💫 3. Kapitel

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Müde schloss ich meine Augen. Es fiel mir immer schwerer, sie offen zu halten. Besonders, da wir das Dorf schon lange hinter uns gelassen hatten und nun in Richtung Portland fuhren, welches noch 60 Meilen entfernt war.
»Du kannst ruhig schlafen, July«, hörte ich Kane sagen. Seine Stimme klang tief und rau und jagte mir mal wieder eine Gänsehaut über den Rücken. Träge öffnete ich die Augen. »Nein. Ich will wissen, wo wir hinfahren«, sagte ich, was ihn leise lachen ließ.
»Bist wohl eine von der neugierigen Sorte«, sagte er mit einem Schmunzeln, welches um seine Mundwinkel zuckte. Ich zog eine Augenbraue hoch. »Ist das ein Problem?«, hakte ich nach. Er grinste nur und schüttelte den Kopf, bevor er wieder auf die Straße sah. Gedankenverloren betrachtete ich sein Profil und biss mir auf die Unterlippe. Seine Wagenknochen traten sichtbar hervor und ein leichter Bartschatten zierte seinen Kiefer. Er sah wunderschön aus. Wenn man das so sagen konnte. Ein schiefes Grinsen erschien auf seinen Lippen und ein Grübchen machte sich bemerkbar. »Du musst mich nicht so intensiv anstarren, July. Du wirst den Rest deines Lebens haben, um mich ausgiebig zu betrachten.« Beinahe hätte ich mich an meiner eigenen Spucke verschluckt. »Den Rest meines Lebens. Meinst du nicht, dass du zu viel von dir hältst?«, fragte ich und sah ihn an. Er grinste nur weiterhin. »Glaub mir. Ich weiß es einfach.«
Ich rollte mit den Akten. »Dein Ego ist wirklich ziemlich groß.«
»Was hat das mit meinem Ego zu tun, wenn ich es weiß?«, fragte er und warf mir einen Blick zu. Ich zog eine Augenbraue nach oben. »Woher genau willst du das wissen?«, fragte ich ihn. Er wandte den Blick wieder auf die Straße. Ich sah einen Muskel an seinem Kiefer zucken. »Nur so ein Gefühl«, kam es dann als Antwort. Ich war sicher, dass er log. Doch ich war zu müde, um näher darauf einzugehen. »Wenn du meinst. Ich schiebe es einfach weiter auf dein Ego. Schließlich ist dein Ego so groß, dass du auf meiner Hochzeit auftauchst und dann behauptest, dass ich zu dir gehöre, anstatt erst mal mit mir zu reden. Das nenne ich mal ein großes Ego. Besonders, dass du dir einfach nichts dabei gedacht hast. Hauptsache, du bekommst deinen Willen«, sagte und sah zu, wie wieder ein Muskel an seinem Kiefer zuckte. Seine Hände schlossen sich um das Lenkrad. So sehr, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Innerlich wusste ich, dass ich zu weit gegangen war, doch ich musste wissen, was er versteckte.
Wenn er mich schon so lange beobachtet hatte, wieso hatte er mich nicht einfach entführt? Oder wieso hatte er nicht privat mit uns geredet? Wieso hatte er so lange gewartet? Und wieso ausgerechnet heute? Dem allen hätte er doch längst ein Ende setzten können.

Das war alles so verwirrend. Besonders, da ich einfach nicht schlau aus Kane wurde. Ich verstand nicht, was in seinem Kopf vorging und ich war mir auch nicht sicher, ob ich das jemals tun würde. »Ich bin kein Egoist, falls du das sagen willst. Ich habe so lange gewartet, damit du selbst zur Vernunft kommst. Hätte ich es früher getan, hättest du ihn vielleicht aus Protest geheiratet. Ich musste warten, bis ich erste Zweifel sehe. Und ich wollte, dass du siehst, wie er wirklich ist. Ich habe ihn lange genug beobachtet, um zu verstehen, wie er wirklich ist. Ich wollte, dass du es auch siehst«, sagte er und drehte seinen Kopf zu mir. Seine dunklen Augen waren nun ein Stück heller und schienen schon wieder fast zu glühen. Ich schluckte trocken und sah ihn wütend an. »Bis ich Zweifel hatte?! Ist das dein verdammter Ernst?! Ich versteh nicht mal, wie du dazu kommst, zu sagen, ich würde zu dir gehören! Du bist doch krank! Du hast ihn und mich beobachtet!«, zischte ich wütend und nahm meine Füße von seinem Schoß. Bereute es aber sofort, als ich das Brennen an meinen Fußsohlen spürte, als sie den Boden berührten. Kane entwich ein Knurren und er nahm meine Beine wieder und legte meine Füße auf seinen Schoß.
»Er hat dich betrogen und ist kontrollsüchtig und du willst ihn noch verteidigen! Ich weiß, dass du vorhin Angst vor ihm hattest und an deiner Stelle hätte ich das auch. Aber ich werde dir nichts tun und ich werde dich wie gesagt auch nicht bei mir festhalten. Nur ich weiß, dass du etwas fühlst, wenn du in meiner Nähe bist. Du bekommst Gänsehaut, wenn ich in deinen Nacken atme oder wenn meine Stimme tief und rau ist. Dein Herz schlägt schneller, wenn ich dir tief in die Augen schaue. Also leugne nicht, dass du das auch fühlst«, sagte er ernst. Stumm sah ich ihn an und blinzelte.

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