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Am nächsten Morgen wurde ich von den Sonnenstrahlen geweckt, die vom Fenster reinschienen. Ich stöhnte und vergrub mein Gesicht wieder in meinem Kopfkissen. Was gar kein Kopfkissen war, wie ich einige Sekunden später feststellen durfte. Ich hob den Kopf leicht und erkannte Ben. Was will der denn jetzt hier?, dachte ich so geistreich, wie es sich für mich am morgen gehörte. Es dauerte ein wenig bis ich mich wieder an Gestern erinnerte. Gut, Verstanden. Jetzt weiter schlafen. Ich vergrub mein Gesicht also wieder in meinem Kopfkis... in Ben. Also in Bens Brust, nicht dass das jetzt jemand falsch versteht. Haha. Ok, nicht lustig. ,,Guten Morgen Joleen.", hörte ich Bens verschlafene Stimme über mir. ,,Guten...'', fing ich an, wurde aber von Ben unterbrochen, der seine Lippen auf meine legte und mir einen sanften Kuss gab. Ich schloss die Augen und seufzte. Ich werde wohl eine Zeit lang brauchen, um mich an ihn zu gewöhnen. Nach ein paar Sekunden beendeten wir den Kuss und sahen uns an. ,,...Morgen.'', beendete ich meinen Satz lächelnd. Ich krabbelte langsam aus meinem Bett um zu meinem Kleiderschrank zu gehen und mir etwas frisches zu holen. Damit verschwand ich kurz im Bad. Als ich zurückkehrte, saß Ben auf der Bettkante und gähnte herzhaft. Seine Haare standen ab und ließen ihn aussehen wie einen kleinen Jungen. Grinsend stellte ich mich zwischen seine Beine und begann, seine Haare wieder Strähne für Strähne zu ordnen. Da mein Bett ziemlich hoch war, reichte er mir bis zu meinem Schlüsselbein. ,,Mmmh, das kannst du öfter machen.'', brummte er und lehnte seine Stirn mit geschlossenen Augen genießerisch gegen mein Schlüsselbein. Ich lachte leise und gab ihm einen kleinen Kuss auf den Scheitel, bevor ich mich löste und das Zimmer mit einem ,,Hunger.'' verließ. In der Küche angekommen kramte ich das Vollkornbrot, das ich gestern Mittag noch schnell gekauft hatte raus und legte es auf den Tisch. Danach folgten Marmelade, Honig, Käse und die roten Trauben, die wir irgendwie jedes Mal kauften. Just in dem Moment, in dem ich zwei Teller raus kramte, öffnete sich die Tür. ,,Wat doe je, schat?", fragte Mum und erschreckte mich so sehr, dass ich aus meinem ohnehin schon gebücktem Zustand geradewegs nach hinten kullerte und auf meinem Po landete. Ich hatte mit Ben gerechnet, nicht mit ihr! ,,Ähm... hi? Frühstück" Meine Stimme war ein wenig verwirrt. Ich hatte total vergessen, dass meine Mum gestern nur ausgegangen war, also nirgends übernachtet hatte. ,,Joleen, kann ich dir... oh.", machte Ben das Chaos in meinem Kopf komplett. Dass er einen meiner Elternteile kennen lernte, war jetzt aber nicht geplant gewesen. Überhaupt nicht. Mum drehte sich erstaunt um und musterte ihn kurz, bevor Ben ihr höflich die Hand hinhielt. ,,Benjamin Hill, schön Sie kennenzulernen." Meine Mutter, sichtlich zufrieden, mit dem was sie sah - ne, oder? - ergriff sie und stellte sich ebenfalls vor. Ich beobachtete die Szenerie sichtlich erstaunt. Na das lief ja relativ gut. Denke ich. ,,Es macht Ihnen doch nichts aus, wenn ich Ihnen und Joleen beim Frühstück Gesellschaft leiste, oder?", fragte er mit einem charmanten Lächeln auf den Lippen. ,,Nein, überhaupt nicht.", antwortete meine Mum verzückt und fing gleich ein Gespräch mit ihm an. So ging das unser ganzes Frühstück lang. Entgegen meiner Erwartung, schien schon einmal eins meiner Elternteile Ben sehr zu mögen. Nicht, dass ich dachte, Ben wäre total unhöflich zu ihnen, nein. Seiner Art konnte sich wahrscheinlich keiner entziehen. Naja, ich konnte es jedenfalls nicht. Ich hatte das Gegenteil von dem, was gerade passierte befürchtet, weil meine Eltern meinen Exfreund Timo nicht gemocht hatten. Von Anfang an. Dass Ben ganz anders war, wusste ich auch, aber... Am frühen Morgen sollte man nicht über solche Themen nachdenken, geschweige denn nachdenken. Sie zogen mich nur unnötig runter. ,,Es war schön mit euch beiden zu frühstücken, aber ich bin jetzt mit einer Freundin verabredet. Es wäre schön dich öfter hier zu sehen, Ben." Meine Mum stand vom Tisch auf, brachte ihre Sachen zur Spüle und verschwand aus der Küche. Na die war ja so schnell weg, wie sie gekommen war. Langsam stand ich auf und machte mich daran, den Tisch abzuräumen. Ben folgte mir und so landete alles ziemlich schnell in der Spülmaschine. Danach standen wir beide, gegen den Küchentresen gelehnt, in der Küche herum. ,,Du... ich hoffe dir war das jetzt nicht unangenehm.'', sagte ich nach kurzem Zögern. Es hatte zwar nicht so ausgesehen, als würde ihn ds ganze nerven, aber wer weiß? Vielleicht konnte er es auch einfach nur gut verbergen. ,,Es war okay. Deine Mum ist eine sehr nette Frau.'', antwortete er und sah mich lächelnd von der Seite an. ,,Aber euch miteinander in eurer Sprache reden zu hören war schon ziemlich komisch.'', überlegte er laut und fuhr sich einmal durch die Haare. ,,Was soll das denn jetzt heißen?'' Ernsthaft? In meiner Stimme schwang eine dezente Portion gespielte Empörung mit. ,,Naja, es klingt... Holländisch ist nicht wirklich die wohlklingendste Sprache.'', sagte er ohne zu zögern und grinste mich, zugegeben, ziemlich arrogant an. Mistkerl. ,,Hey, lass meine Sprache in Ruhe. Du bist doch selbst nicht viel besser. Eure Worte sind auch nicht immer die Schönsten!'' Okay, das war nicht die Wahrheit, aber irgendwie musste ich mich doch hier verteidigen. Ich drehte mich zu ihm um und sah ihn herausfordernd an. ,,English is the most beautiful language in the world, my dear. Auch eine kleine Holländerin muss das einsehen.'', erklärte er und nahm meine Hände, um sie in seinen Nacken zu legen. ,,Eine 'kleine' Holländerin'', ich ballte meine rechte Hand zur Faust und schlug ihm kurz auf die Brust, ,,muss gar nichts.'' ,,Doch.'' ,,Nein.'' ,,Doch.'' ,,Nenn wir etwas, was die Holländerin muss.'' Er zog mich an sich und beugte sein Gesicht so weit zu mir runter, bis sich unsere Nasenspitzen leicht berührten. ,,Sie muss den Engländer jetzt küssen.'' Ich zog eine Augenbraue hoch, grinste kurz und küsste ihn dann. Meine Hand wanderte, mal wieder, an den Ansatz seines Kinns. Es war wirklich schön, okay? Heute zwar nicht so weich, wie die letzten Male, aber das störte mich nicht. Seine Hände glitten über meinen Rücken und verschränkte sich kurz vor meinem Po miteinander. ,,Ich muss gehen.'', murmelte er nach einer Weile an meinen Lippen und zog die Augenbrauen leicht zusammen. Ich seufzte einmal tief und entfernte mich ein wenig von ihm. ,,Ich weiß.'' Als wir in den Flur traten, nahm Ben sich seine Jacke, kam zu mir zurück und gab mir nochmal einen kurzen Kuss. Dann verschwand er durch die Haustür. 

It started with a coffee...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt