Ich kam 10 Minuten zu spät in die Schule. Auf dem Weg zum Gymnasium wurde ich leider aufgehalten. Na gut, ich hatte mich selbst aufgehalten. Die vielen Plakate vom Konzert musste ich mir einfach angucken. Manche mögen es schräg finden. Ich kann aber leider nichts für meine Vorlieben. In der Klasse angekommen starrte mich mein Chemielehrer unentwegt an. Was...? Noch nie eine Schülerin gehabt,die zu spät gekommen ist? ,,Vor einer Woche habe ich einen Test angekündigt'' - Ach haben Sie? - ,, Ich erwarte höchste Leistungen, meinen Damen und Herren.'' Und ja, der redet immer so geschwollen.
Als es zur Pause klingelte seufzte ich innerlich erleichtert auf und kramte meine Sachen zusammen. Nur noch 3 Stunden und es war Wochenende. Konzert-Wochenende! In der Pause saßen Tammy, Carolin und ich zusammen auf einer der Bänke auf dem überfüllten Schulhof. Tammy erzählte von ihrem Wochenende im Wald, das sie an diesem Wochenende unternehmen wollte und wir hörten ihr zu. Anders als bei Linda hörte ich Tammy gerne zu. Sie hatte eine angenehme Stimme und erzählte nie langweilig. Die 3 Stunden Schule vergingen schnell, und ehe ich mich versah, war ich auf dem Weg ins Theater, um meiner Mutter und mir Karten zu kaufen. Das Theater lag in der Stadtmitte, mit Blick auf die Elbe. Viel Glas ließ es wie eine riesige Kugel aussehen, die bei Nacht glitzerte wie ein Diamant. Die Frau an der Kasse war sehr freundlich, so dass ich schnell fertig war. Wieder einmal zogen mich die Plakate an und so hing ich wieder vor ihnen und gaffte die Cellos und Violinen, die sie zeigten an...
In einer Stunde ist es so weit. Ich zupfte an meinem bordeauroten Kleid und strich mir meine Haare aus dem Gesicht. ,,Joleen, kommst du?'', sagte meine Mutter und sah mich erwartungsvoll an. Ich nickte und so fuhren wir zur Elbphilharmoniker. Der Saal war bereits gut gefüllt. Wie erwartet war das Publikum nicht unbedingt mein Alter. Ich würde sagen, die meistens war 30+. Als Mama und ich uns auf unsere Plätze setzten wurde es gerade dunkel und der Vorhang wurde heruntergelassen. Ein riesiges Orchester war jetzt zu sehen. Der Dirigent hielt eine kleine Ansprache, dann fingen sie an zu spielen. Mein Blick wanderte über die Musiker. Violinen, Cellos, Flöten, Hörner, Schlagzeuger, Ben... Ben?! Benjamin Hill saß an einem Schlagzeug und unterstützte seine Kollegen. Ernsthaft? Ich meine, wirklich?! ,, Lieveling, geht es dir nicht gut?'', fragte meine Mutter flüsternd und sah mich besorgt von der Seite an. Geht es mir gut?,,Alles goed'', antwortete ich und versank in meinem Sitz. Soll ich mich jetzt freuen, oder lieber nicht?
Nach dem Konzert bestand meine Mutter darauf, dass wir uns das Orchester ansehen. Wir maschierten also nach vorne und ich stellte Mama beim Dirigenten ab, mit dem sie sch unterhielt. Langsam ging ich durch die Reihen und sah mir die Instrumente an. Beim Schlagzeug angekommen trommelte ich ein wenig mit den Fingernägeln auf dem Becken herum, wodurch ich einen kleinen Wirbel erzeugte. ,,So sieht man sich also wieder Joleen van Hermans'', sagte eine tiefe Stimme hinter mir. Ich drehte mich langsam um und sah Ben an. ,,Immer wieder eine Freude Benjamin Hill'', spielte ich das Spiel grinsend mit. ,,Ich hätte nicht gedacht, dass du dich für so etwas interessiert.'', sagte Ben und sah mich aufmerksam an. ,,Wie? Du hast mir so etwas intellektuelles also nicht zugetraut?'', fragte ich und zog eine Augenbraue nach oben. Jaah, ich kann das! ,,Also... nein so meinte ich das nicht. Ich finde es schön.'', kam es etwas verlegen von Ben. Während er redete kratzte er sich kurz am Hinterkopf. Ist ja niedlich. ,, Ich weiß wie du das meintest Ben. Ich mag Klassik total gerne. Ich war aber noch nie so etwas hier gucken. Das war gerade wirklich unglaublich schön.'', erklärte ich, drehte mich während ich redete einmal im Kreis und fuchtelte eine wenig mit den Armen in der Luft herum. Peinlich. ,,Du musst das ja wirklich sehr mögen. Du bist mit deiner Mum hier?''. Ben beobachtete mich lächelnd. ,,Ja, sie steht da hinten. Quatscht den Dirigenten voll.'', sagte ich leise und sah kurz auf den Boden. ,,Lebt deine Jacke noch?'', fragte ich zögerlich und sag ihn wehmütig an. ,, Ja, der Kaffee ist nicht mehr zu sehen. Du brauchst wirklich kein schlechtes Gewissen zu haben.'', sagte er mit warmer Stimme und tat einen Schritt auf mich zu. ,, Ich hab es aber.'' Ben trat noch einen Schritt auf mich zu, so dass wir uns fast berührten. ,,Geh mit mir aus.'', sagte er und neigte den Kopf ein wenig, um auf einer Höhe mit meinem Ohr zu sein. ,, Wann?''hauchte ich.Mein Gott, er weiß ja gar nicht wie kirre mich das gerade macht. ,,Jetzt'', flüsterte er. ,,Jetzt? Wo?'', fragte ich flüsternd. ,,Am Elbstrand'' ,,Okay'' Jetzt habe ich also ein Date mit Benjamin Hill. Na toll.
