Frage längst beantwortet. Ich muss dazu nichts mehr sagen." Zoë richtet sich auf, ich entferne den Arm von ihrem Rücken. „Willst du etwas trinken? Ich will mir jetzt etwas holen gehen." Sie schiebt sich von der Couch, zupft für wenige Augenblicke an ihrem Oberteil.

Ich muss nicht lange mit den Überlegungen spielen. Die Antwort fällt prompt. „Wo du schon 'mal so freundlich fragst; ja, du kannst mir ein Glas Wasser holen. Aber bitte ohne irgendwelchen Geschmack. Ich kann das nicht ausstehen."

„Das habe ich nicht vergessen." Meine Schwester grinst mich an, ehe sie sich von mir entfernt. Ich löse den Blick von dem Fernseher und blicke ihr nach. Sogleich fällt mir das kaum erkennbare Humpeln ins Auge. Anscheinend wird sie sich nie von ihrem Unfall erholen.

„Wenigstens eine Sache, die du nicht vergessen hast." Ich sehe zu dem Tisch. Gerade stelle ich mir selbst die Frage, seit wann mein Handy dort liegt. Wann habe ich es dort hingelegt? Schwache Falten ziehen sich über die Stirn hinweg. „Super, jetzt steckt sie mich damit an." Ich rücke mehr zu der Kante hin, strecke einen Arm aus und hole das Handy zu mir. „Na ja, wir können ja mal nachsehen, wer mir geschrieben hat."

SinnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt