Kapitel 9

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Die Zeit bis zu meiner Entlassung verlief letztendlich sehr viel schneller als erwartet. Paulina hatte mir aus der Schule die Arbeitsblätter mitgebracht und ihre Notizen kopiert, sodass ich auf dem laufenden blieb.
Außerdem hatte ich die Serie The Paradise für mich entdeckt und gleich zwei mal gesehen.
Da sich mein Zustand so sehr verbessert hatte, wurde ich sogar schon am Sonntag entlassen.
Allerdings war ich auch für die kommende Woche noch krank geschrieben und meine Mutter hatte eine ganze Weile mit mir darüber gestritten, ob ich nun zu dem Konzert gehen dürfe oder nicht. Am Ende entschied die Tatsache, dass ich mit 18 Jahren alt genug war, um selbst zu entscheiden, was ich tue und was nicht.
Also sitze ich nun vor meinem Schminkspiegel, die nassen Haare fallen mir ins Gesicht und ich überlege, wie ich mich schminken soll. Ich entscheide mich für ein sehr dezentes Make-up, trage Foundation, Wimperntusche und etwas Lidschatten auf. Dann drehe ich mich um und betrachte von meinem Platz aus den Kleiderschrank. Eine weiße Bluse mit Lochspitze und eine blaue Boyfriend-Jeans erscheinen mir passend. Dazu könnte ich die neuen hellblauen Sneaker kombinieren. Ich nehme die Sachen und lege sie auf mein Bett. Ja, das sieht cool aus!
Paulina kommt direkt nach der Schule zu mir. Wir essen mittag und sie erzählt mir, was ich in der Schule gerade so verpasse: Melina und Luca haben sich wohl - mal wieder - voneinander getrennt. Diesmal hatte Luca wohl etwas mit einem Mädchen aus der 10. Klasse gehabt.
Merit erzählte anscheinend schon die gesamte Woche herum, dass sie dank ihres Vaters einen Platz auf der Gästeliste fürs Wincent Weiss-Konzert hätte und eine Person mitnehmen könne. Merit hatte Paulina gefragt, aber Paulina war ja schon mit mir für das Konzert verabredet. Es handelte sich hierbei mal wieder um so eine typische Merit-Aktion: Merit und Paulina waren in der Grundschule beste Freundinnen. Doch dann kam ich in der siebten Klasse dazu und Paulina und ich verstanden uns auf Anhieb als wären wir Zwillingsschwestern. Seitdem versucht Merit mit allen möglichen Mitteln, Paulina und mich gegeneinander auszuspielen. Bis wir ihre Masche erkannt hatten, hatte es eine Weile gedauert. Mittlerweile jedoch war uns bewusst, was Merit bewirken wollte.
Nur zu gerne hätte ich ihr Gesicht gesehen, als Paulina ihre Einladung zum Wincent Weiss-Konzert ablehnte, aber sie beschrieb es so gut, dass ich es mir bildlich vorstellen konnte.
Mit wem Merit nun heute abend zum Konzert gehen würde war wohl noch offen, aber wir würden es dann ja möglicherweise sehen. Das einzige, was mir Sorgen bereitet, ist der Gedanke daran, dass sie in der Schule herumerzählen könnte, dass ich trotz Krankschreibung auf dem Konzert gewesen wäre. Letztenendes entschied ich mich dafür, mich nicht verrückt zu machen und stattdessen den uns bevorstehenden Abend zu genießen.

Ich betrachte das Outfit das ich zusammengestellt habe im Spiegel. Es gefällt mir und ich fühle mich wohl darin, also werde ich nichts daran ändern. Paulina mustert mich von der Seite. „Das sieht cool aus, das kannst du anbehalten" sagt sie dann.
Ja, sie hat recht, es sieht gut aus. Es sieht nach mir aus.
Langsam steigt die Aufregung in mir. Wir müssen uns demnächst auf den Weg zur Location machen. In weniger als einer Dreiviertelstunde werde ich ihn wiedersehen. „Hast du die Tickets?" fragt mich Paulina als ich etwas Geld, Smartphone und den Kleinkram, den frau sonst so benötigt, in die kleine Umhängetasche packe. Ein Glück dass sie mich erinnert, denn die Tickets hätte ich in der Aufregung tatsächlich beinahe vergessen.

Wincent und Emilia (Wincent Weiss-Fanfiction) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt