3. Verfolgt?

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Ich wachte augenblicklich auf. Schweißgebadet saß ich aufrecht da und ließ meinen Blick durch die dunkle Höhle gleiten. Dieser Traum kam mir so real vor...

...Ich stand mitten im Nebel. Meine Hand vor Augen war kaum sichtbar. Neben mir stand Nina, ihr Blick war ausdruckslos nach vorne gerichtet, ihr Körper starr. Es war ein unnormaler Anblick, doch wie ich sogleich feststellte, war das...nein Er noch viel unnormaler. Trotz des dichten Nebels konnte ich klar und deutlich eine Silhouette eines scheinbar 2 Meter großen Mannes erkennen. Selbst der Anzug und das nicht vorhandene Gesicht waren zu erkennen und trotzdem wusste ich, dass er mich ansah. Immer seinen Blick auf mir spürend und meinen eigenen hektischen Atem lauschend sah ich die glänzende Klinge des scharfen Messers in seiner Hand. Ich wollte wegrennen, schreien, doch mein Körper erlaubte es mir nicht. Und so musste ich hilflos zusehen, wie dieser Mann auf uns zukam, bis er vor uns stand und das Messer hob, dann ließ er es hinuntersausen. Ich bekam Tränen in den Augen und die Luft blieb mir weg, als ich sah, dass die Klinge mitten in Ninas Körper versenkt war. Ich konnte nichts tun, während sich vor meinen Füßen eine Blutlache bildete. Immer noch brachte ich keinen Ton heraus. Ich fühlte mich so alleine. So hilflos. Ich vernahm noch ein Rauschen und ein einziges Wort, das mich zurück in die Realität riss. "Slender."

Ich beruhigte mich langsam. Meine Hände zitterten und meine Kehle war trocken, weshalb ich ein Schluck vom Wasser nahm, bevor ich mich wieder hinlegte. Ein Blick zur Seite verriet mir, dass es Nina gut ging. Dafür war ich unendlich dankbar. Nachdem ich mich beruhigt hatte, legte ich mich wieder hin, doch ich konnte nicht einschlafen. Zum ersten waren wir mitten im Nirgendwo in einem dunklen Wald und zum anderem machte mir der Traum ernsthaft zu schaffen. Kennt ihr das Gefühl, wenn ein Traum irgendwas zu bedeuten hat? Irgendwie mit der Realität verbunden sein muss? Genau dieses Gefühl ergriff Besitz von mir und hinderte unter anderem mich daran, einzuschlafen. Um nicht länger daran denken zu müssen, befasste ich mich stattdessen mit etwas anderem. Meine Eltern machten sich bestimmt Sorgen, ich war immerhin schon seit über einen Tag verschwunden. Ich musste bei dem Gedanken schlucken, meine Mutter weinend und am Boden zerstört zu sehen. Als ich weiter darüber nachdachte, kam mir eine Idee. Schnell zog ich mein Handy aus der Hosentasche und schaute darauf. Tatsächlich, ich hatte Empfang. Ein Blick auf die Uhr, es war 0:45. Ich überlegte kurz und tippte dann schließlich die Nummer meiner Mutter ein. Ich musste ihr wenigstens Bescheid sagen, dachte  ich, als es klingelte. Ich biss mir auf die Lippe, als immer noch keiner ran ging. Doch dann riss ich mein Handy blitzschnell zurück, als ein ohrenbetäubendes Rauschen zu hören war. Ein Blick auf den Display. Dort war der Mann aus meinem Traum abgebildet. Ich erschrak so sehr, dass ich mein Handy wegwarf, dieses kam hart auf den felsigen Boden auf und der Display wurde augenblicklich schwarz. Auch mein Schrei und das Rauschen waren verstummt, als sich etwas regte. Nina sah mich leicht erschrocken an und murmelte ein "Was ist los?" Ich zitterte sehr stark und mein Atemrhytmus war unregelmäßig, als ich flüsternd antwortete:"N-Nina, irgendetwas stimmt hier nicht."

Sofort war sie wach und setzte sich auf. Sie sah wohl, wie stark ich zitterte, denn plötzlich umarmte sie mich. Ich wurde langsam ruhig und beschloss, erst einmal die Taschenlampen rauszuholen, bevor ich anfing, im Schein der Lampe zu erzählen. Nun fing auch Nina an zu zittern, als sie antwortete:"Ich hab diesen Mann auch gesehen, von ihm stammte das Messer, das du dahingele ... Moment, wo ist es?" Sie sah sich um, ich tat es ihr gleich, doch das Messer war weg. Das Einzige was ich erblickte, waren die Felsenwände. "Nina, wir müssen hier schnell weg, ich werde so noch verrückt", sagte ich an sie gewandt. Obwohl ich sie nicht ansah, wusste ich, dass sie nickte:"Es wird schon heller, ich schlage vor, dass wir uns auf den Weg machen." Gesagt, getan. In weniger als fünf  Minuten liefen wir bereits wieder durch den noch halb dunklen Wald. Es war leicht neblig und nur unsere Schritte waren zu hören. Ich konnte kaum etwas erkennen, weshalb ich zu Nina sagte:"Gibst du mir mal die Taschenlampe?" "Taschenlampe?", wiederholte sie darauf. "Hast du sie nicht? Ich denke, du hattest den Rucksack mitgenommen." "Was? Heißt das jetzt etwa ..." "Wir haben den Rucksack vergessen?", fügte Nina hinzu. "Oh nein! Wollen wir zurückgehen?", fragte sie mich. "Nein", sagte ich zögernd. Wir beide wussten, wie wichtig der Rucksack war, immerhin waren dort Lebensmittel, Trinken, Taschenlampen und eine Decke darin. Alle diese Dinge hätten wir natürlich gerne behalten, doch die Umstände erlaubten es nicht. "Ich will auf keinen Fall zurück", stellte ich klar. "Egal, wie wichtig der Rucksack ist, ich will nie wieder diesem schwarzen Typen begegnen. Wer weiß, was der mit uns anstellt, wenn wir ihm das nächste Mal begegnen?" "Du hast recht. Wir sollten jetzt weitergehen", stimmte Nina mir zu. "Ja", antwortete ich.

Wir liefen jetzt schneller, immer mit dem Gedanken, dem mysteriösen Mann zu begegnen. Ich sah mich immer um, doch konnte nichts Außergewöhnliches hören, bis ich ein Knacksen vernahm. Blitzschnell drehten wir uns in diese Richtung und warteten angespannt auf den Verursacher. Schweißperlen rannen meine Stirn herunter und ich atmete wieder hektischer. Ob es dieser Mann war? Dieser Mann, den ich in meinem Traum gesehen hatte? Der Mann, den Nina schon zweimal in diesem Wald gesehen hatte? Der Mann, der uns verfolgte? Ein Moment der Stille verging, dann hörte ich es, Schritte. Sie kamen näher und ich erstarrte, als dort ein Reh heraussprang. Erleichtert atmete ich aus, Nina neben mir entspannte sich ebenfalls. Das Reh vor uns war noch ziemlich klein und wir bewunderten es, als es immer näher kam. Nun stand es direkt vor uns, wir machten keinen Mucks, um es nicht zu verscheuchen. Da bemerkte ich, dass es einen Zettel um den Hals gebunden hatte. Ich stupste Nina an, blieb aber stumm, ich zeigte lediglich auf den Zettel und bewegte meine Hand ganz vorsichtig darauf zu. Das Reh blieb seelenruhig stehen, als ich mich an der Schleife zu schaffen machte, was mich etwas wunderte. Erst als ich den Zettel abnahm, sprang das Reh leichtfüßig davon und wir sahen ihm hinterher, bis es weg war. Nun betrachtete ich den Zettel in meiner Hand und faltete ihn auseinander. Es war ein schmutziges DIN A4-Blatt auf dem etwas draufgeschrieben war. Dort stand in Großbuchstaben "HELP ME".

Ich runzelte die Stirn, auch Nina neben mir stand verwirrt da und keiner von uns brachte einen Ton heraus. Es vergingen einige Minuten, als ich mich wieder gefasst hatte. "Vielleicht waren das nur Kinder, die das aus Spaß gemacht haben oder zum Spielen." Wow, ich glaubte mir diese Ausrede selbst nicht. Ich meine, zuerst hatte Nina zweimal einen zwei Meter großen Mann ohne Gesicht gesehen und dann war auch noch das mit meinem Handy passiert (welches immer noch in der Höhle lag, da ich mich nicht getraut hatte, es mitzunehmen). Obwohl das alles passiert war, obwohl die Beweise existierten, wollte ich das nicht glauben, ich konnte nicht. Nina riss mich aus meiner Starre, indem sie meine Hand nahm und mich mitzog. Ich zitterte stark und obwohl es bereits hell wurde, war mir eiskalt. Wir liefen einige Minuten schweigend nebeneinander und ich hätte gerne gewusst, was Nina wohl die ganze Zeit dachte. Doch ich fragte nicht nach, ich wollte und konnte nicht. Das Einzige, was wir taten war laufen, so lange bis ich etwas vor uns erblickte. Ich erkannte, dass das vor uns ein Zaun war. "Der war vorher noch nicht hier, oder?", fragte Nina und ich merkte, wie ihr Optimismus urplötzlich sank. Ich sah nach rechts, dann nach links. Der Zaun schien kein Ende zu nehmen. Ich glaube, ich wurde noch nie in meinem Leben so bleich, als ich das Wort ergriff. "Nina, ich kann kein Ende des Zaunes sehen. Das bedeutet, wir sind hier gefangen mit -" ... Weiter kam ich nicht, denn ich spürte nun eine Hand an meiner Schulter. Ich traute mich nicht zu atmen, geschweige denn mich zu bewegen. Nina starrte ängstlich hinter mich und ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass diese eiskalte Hand Ihm gehörte.

Slender-Die JagdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt