Zeus & Hades

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4 Zeus und Hades

Als ich auf die Uhr schaute, merkte ich erst, dass die Aktion mit dem „verlorenen“ Schlüssel mich knapp eine dreiviertel Stunde gekostet hatte.

Während ich mir meine Tasche unter den Arm klemmte zog ich meinen IPod aus der Tasche, steckte die Kopfhörer in die Ohren und rannte Richtung Ausgang.

Ich musste die Tür nicht einmal öffnen oder gar meine Musik leiser drehen, um zu hören dass draußen die Welt unterging.

War das mal wieder ein Wink des Schicksals, mir zu zweigen das es mich hasst oder war es einfach nur Pech?

Ich glaubte jedoch nicht an Pech, also war das Schicksal mal wieder ein mieser Verräter.

Also Jacke zu bis zum Kinn und dann mal los.

Ich rannte mit der Tasche unter dem Arm Richtung nach Hause.

Der Himmel weinte so sehr, dass kleine Sturzbäche auf den Straßen hinab flossen.

Sie schwappten am Bordstein entlang, rissen alles mit sich was ihnen sich in den Weg stellte.                                                                                                                              

                Nichts und Niemand konnte die reißenden Flüsse aufhalten.

Fasziniert von der Kraft Mutternatur bestaunte ich das Wasser.         Mittlerweile war ich von oben bis unten klatschnass. Mein Cardigan war vollgesogen und wog gefühlte 100 Kilo. Meine Jeans klebte an meinen Beinen und betonte die dünnen Dinger nur noch mehr.

Gerade dröhnte „Factory Girl von The Pretty Reckless“ in meinem Kopf und trieb mich mit voller Kraft an.

Das Schlagzeugsolo setzte ein und ich verlor komplett den Bezug zu Realität.

Die Welt um mich herum begann in grau und blau zu verschwimmen.   

Ich spürte wie mir der Wind die Tropfen ins Gesicht peitschte, wie der Wind wie eine Schlange sich um meinen dünnen Körper windete und mich zu verschlingen drohte.

Mein Blick wanderte gen Himmel, sah die schwarzen Wolken sich auftürmen und miteinander kämpfen. Als wären es griechische Götter, wie Zeus und Hades, kämpfend bis auf den Tod, bis einer von ihnen aufgibt.                                               

Meine Beine bewegten sich automatisch, drehten sich im Kreis, immer schneller.

 Ich lies mich von dem Wind tragen.

Reifen quietschten.                       Wasser spritzte.

Mein Herz raste, in meinen Ohren hörte ich nichts anderes als das Rauschen meines eigenen Blutes.

Ich wirbelte herum. Meine Augen weit aufgerissen, mein Verstand versuchte zu arbeiten. Ich wollte wegrennen, wollte meine Beine vom Boden lösen. Doch es geschah, nichts. Als wären die Nervenbahnen gekappt und die Beine gehörten nicht mehr zum Rest meines Körpers.

Es fühlte sich wie Jahre an, doch wahrscheinlich waren es nur Sekunden.

Endlich, als meine Füße wieder unter der Kontrolle meines Verstandes waren, versuchte ich von der Straße zu gelangen.

Doch alles was ich zu Stande brachte, war auf dem Boden auszurutschen.

Ich fiel, sah wie die Erde kippte. Sah Zeus und Hades kämpfen.

Schmerz.

Ein dumpfer Schmerz, er breitete sich aus. Durchströmte meinen Kopf und floss durch meine Glieder.

Für einen kurzen Moment, der Moment als der Himmel mir gegenüberstand und sich seine Tränen mit den meinen vermischten, wünschte ich mir ich wäre tot. Für einen Bruchteil der Sekunde wollte ich loslassen.

Huuub         HUUUB                      Hub!! (?!?!?!)

Idiot!! Idiot, Idiot, Idiot. Fahr mich über den Haufen, kein Problem…Aufhelfen???

Nachdem ich mich aufgerappelt hatte, mir meine durchnässten Haare versuchte aus dem Gesicht zu streifen, blickte ich vor mich.

Dort stand, nur einen halben Meter von mir entfernt, ein Auto. Um genau zu sein ein schwarzer Audi.

Mit seinem dunklen Lack, welcher mit abertausenden, glitzernder Wassertropfen übersäht war, sah er aus wie eine gefährliche, zum Sprung bereite Raubkatze, die nur darauf wartete anzugreifen.

Ich blickte durch die Scheiben des Autos, versuchte trotz der Scheinwerfer zu erkennen wer hinter dem Lenkrad saß.

So ein Idiot…

Alles was ich sah war eine graue Gestalt mit pechschwarzem Haar.

HUUUB!!

Ich stand noch mitten auf der Straße, umgeben von einem Sturzbach. Langsam taumelte ich zum Gehweg, konnte jedoch meine Augen nicht abwenden.

Sie waren Eisblau und eiskalt.

Sie reichten 100 Meter tief. Kleine Blitze durchquerten seine Iris.

So etwas, solche Augen habe ich noch nie gesehen. Sie waren nicht wie normale Augen oder normale „blaue“ Augen.

Sie waren umrandet in einem so strahlendem Türkis, dass man meinen könnte es seien Kontaktlinsen. Wenn man immer weiter Richtung Pulli blickte verschwamm das leuchtende Türkis zu einem Blau, welches man nur im hohen Norden findet. Wenn Gletscher gegeneinander brechen und sich gegenseitig in Stücke reißen.

Und kurz bevor das Eis in dem tiefem schwarzen Loch verschwinden, kurz davor wurde es fast weiß. Kein normales weiß, ein weiß was jede Emotion die er versucht zu unterdrücken wiederspiegelt.

Es waren kalte Augen. Es waren seine eisblauen Augen, die mich damals wohl zu dem machten was ich heute war.

Ein Strom aus Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt