💫 8. Kapitel

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Mein Blick zuckte von einem Augenwinkel zum anderen. Immer auf der Suche nach einem Weg, Karen und Hunter zu entkommen. Schon seit dem Frühstück hatte ich mir Gedanken darüber gemacht, wie ich ihnen am besten entkommen sollte. Wie ich es schaffen konnte, mich unbemerkt aus dem Haus zu schleichen, um Kane und den anderen in den Wald zu folgen. Doch das war nicht so einfach. Jedenfalls nicht auf den ersten Blick. Karen und Hunter ließen mich keine Sekunde aus den Augen. Fast so, als würden sie nur auf eine Bewegung von mir warten. Vor meinem inneren Auge spielten sich Szenen aus Filmen ab. Wie diese es geschafft hatten, ihren Aufpassern zu entkommen. Ich stellte fest, dass das bei denen immer so leicht gewirkt hatte. Aber schließlich konnte ich ja nicht jeden verbrauchten Trick verwenden. Das würde mir nicht wirklich weiterhelfen. Innerlich seufzte ich und sah mich wieder kurz um. Von hier aus würde ich nicht weg kommen.
Die Frage war, ob ich diesen verbrauchten Trick mit dem Klo nutzen sollte. Es könnte klappen. Schließlich musste ich wirklich aufs Klo und sie würden mir nicht folgen. Und ich wusste, dass ich durchs Fenster entkommen würde. Auf einer Seite wusste ich, dass das alles hier in die falsche Richtung laufen könnte, auf der anderen war ich mir bewusst, dass ich etwas tun musste. Da war diese Ungewissheit, die mich auffraß. Das, was sie vor mir geheim hielten machte mich fertig. Ich wusste nicht, was Josh und seine Freunde gesehen oder gefunden haben und ich wusste, dass Kane im Wald nichts prüfen musste. Er wollte nur sehen, ob Josh da war oder nicht. Und dass er mir das vorenthielt, machte die Sache nicht gerade besser. Schließlich war ich alt genug dafür, um die Wahrheit zu vertragen. Das stand fest.
Und bevor ich es mir anders überlegen konnte, stand ich auf, nur um kurz darauf festzustellen, dass meine Fußsohlen etwas zogen. Sofort sprang Karen auf und sah mich warnend an.

»Kane hat mir gesagt, dass ich dafür sorgen soll, dass du sitzen bleibst und deine Füße ausruhst. Sie sind noch immer nicht ganz verheilt. Die Salbe, dir Kane dir gegeben hat, hat zwar schon viel geheilt, aber noch nicht alles, July«, sagte sie ernst. Ich seufzte. »Es geht schon, Karen. Wirklich. Wir sagen ihm einfach nichts davon. Bitte. Ich gehe nur aufs Klo. Ehrlich«, versuchte ich sie davon zu überzeugen. Für einen Moment sah sie mich einfach nur an. Schien mich zu analysieren. Dann seufzte sie und nickte. »Du bist genauso stur wie mein Sohn.« Ich wusste nicht, ob das jetzt etwas Gutes sein sollte oder nicht, aber daraus machte ich mir in dem Moment auch nicht mehr viel. Ich war nur froh, dass ich alleine aufs Klo gehen konnte und somit aus dem Fenster klettern konnte. Und Tabletten konnte ich vorher noch aus meiner Tasche holen, falls mich die Schmerzen dann doch aufhalten würden, dachte ich mir, bevor ich schließlich den Tisch verließ und auf die Treppe zulief. Zugegeben, es zog noch leicht an meinen Fußsohlen, doch das war okay so. Es zog nicht zu sehr. Es war erträglich. Und wenn ich Schuhe tragen würde, wäre das wohl kein Problem

»Möchtest du nicht hier aufs Klo, July?«, erklang Karens Stimme. Ich hielt mitten in der Bewegung inne. Dann dachte ich nach. »Doch schon, aber ich habe dieses Ziehen im Unterleib. Meine Tage kündigen sich wohl an«, log ich und sah sie an. Ich log um eine Woche oder weniger, aber wen juckte das schon?
Wenn ich mir etwas in den Kopf setzte, dann wollte ich es auch erreichen. Und ich wollte nicht damit leben, dass Kane etwas wichtiges vor mir versteckte. Es sah auch nicht so aus, als wolle er mich darin einweihen. Vorerst zumindest. Klar, war das jetzt typisch. Und ja, es war auch dumm. Aber so war ich nun mal. Und die Tatsache, dass Josh und seine Freunde jetzt schon sah waren, machte mir Angst und genau lag das Problem. Ich wollte keine Angst haben. Ich wollte Gewissheit. Und die würde ich nur bekommen, wenn ich herausfand, wo Kane hin ist.
Den Schmerz, der meine Fußsohlen durchzog ignorierte ich wissentlich. Im Endeffekt würde es mir nichts bringen. Außerdem war es nur ein leichtes Pochen und Stechen, welches sich von meinen Fußsohlen bis hinauf in meinen Rücken zog. Mehr war das nicht. Innerlich seufzte ich. Spürte meinen schnellen Herzschlag. Ich war nervös und ängstlich. Aber eher mehr nervös, als ängstlich. Denn ich wusste nicht genau, was auf mich zukommen würde. Außerdem hatte der Wald etwas Komisches und Mystisches an sich. Oben angekommen steuerte ich auf das Zimmer von Kane. Leise öffnete ich die Türe und holte einmal tief Luft, bevor ich die Türe wieder leise hinter mir schloss. Für einen Moment sah ich mich stumm im Zimmer um. Es war ungewohnt hier zu stehen und zu wissen, dass ich vermutlich die nächsten Nächte hier verbringen werde. Vor ein paar Tagen hatte ich mich schon gefreut, mit Josh nach Hawaii zu fliegen und jetzt? Jetzt fand ich mich in einem Haus mitten im Wald wieder. Sogar noch eher weiter oben, als auf neutraler Ebene. Erinnerungen an Kanes Worte machten sich in meinem Kopf breit. Seine Stimme hallte in mir wieder und verursachte bei mir eine Gänsehaut.

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