Verlorene Zeit

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Dean kniete immer noch neben dem Leichnam von Castiel.
Sein T-Shirt war verbrannt und die Narben, die die Flügel hinterließen, deutlich zu sehen.
Er wiegte den toten sanft hin und her.
Er wollte es nicht begreifen.
Er konnte es nicht wahrhaben.
Die Trauer flutete seinen Körper, obwohl er diesen kaum noch spürte.
Tränen rannen ihn übers Gesicht.

'Er ist weg.'

Er hörte diesen Satz in seinen leeren aber doch so vollen Kopf, doch konnte er es nicht aufnehmen.
Er konnte es einfach nicht verstehen.
Und er wollte auch nicht verstehen.
Er drückte den kleineren Körper an sich und weinte, bis er keine Tränen mehr im Körper hatte.

Den Schmerz den er erlitt, war mit nichts zu vergleichen.

„Dean wir sollten gehen", sagte Sam leise und mit belegter Stimme.

Er hatte seinen Bruder noch nie so gebrochen gesehen und das, obwohl Dean schon so oft gebrochen wurde.
In diesen Moment wurde Sam klar, wie sehr er den Engel geliebt hatte und immer noch liebte.

Er ging ein paar Schritte auf seinen Bruder zu und berührte ihn an der Schulter.
Dean sah nicht auf.
Er hauchte den Engel einen Kuss auf die Stirn.
Dann stand er auf, nahm die Leiche und trug sie ohne Sam anzusehen zum Impala.

Er legte seine einzige Liebe auf die Rückbank und stieg beim Beifahrersitz ein. Sam nahm wortlos die Schlüssel und fuhr los.

Sie fuhren zum Motel und checkten aus und machten sich dann auf den Weg zurück zum Bunker.

„Dean möchtest du reden?", fragte Sam.

Er schüttelte den Kopf.
Er wollte reden, aber irgendwie auch nicht.
Sein Kopf war so voller Worte und er würde sie gerne aussprechen doch er konnte es irgendwie nicht.
Eine einzelne Träne rollte seine Wange hinunter, als er platzte.

Seine ganzen Gefühle brachen aus ihm heraus, und er weinte viel mehr und viel lauter, als vorhin im Fabrikgebäude.
Er schrie.
Er schrie so laut, dass Sam die Augen zusammenkniff und sich eine Hand am Ohr hielt.
Er schlug mit den Händen gegen die Tür des Impalas, bis diese ganz rot und geschunden waren.

„Dean", versuchte Sam mit beruhigender Stimme zuzureden.
„Dean es wird alles gut, wir schaffen das. Ich bin für dich da."

„Wie Sam? Wie soll wieder alles gut werden?", fragte Dean leise.
Doch dann redete er weiter.

„Sam, ich habe ihn geliebt. Mehr wie Familie, mehr wie Freunde mehr wie Brüder. Sogar die drei Engel wussten das. Der eine hat es mir gesagt, kurz bevor er mich erstechen wollte und Cas sein Leben  für mich gab. Und ich habe den größten Teil meiner Liebe zu ihm weggesperrt.
Das ist der einzige Grund warum ich mich nicht gleich in eine Klinge gestürzt habe.
Diese Mauer in meinen Kopf ist der letzte Rest Selbstschutz den ich noch hab.
Doch das habe ich nicht wegen mir sondern wegen dir.
Ich hasse mich Sam, mehr als jedes Monster auf der Welt.
Meinetwegen würde ich nie so etwas machen.
Aber du brauchst mich und ich muss für dich da sein.
Ich habe so viele geliebte Menschen verloren und du bist der letzte der mir bleibt und ich darf dich nicht verlieren.
Doch Sam, ich weiß nicht ob das die richtige Entscheidung war.
Vielleicht hätte ich es zulassen sollen, das die Mauer bricht.
Vielleicht hätte ich es zulassen sollen, ihn zu küssen.
Sam ich habe diesen Mann über alles geliebt.
Ich hätte die Zeit, die wir hatten, mehr genießen sollen.
Er hat versucht mir zu sagen, dass er mich liebt Sam.
Doch ich habe abgewehrt und ihn gebeten, nicht weiterzureden.
Ich hätte diese Zeit, die wir hätten haben können, nehmen sollen, denn jetzt ist alles verloren.
Ein unglaublich großer Haufen an verlorener Zeit.
Ich wünschte, ich könnte kein einziges Gefühl mehr fühlen.
Weil das, was ich gerade fühle, Sam, ist schlimmer als die Hölle.
Ich kann es nicht beschreiben, weil es keine Worte für solche Schmerzen gibt."
Als Dean endete schien es, als würde er in sich zusammen sacken.
Mit leeren Blick sah er aus dem Fenster.

Sam hatte ihn zugehört, und er hatte keine Ahnung was diese Mauer war.
Doch er wusste, dass Cas die Liebe seines Lebens war und noch darüber hinaus.
Eine unbeschreibliche Beziehung.
Er hatte seinen Bruder noch nie so kaputt gesehen, wie in diesen Moment.

Und er trauerte mit seinem Bruder.

Dean saß dort.
Er selbst kam sich nur noch vor, wie eine Hülle.
Er war kaputt und sein Leben war wertlos.
Er konnte nicht mehr, doch er musste durchhalten.
Und der einzige Gedanke der ihn durchhalten ließ, war der Gedanke, dass er Cas irgendwann, vielleicht wieder sehen würde

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