Kapitel 6 - Licht im aufkommenden Sturm

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Kapitel 6 - Luca Alighieri

„Endlich, wird aber auch Zeit", brummte Oliver und rannte vor. Am Anschlagsbrett der Schule hing die Liste. Ja, die wichtigste Liste des Semesters, so würde Diana sagen. Die Liste des Dramaclubs. „Sie besiegelt dein Schicksal", hatte Oliver mal gesagt. Ich ging ihm hinterher, um nachzuschauen, ob ich Sebastian spielen konnte.

Lächelnd drehte sich Oliver zu mir um.

„Und? Hast du Ursula bekommen?", fragte ich ihn neugierig und er nickte energisch.

„Du hast Sebastian. Schade um dein Talent", entgegnete mir Oliver, während wir beide die Liste betrachteten.

Seit dem Vorfall zwischen Oliver und Elliot war vieles anders geworden. Ein simples und ausgelassenes Mittagessen zu viert, fand nicht mehr statt.

Es war vor allem Oliver, der versuchte, sich von Elliot fernzuhalten. Ich glaube, dass er sich schämte. Ich vermisste das Gelächter und die Witze, die wir alle miteinander teilten. Diana bereitete sich ausschliesslich aufs College vor, sogar während dem Mittagessen.

Ausserdem hatte die Nacht bei Grayson Oliver und mich zusammengeschweißt.

„Wieso hat Grayson eigentlich deine Nummer?", fragte Oliver etwas später, als wir zwischen Literatur und Algebra Pause hatten. Seine Frage traf mich ziemlich unerwartet, weshalb ich vorerst mit den Schultern zuckte.

„Ähm, wir haben sie ausgetauscht, damit ich ihm den Bademantel zurückgeben konnte", erklärte ich entschlossen und lächelte. Oliver nickte verstehend. Es machte Sinn für ihn.

Nach der Schule gingen wir in ein Kaffee, das mir Oliver schon lange mal zeigen wollte.

„Es heisst Éloise und ist so richtig französisch eingerichtet. Sie verkaufen Patissérie und Croissants. Alles französische Dinge eben."

Es befand sich von der Schule zu Fuss nur zehn Minuten und sah schon von draussen sehr gemütlich aus. Mit goldener Schrift stand am Eingang Café Éloise.

Es hatte auch eine grosse Terrasse, überdacht von hellblauen Sonnenschirmen. Die Fassaden waren überwachsen mit Efeu. Wir traten ins Kaffeehaus und bestellten uns an der Theke einen Kaffee Americano und einen Latte Macchiato.

„Oh nein. Da ist Elliot", flüsterte Oliver plötzlich, als wir uns auf der Terrasse einen leeren Tisch ausgesucht und uns hingesetzt hatten. Ich sah über die Schulter und tatsächlich: da sass Elliot in seiner Varsity Jacket und las ein Buch.

Ich drehte mich wieder zu Oliver um.

„So kann es echt nicht weitergehen, Oliver", begann ich seufzend.

„Du musst mit ihm sprechen!" Mit grossen Augen sah ich ihn an und der Blonde legte den Kopf in den Nacken.

„Okay. Kannst du ihm sagen, dass ich über ihn hinweg bin? Bitte." Entgeistert sah ich ihn an. „Was? Nein?! Sag du es ihm doch." Ich nahm einen Schluck von meinem Latte Macchiato.

„Bitte Luca...", drängelte Oliver weiter und ich schüttelte nur den Kopf.

Oliver übergoss sich vor mir auf dem Tisch wie geschmolzene Eiscreme.

Ich fluchte leise und stand auf. „Na gut", gab ich mich geschlagen und ging zu Elliots Tisch. Natürlich hatte er uns längst bemerkt.

„Hi Elliot. Wie geht's?", fragte ich ihn grinsend. Er sah von seinem Buch auf und musterte mich aus grossen blauen Augen. Er sah nicht so glücklich aus wie sonst.

Ich atmete ein und sagte ihm: „Also, ähm. Ich soll dir von Oliver ausrichten, dass er über dich hinweg ist." Erwartungsvoll musterte ich Elliot Lewis. Dieser klappte sein Buch zu und lehnte sich zurück.

«Indigo reminds me of you»Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt