Kapitel 10

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Die Lautsprecheransage ertönt und kündigt die Station an, an der wir aus der U-Bahn aussteigen müssen. Mittlerweile bin ich dermaßen aufgeregt, dass ein Kribbeln meinen ganzen Körper durchfährt. Er hat mir zwar keine Uhrzeit genannt, aber ich hoffe jetzt einfach darauf, dass 15 Uhr nicht zu früh und nicht zu spät ist.
Wir müssen noch ein Stück laufen bis zur Location und irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Meter, die mich noch von diesem Ort trennen, nicht weniger werden sondern mehr.
"Emilia, können wir bitte mal etwas langsamer gehen? Ich habe nicht so lange Beine wie du!" ruft Paulina schnaufend. Offensichtlich läuft sie nicht, wie ich bisher vermutet hatte, direkt neben sondern mindestens einen Meter hinter mir. Ich bleibe abrupt stehen und warte auf sie. Es fällt mir zwar nicht leicht, aber ich versuche trotzdem, mich auf Ihr Tempo einzulassen. Mit etwas Mühe gelingt es mir.
Wir biegen gerade um die Straßenecke, als sich hinter uns das Dröhnen eines Automotors nähert und uns schließlich ein dunkelblaues, nagelneues Mercedes-Cabriolet mit offenem Verdeck überholt. Es fährt wenige Meter in die Straße rein und bleibt dann relativ abrupt stehen. Die Fahrertür öffnet sich, ein junger Mann steigt aus, dreht sich in unsere Richtung und nimmt die Sonnenbrille ab. Er ist es.
Er trägt ein weißes T-Shirt, blau-verwaschene löchrige Jeans und weiße Sneaker und sieht einfach nur phänomenal gut aus wie er da so steht und sich langsam ein zutiefst ehrliches und zufriedenes Lächeln auf seinem Gesicht breit macht. Schließlich verlässt er seine Position und kommt langsam aber zielstrebig auf uns zu. Seitdem er aufgetaucht ist, habe ich mich keinen Meter von meinem Platz entfernt und obwohl ich ihm eigentlich entgegen gehen möchte, scheinen meine Beine plötzlich die Konsistenz von Wackelpudding angenommen zu haben. Widerwillig muss ich also einsehen, dass ich hier gerade einfach nicht wegkomme - was auch was positives hat, möglicherweise wäre ich sonst noch im letzten Moment weggerannt.
Mittlerweile steht er knapp einen halben Meter vor mir. Langsam und vorsichtig hebt er die Hand, um mir eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen. "Hey" sagt er leise und dann schenkt er mir ein Lächeln, so voller Glück und Freude strotzend, dass mein Herz für einen Moment aussetzt. Wow. Das, was dieser Mensch seit unserer ersten Begegnung in mir auslöst, macht mir Angst. Und gleichzeitig genieße ich dieses Gefühl, es ist wie ein Rausch, nur tausendmal besser. "Hey" antworte ich und erwidere sein Lächeln so gut es irgendwie geht. Dann wendet er sich Paulina zu und begrüßt auch sie. "Habt Ihr Lust auf eine kleine Probefahrt? Ich überlege gerade, ob ich mir so ein Cabriolet kaufen soll. Kennt ihr hier eine gute Gegend um das schöne Wetter zu genießen und eine kleine Spritztour zu machen?" fragt er schließlich.
"Aber na klar, kennst du das Alte Land?" antwortet Paulina. Ich kann immer noch nicht anders als ihn anzustarren und den Moment zu genießen.
Nach einem kurzen Gespräch mit Paulina steigen wir schließlich ein. Paulina setzt sich auf die Rückbank während er mir die Tür aufhält und ich mich auf den Beifahrersitz setze. Er schließt die Tür, geht ums Auto herum und setzt sich auf den Fahrersitz. Während er den Motor einschaltet, drehe ich mich um und schaue verlegen zu Paulina, die mir verschwörerisch zuzwinkert und sich dann ihre Kopfhörer in die Ohren steckt. Okay Emilia, ganz ruhig. Atme einmal tief ein und dann sei einfach du selbst und genieße diesen Moment.

Wincent und Emilia (Wincent Weiss-Fanfiction) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt