Kapitel 10

98 5 0
                                    

„Na,geht es dir gut?" hörte ich eine verschrobene Stimme. Ich konntesie zu erst nicht zuordnen, bis mir auffiel, dass nur Tobias das seinkonnte. „Sie haben gesagt Schlafmangel, Essensverweigerung und einefette Lungenentzündung wären Dinge, die man nicht mischen sollte."langsam öffnete ich meine Augen. Zuerst sah ich alles etwasverschwommen, doch mit jeder Sekunde wurde die Sicht klarer. Ich lagim Krankenhaus. In einem Bett. Alles um mich war weiß, nur Tobiasnicht, der war nämlich schon immer ziemlich Farbenfroh mit seinenblauen Augen, den braunen Haaren und sein grünes Shirt. Grün konnteer schon immer leiden. Ich dachte daran, was passiert war und wie ichhierher gekommen war. Am Abend zuvor hatte ich SIE getroffen. Dabeihatte ich mir eine Lungenentzündung weggeholt. Noch dazu hatte ichin den letzten Tagen kaum Hunger gehabt und nichts richtig gegessen.Tobias schaute mich mit weißen Gesicht an, schien aber sich einLächeln nicht verkneifen zu können. „Dich hat es ganz schönerwischt, nicht?" lachte kurz auf. Ich sah ihn tief in die Augen.Ich kannte ihn mittlerweile zu gut, als das er mit etwas vormachenkönnte: Die Frage war ernst gemeint und kein kleiner Spaß. Ichnickte und wurde ein wenig rot. Ich hatte es zugegeben. Meine ersteLiebe war eine Frau. M.D. London – eine talentierteBestsellerautorin, dessen verhalten ich nicht genau durchschaute.„Und wie ist sie so?" fragte er. Ich schaute angestrengt auf denBoden. „Hast du mit ihr gesprochen? So richtig?" „Ja." „Und?"„Ich hab keine Ahnung." damit war das Gespräch beendet. Keinervon uns beiden sagte auch nur ein Wort, bis der Arzt rein kam, um mirdie Entlassungspapiere zu bringen. „Ich bin einfach nicht aus ihrschlau geworden." dachte ich mir. Und das war die Wahrheit. Dennochschienen diese Gefühle in mir immer noch zu existieren. Es fühltesich an, als ob mein Gehirn platzte von diesen vielen Fragen, die mirdurch den Kopf gingen. Natürlich wusste ich, dass es egal war, wasich tat. Mein Kopf hatte recht: Dieser Frau hinterher zu rennen waralbern. Sinnlos. Absurd. Ich wollte sie nicht lieben, denn sie schienauf mich so unlogisch. Sie war mir auf eine bestimmte Weise nichteinmal sympathisch.

Inden nächsten Tagen verbrachte ich meine Zeit in meinem Zimmer. UmTobias aber keine allzu große Sorgen zu machen, aß ich ausreichend. 

MeinZimmer erstickte in der Hitze der Sommersonne und wir hatten keineKlimaanlage in dem Haus. Bisher benahm ich mich noch nicht sehrerwachsen. Eher wie ein Teenager. Aber frühere Freunde von mirhatten mir davon erzählt, dass es normal war, wenn man verliebt war.Und außer Tobias war keiner im Haus, der mich hätte sehen können.Meine Zeit verbrachte ich unter der Bettdecke und dachte darübernach, ob ich kochen würde, wenn die Decke mich nicht vor denhochgezogenen Jalousien retten würde – okay, ich dachte nicht anJalousien. Das musste ich mir selber zugeben: Ich dachte an SIE. Ichkannte nicht einmal ihren richtigen Namen. Vielleicht war M. D.London auch nur ein Pseudonym oder so. Was wusste ich denn von ihr?

Undobwohl ich in der Zeit unter der Decke eigentlich versuchen wollte,meine Gefühle zu vergessen, fing ich an zu weinen. Einfach nur, weilich durcheinander war.


Undin diesem Moment wurde mir klar:

Esgibt keine Logik für Liebe.


Das Chaos von verliebt und verheiratetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt