Kapitel 17 - Zweisames Abtauchen

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Kapitel 17 - Aus Elliot Lewis' Perspektive

Es war viel zu viel.

Zuerst war da mal Luca. Keine Ahnung, wie ich da nun weiter vorgehen sollte. Ignorieren? Anlächeln und sagen, alles kein Problem? Einfach so tun, als wäre alles okay? Sehr unangenehm und verwirrend. Ich schämte mich fast schon. Ich hatte mein Interesse geäussert und sie entschied sich einfach für meinen älteren Bruder. Toll.

Dann mein Bruder Grayson. Wie genau ich das Problem mit ihm lösen wollte, wusste ich nicht. Es war ja mehr so, dass er ein Problem mit mir hatte wie es aussah. Sofort hatte er einen Grund für sein Verhalten gefunden, eine Chance, mich zu beschuldigen. Bravo.

Dann mich selber als Problem. Was genau hätte das sein sollen? An der Halloweenparty mit Oliver? Ich konnte mich noch sehr gut daran erinnern, was ich getan hatte. Wenn ich daran dachte, lief es mir heiss über den Rücken. Verwirrung und Verzweiflung machte sich in mir breit. Wer war ich genau, was wollte ich? Bis ich das nicht selber wusste, konnte ich Oliver nicht in die Augen schauen.

Wir sassen da, nebeneinander im Physikunterricht und starrten nach vorne zum Lehrer. Ich wartete nur, bis es klingelte. Sobald es soweit war, stand ich auf und verschwand auf dem Schulflur. ,,Bis später", hatte ich an Oliver gerichtet, sagen können. Das war alles. Ich flüchtete mich ins Badezimmer, schloss mich in eine der Kabinen ein und setzte mich auf den Deckel der Kloschüssel, raufte mir durchs Haar. Meine Gedanken sprangen wild von einem Problem zum nächsten. Zehn Minuten starrte ich ein Loch in die Luft vor mir. Dann entschied ich mich dazu in die nächste Stunde zu gehen und erstmal zu vergessen, was in meinem Leben gerade alles nicht funktionierte.

Wie immer rettete ich mich vor meinen eigenen Gedanken in die Schwimmhalle. Als ich die warme chlorige Luft roch, den nassen Boden unter meinen nackten Füssen fühlte, ging es mir schon besser. Es war vier Uhr, die Halle war frei heute. Abraham Alighieri hatte uns Schwimmern einen Badge gegeben, sodass wir nach Lust und Laune die Halle betreten und trainieren konnten, sogar mitten in der Nacht, wenn ich das hätte wollen. Ich liess mich ins Wasser gleiten und zog mir meine Schwimmbrille über. Nach einem Atemzug stiess ich mich vom Rand ab und kraulte, zog geschmeidig durchs Wasser, teilte das Wasser vor mir mit meinen Händen. Alles was ich nun hörte, war mein eigener Atem, die Luftblasen, die unter mir hinwegfegten und das Wasser, dass durch meine Bewegungen zur Seite wich.

Es fühlte sich so gut an, endlich war ich frei. Euphorie machte sich in mir breit, jede Sehne und jeder Muskel in meinem Körper entspannte sich. Der Sinn meines Lebens...

Erst als ich auf einmal einen Schatten über mir wahrnahm, rastete ich am Ende meiner Länge, hob die Schwimmbrille hoch und sah mich um. Mittlerweile war es dunkel geworden, die Halle war dunkel und nur das Schwimmbad selber war beleuchtet. Tatsächlich stand jemand neben mir, mit verschränkten Armen.

Grayson trug Schwimmhosen und ein dunkelblaues Shirt, er war barfuss und hatte eine ernste Miene aufgesetzt. Als ich ihn sah, blieb mir für einen Moment die Luft weg. Ich hievte mich aus dem Wasser auf den Rand und atmete tief aus und ein.

,,Was machst du hier?", fragte ich ihn kühl, wobei ich mir über das nasse Gesicht fuhr.

Er setzte sich zu mir an den Poolrand.

,,Ich dachte wir könnten zusammen einbisschen schwimmen", sagte er ruhig und lächelte sogar. Verblüfft sah ich ihn an. Was war los? Normalerweise, wenn wir stritten, hörte ich hinterher einen Monat nichts mehr von ihm. Und jetzt das?

,,Und was ist mit deiner Schulter?"

,,Eine Runde werde ich schon aushalten." Er zog sich sein Shirt aus und glitt neben mich ins Wasser, schief grinsend.

«Indigo reminds me of you»Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt