💫 17. Kapitel

11.8K 514 19
                                    

Am nächsten Morgen weckte mich etwas, was über meine Wange strich. Immer und immer wieder. Verschlafen grummelte ich und drehte meinen Kopf zur Seite, doch es schien nicht zu helfen. Nach einiger Zeit spürte ich, wie ein warmer Atem gegen meine Wange prallte. Sofort überkam mich eine Gänsehaut und ich erschauderte. Doch noch immer war ich nicht bereit dazu, meinen geliebten Halbschlaf zu verlassen. Allerdings musste ich das, als mir jemand ins Ohr blies und ich aufschreckte. Ein melodisches Lachen erklang neben mir, während ich noch etwas benommen blinzelte. Verschlafen aber auch wütend drehte ich mich zu Kane und sah ihn an. »Wieso weckst du mich?«, fragte ich nach und fuhr mir durch meine Haare. Seine dunklen Augen beobachteten jede meiner Bewegungen. »Du hast jetzt 10 Stunden geschlafen. Und es gibt gleich Frühstück. Ich dachte, dass du dich vorher noch fertig machen willst«, sagte er und strich sanft über meine Wange. Wohliger Schauer durchzuckten mich und ein Kribbeln entstand in meinem Bauch, während meine Wange brannte. »Danke«, hauchte ich leise, auch, wenn ich vielleicht doch noch lieber im Traumland gefangen bleiben wollte.
Da gab es Josh nicht. Nur Kane, das Rudel und mich. Da gab es auch keine Tante May mehr, die versuchte, mir die zu nehmen, die mir wichtig waren. Mein Herz zog sich zusammen, als ich mich wieder an die Realität erinnerte und schon war mein Tag dahin. Innerlich seufzte ich. »Ein paar Jungs beobachten Josh und deine Tante. Und seine Freunde. Sie geben mir bescheid, wenn es gut wäre, deinen Plan durchzuziehen. Aber ich bin noch immer nicht damit einverstanden, July. Ich möchte nicht, dass du dich so einfach als Köder darstellst. Selbst, wenn wir meine Mutter eine blonde Paarrücke aufsetzen oder jemand anderem aus dem Rudel. Und selbst, wenn wir in meinem Wagen sitzen. Denkst du nicht, dass das gefährlich ist? Josh könnte uns schnell durchschauen und dann wäre ich nicht bei dir«, sagte Kane und sah mich ernst an. Mir war klar gewesen, dass er damit noch kommen würde. Kane hatte der Plan von Anfang an nicht gefallen.

»Ich weiß, dass du das so siehst, aber du musst vertrauen haben, Kane. Mir wird schon nichts passieren. Ich muss nur mit ihr reden. Ihr sagen, dass das alles nicht so schlimm ist, wie sie tut, verstehst du? Ich muss ihr sagen, dass ich dich... ich meine, dass du mir nichts tust und wir für einander bestimmt sind. Sie wird es in meinen Augen sehen«, argumentierte ich und sah ihn genauso ernst an. Meiner Meinung nach musste er sich keine Sorgen machen. Tante May würde die Wahrheit in meinen Augen sehen. Man konnte nicht alles so beeinflussen. Und sie würde mir glauben, davon war ich überzeugt. Kane schüttelte den Kopf. »Genau das glaube ich eben nicht, July. Sie wird denken, dass ich dich irgendwie unter Kontrolle habe und du es deswegen sagst, July. Sie wird dir nicht glauben. Nicht so lange du es nicht anders sagst. Sie muss es dir wirklich glauben«, sprach er und sah mir intensiv in die Augen. Mein Herz pochte schneller, während er mich so ansah. Ich verstand nicht ganz, was er meinte. »Und was soll ich sagen?«, fragte ich verwirrt.
Er wandte kurz den Blick ab um mich dann wieder ernst anzusehen. »Die Wahrheit. Du musst über deine Gefühle für mich sprechen, nicht nur, dass wir zusammengehören. Du musst ehrlich sein. Zu 100% ehrlich«, erklärte er mir und sorgte dafür, dass mein Herz für einen Moment stillstand, nur um kurz darauf doppelt so schnell weiter zu schlagen. Mein Mund wurde trocken und ich sah ihn mit großen Augen an. Ich war kein Idiot. Ich wusste jetzt, was er meinte. Aber wie sollte ich das sagen? Wie sollte ich zu 100% ehrlich sein, wenn ich es mir selbst noch nicht einmal ganz eingestehen konnte? Ich meine, wie lange kannte ich Kane? Etwas über eine Woche... Das war eben nicht lange. Wer würde mir das wirklich glauben? Nun fingen die Zweifel doch an, an mir zu nagen. Ich fragte mich ja selbst, wie es überhaupt möglich war, dass es sich so anfühlte, als würde ich ihn ewig kennen. Ich fragte mich auch, wie es sein konnte, dass ich ihn jetzt schon so sehr mochte. Ich fragte mich, wie ich das jemanden erklären sollte, wenn ich es selbst doch gar nicht verstand.

Und doch musste ich einen Versuch wagen. Ich musste einfach. Meine Tante musste aufhören, Josh jedes einzelne Wort zu glauben. Sie musste einfach. Denn, wenn sie ihm weiter glaubte, würde sie in ihr Verderben rennen. Josh wäre das egal. Tante May war ihm egal. Er wollte nur etwas, mit dem er mich locken konnte. Doch er wusste nicht, dass ich wusste, dass sie bei ihm war. Da war also der Vorteil auf unserer Seite. Aber wer weiß, wie lange das so halten würde. Und doch mussten wir es wagen. Fest entschlossen sah ich Kane an. »Wir müssen es wagen. Ich werde nicht zulassen, dass Josh sie für seine Zwecke missbraucht und ich werde nicht zulassen, dass dir jemand wehtut oder dem Rudel. Nicht, wenn ich es verhindern kann. Verstehst du das? Ich muss es einfach wagen. Um einen Krieg zwischen den Leuten, die mir wichtig sind, zu vermeiden«, sagte ich und sah ihn dabei ernst an. Kane sah mich lange am und je länger er meine Worte in sich aufzunehmen schien, desto größer wurde sein Lächeln. Er sah glücklich aus. Zufrieden.
»Aber es wäre mir trotzdem lieber, wenn ich bei dir sein könnte«, gestand er dann und sah mich ernst an. Er meinte jedes Wort so, wie er es sagte. Kane sorgte sich um meine Sicherheit, darum, dass Josh uns keine Falle stellte. Vermutlich hatte Kane schon so viel in seinem Leben erfahren, dass er Realist war, anstatt Optimist. Doch, wenn man nur an das Schlimmste dachte, konnte man alles gleich bleiben lassen. Da konnte man sich ja direkt im Haus verschanzen. Und das meinte ich ernst. »Ich weiß, Kane. Aber sonst können wir uns nicht retten«, flüsterte ich und betrachtete sein markantes Gesicht und seine scharfen Züge. Und seine Augen, die dunkler geworden waren. »July?« Seine Stimme war rau und tief. So tief und rau hatte er fast noch nie geklungen. Meine Haut begann zu kribbeln und mir wurde heiß. »Ja, Kane?«, fragte ich leise und versuchte meine Hormone unter Kontrolle zu bringen. Er beugte sich zu mir. Sein warmer Atem prallte gegen mein Gesicht und ließ mich erschaudern. Seine Augen bohrten sich tief in die meinen. Sehr tief. So tief, dass ich das Gefühl hatte, er könnte in meine Augen sehen. Er sagte nichts. Stattdessen schien er mich mit seinem Blick fast aufzufressen. Wie von selbst legten sich seine Hände an meine Hüfte und verweilten dort besitzergreifend aber dennoch auch irgendwie sanft. Habe ich den Sprung verpasst, an dem sich seine Stimmung geändert hatte, schoss es mir durch den Kopf. In meinem Bauch flogen tausend Schmetterlinge umher.

Her destiny ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt