Rebecca Swan

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Als Dean aufwachte, war Castiel verschwunden. Niemand wusste wohin, also frühstückten sie zu dritt. Am Tisch herrschte eine komische Stimmung. Bobby und Sam schienen wohl irgendein Pro­blem miteinander zu haben und redeten nur Bruchstücke.
Eigentlich hatte er Castiel mit seiner Engelsidentität konfrontieren wollen, doch stattdessen saß er nun allein hier mit den beiden Streithähnen. Wahrscheinlich war Castiel gegangen, weil er fürchtete Dean würde nicht mit den Neuigkeiten klarkommen. In Wahrheit freute er sich darüber, dass sie jetzt quitt waren und er sich keine Vorwürfe mehr machen musste ein Freak zu sein.
Der hübsche, silberne Anhänger in seiner Hand erinnerte ihn daran, was er in der kommenden Wo­che vorhatte. Da Sam mit seiner Erkältung kämpfte, wollten sie den nächsten Fall erst in ein paar Tage antreten. Also nutzte Dean seine Freizeit, um Rebecca aufzuspüren. Er konnte es kaum abwarten sie kennenzulernen, brodelte wie ein Vul­kan und brauchte dringend den Sex, den er sich beim letzten Mal nicht hatte holen können.

Verkleidet als Reicher Geschäftsmann, beauftragte er einen Privatdetektiv. Es dauerte nur wenige Tage, da erhielt er den Anruf, seine Zielperson sei gefunden. Noch am gleichen Abend machte sich Dean auf den Weg zu der Adresse, die der Mann ihm genannt hatte und landete in Los Angeles.
Er war bisher schon einige Male in der „Stadt der Engel" gewesen, doch dieses Mal, das wusste er, würde es et­was Besonderes werden.
Selbstbewusst schlenderte er durch die sonnigen, breiten Straßen. Nur noch wenige Meter trennten ihn von Rebecca Swan, seiner poetischen Traumfrau. Er erreichte das besagte Café, wo sie (laut des Detektivs) jeden Freitag ihre Mittagspause verbrachte, um einen Erdbeerbecher zu essen.
Er suchte also nach einer jungen Frau mit dunklen Haaren im Business Outfit, die einen Erdbeerbe­cher aß. Diese Beschreibung traf nur auf eine Person in diesem Café zu.
Da saß sie. Er konnte es kaum glauben. Sie war groß und schlank mit rotem Lippenstift und ge­flochtenen braunen Haaren. Ihr kurzer Business Rock erlaubte beinahe einen Blick zu ihren Beinen hinauf. Dean wurde rot. Sie war wirklich der Jackpot.
Er nahm all seinen Mut zusammen, ging zu ihrem Tisch und sagte: „So schwarz wie Ebenholz schimmert dein Haar, meine Prinzessin, nun da ich dich endlich finden durfte."
Die junge Frau hob verwirrt den Kopf, starrte ihn an und brach in lautes Gelächter aus. „Wie bitte?!"
„Äh – Sie sind doch Rebecca Swan, oder nicht?", stammelte Dean und kam sich plötzlich blöd vor. Er hatte sich solche Mühe mit diesen Zeilen gegeben, genaugenommen eine ganze Nacht daran ge­sessen, und nun lachte sie darüber?
„Ja, die bin ich. Und Sie, Romeo?", kicherte sie und steckte nun auch ihre Tischnachbarin an. Dean biss sich verärgert auf die Lippe. Dann eben anders.
„Mein Name ist Dean. Ich wollte Sie nur ein klein wenig beeindrucken. Wenn nicht mit einem Ge­dicht, dann vielleicht mit einem Drink?"
„Nein danke, ich muss gleich noch arbeiten.", meinte sie und löffelte ihren Eisbecher. „Setzen Sie sich doch, Dean. Sie machen mich ganz nervös mit ihrer Herumsteherei." Dean setzte sich auf einen freien Stuhl an ihrem Tisch.
„Sie sind sehr hübsch.", sagte er und klimperte mit den Wimpern, das funktionierte immer und siehe da – auch jetzt.
„Sie aber auch.", lächelte sie und leckte sich über die roten Lippen.
„Wann haben Sie Feierabend?", fragte Dean ungeduldig. Er konnte es kaum abwarten, zu sehen, wie diese Lippen etwas anderes ableckten...
„Holla, Sie gehen ja ran! Wir kennen uns doch kaum."
„Ja klar", dachte Dean. „Du weißt alles über mich, sogar mehr als mein Bruder, obwohl er mit mir aufgewachsen ist. Du kennst meine Lieblingskarre, meine Lieblingsbands und wahrscheinlich sogar das Hotel, in dem ich gerade eingecheckt habe. Elende Heuchlerin."
Dean grinste vor sich hin. „Ich bin eben ungeduldig. Sie sind wirklich eine tolle Frau, Rebecca." Rebecca überlegte kurz, dann lächelte sie. „Na gut, warum nicht." Sie hatte ihren Eisbecher aufge­gessen und stand nun vom Stuhl auf. „Ich muss zurück zur Arbeit. Treffen Sie mich nachher um acht, genau hier."
Dean winkte ihr zum Abschied. Dann strich er sich genervt durch die Haare. Was für ein blamabler Auftritt, aber zum Glück hatte er sich erfolgreich aus der Misere gerettet. Irgendwie hatte er sich ihr erstes Treffen anders vorgestellt. Diese Frau kannte seine tiefs­ten Bedürfnisse. Sie wusste, wie man ihn dazu brachte, glücklich zu sein und das hatte sie bisher nur mit einfachen Geschenken bewirkt. Er hatte erwartet, dass sie dieses Talent auch von An­gesicht zu Angesicht besaß, doch scheinbar schien das romantische Mädchen, das ihm Gedichte schrieb, ein verborgener Teil ihrer Persönlich­keit zu sein, während sie vorgab eine Femme Fatale zu sein. Diese Variante war zwar auch inter­essant, doch minderte nicht seinen Anflug von Enttäu­schung.
Da klingelte sein Handy. Er erwarte Sam, doch auf dem Display las er den Namen einer Person, die seine Laune automatisch besserte. „Castiel! Hey, wie geht es dir?"
„Hallo Dean, ich habe gehört, du bist in L.A."
„Ja, woher weißt du das?"
„Ich war noch mal bei Bobby Singer, ich hatte dort etwas Wichtiges vergessen.", erklärte Castiel.
„Zum Beispiel zu erwähnen, dass du ein Engel bist."
„Es tut mir leid, Dean... ich weiß ich hätte es dir sagen sollen. Deswegen rufe ich an.", sagte er. „Ich wohne in Los Angeles. Vielleicht könnten wir die Gelegenheit nutzen uns mal wieder zu treffen."
„Zum Beispiel jetzt?", fragte Dean. „Ich sitze gerade in einem Eiskaffee und mache sozusagen Ur­laub."
„Oh, ich würde zu gern vorbeikommen, aber ich kann gerade nicht weg. Ich habe dir doch von der Kampagne er­zählt... die Vorbereitungen dafür sind in vollem Gange."
„Wie wäre es mit morgen? An einem Samstag hast du doch bestimmt Zeit für mich?", grinste Dean.„Vielleicht könnten wir ja an meiner Comp Card arbeiten."
Castiel hielt den Atem an. „Soll das heißen du -"
„Ja, ich habe meine Meinung geändert!"
„Oh Dean, das ist eine Nachricht, die ich wirklich gut gebrauchen kann!", rief Castiels freudige Stimme. Für einen Moment lauschte Dean seinen beschleunigten Atemzügen, die leise im Hörer wi­derhallten. Schade, dass er nicht neben ihm saß. So konnte er sich seinen Duft nur vorstellen, seine elfenhaft weißen Handgelenke, die bei der leisesten Gefühlsregung zitterten...
„Castiel...Was für ein Parfum benutzt du?", fragte Dean plötzlich. Daraufhin blieb die Leitung für eine halbe Minute still. „Bist du noch da?"
„Ich... benutze kein Parfum.", antwortete er verwirrt.
„Oh." Nun verstummte Dean. Das war unmöglich. Wahrscheinlich wollte Castiel nicht, dass jemand sein Parfum nach­kaufte und behielt es deshalb für sich. Er beschloss nicht weiter nachzuhaken, den peinlichen Moment zu vertuschen und Castiel noch einen schönen Tag zu wünschen.


Wenig später meldete sich Sam, um nach seinen Fortschritten zu fragen. Als Dean ihm erzählte, dass er Rebecca am Abend traf, riet er ihm wiedermal zur Vorsicht. Dean hörte sich den Vortrag sei­nes Bruders an, doch dachte nicht daran, sich zurück zu halten. Er wollte diese Frau, wie er noch nie zuvor jemanden gewollt hatte.
Den halben Tag verbrachte er damit sich für sie zu pflegen und zurecht zu machen. 100 Dollar gin­gen dafür drauf, doch das Ergebnis konnte sich sehen und vor allem fühlen lassen. Wahr­scheinlich war sein Körper noch nie so makellos glatt gewesen. Beim Gedanken an den heißen Sex, den er heute Nacht noch haben würde, wurde ihm beinahe schwindelig und zum ersten Mal seit Wochen griff er wieder zur Zigarette. Eine frisch gekaufte, rote Packung Marlboro sollte seine angespannten Nerven beruhigen.
Da kam sie, ihre dunklen Haare wehten nun offen im Wind, wie das Haar einer Amazone. Ihr enges Kostüm war vorne aufgeknöpft und wenn man sich bemühte, sah man das Paradies auf Erden; zwei prall gereifte, große Brüste, zwischen denen sich Dean am liebsten sofort vergraben hätte. Stattdes­sen stand er nur benommen vor ihr und leckte sich über die Lippen. „Hey, schöne Dame."
„Haben Sie dieses Mal etwa kein Gedicht auf Lager?"
„Das überlasse ich lieber Ihnen.", grinste er, doch sie ging nicht auf seine Anspielung ein.
„Wissen Sie schon, wo wir hingehen? Ich kenne einen tollen Pub in der Nähe.", schlug sie vor.
„Klingt gut."
Also gingen Dean und Rebecca in einen Irish Pub und lernten sich bes­ser kennen. Er wollte alles über sie wissen, doch sie reagierte eher verhalten und wollte nicht viel über sich preisgeben. Er er­fuhr, dass sie 28 Jah­re alt und Managerin eines erfolgreichen Unternehmens war, doch sie erzählte ihm nicht, wie das Unternehmen hieß. Wahrscheinlich verdiente sie viel Geld, al­lein ihre Ohrringe mussten ein Vermögen wert sein. Sie schien wie verssessen zu arbeiten und Dean fragte sich, wie sie die Zeit aufbringen konnte sich auch noch heimlich mit seinem Leben zu befassen. Scheinbar war sie ein wahres Multitasking Talent.
„Wieso hast du befürchtet ich könnte dich hassen?", fragte Dean mitten in ihren Satz hinein. Gerade erzählte sie von ihrem Exfreund, einem Typen aus der Telefonbranche, der sie für eine Se­kretärin hatte sitzen lassen.
„Mich hassen?", fragte sie irritiert. „Das habe ich nie gesagt!"
Verflucht, das stammte aus dem Brief, den Dean im Papierkorb gefunden hatte - natürlich wusste sie nicht, das er Dean in die Hände gefallen war.
„Oh – Da habe ich wohl etwas missverstanden.", entschuldigte sich Dean und hoffte sie würde es dabei belassen. Tatsächlich kam sie gleich wieder auf ihren Exfreund zurück und auch Dean sprach über seine letzte Beziehung. Je länger sie sich unterhielten, desto begehrenswerter fand er sie. Sie hatte alles, was ihn an einer Frau reizte, war sexy, witzig, intelligent... trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, dass irgendwas fehlte, das sie zur der Frau machte, die ihm diese Gedichte schrieb.

Als der Abend später wurde und sie einigermaßen angetrunken waren, schlug sie vor in einen Club zu gehen. Auch wenn Dean anfangs dagegen war, wollte er ihr nicht die Laune verderben. Die harte Technomusik bereitete ihm Kopfschmerzen, doch er gab sich Mühe sie ihr zuliebe zu ertragen.
Der Dancefloor quoll über vor Menschen und neonfarbenen Lichtern. Irgendwo zwischen all dem packte er Rebeccas Hüfte und zog sie an sich. Er küsste sie, während sie im Gemenge tanzten. Die Luft flimmerte, so heiß war es im Club. Er musste sie jetzt nachhause bringen, über sie herfallen und einen gewaltigen Orgasmus erleben, sonst würde er noch verrückt werden. Er konnte ihre auf­reizenden Blicke nicht länger ertragen.
„Ich will dich...", flüsterte er ihr in den Nacken und sie bekam eine Gänsehaut. „Lass uns von hier verschwinden."
Ihre roten Lippen lächel­ten verführerisch. „Ich glaube ich habe eine bessere Idee."
Sie packte ihn am Arm und zog ihn mit sich. Sein verschwommener Blick realisierte nicht, wo sie ihn hinbrachte, nur, dass es deut­lich dunkler um ihn herum wurde. Bald war die Umgebung so schwarz, dass man kaum noch die eigene Hand vor Augen sah. Der elektronische Beat drang nur noch dumpf durch die massiven Betonwände. Ein Keuchen und Stöhnen erfüllte die dicke Luft. Es roch nach Sex.
„Wo sind wir?", fragte er, obwohl er es eigentlich schon wusste.
„In einem Darkroom. Aufregend, oder?" Sie grinste schmutzig, dann packte und küsste sie Dean. Er rang nach Luft, warf unruhige Blicke in alle Richtungen. Er wollte nicht mit fremden in einem Raum sein, wenn er Sex hatte, nicht einmal, wenn es dunkel war. Rebecca hingegen, schien Gefal­len daran zu finden. Sie machte sich bereits am Zipper seiner Jeans zu schaffen, also schloss er die Augen, versuchte sich nur auf sie zu konzentrieren, doch die Art, wie sie ihn berührte, war das nächste Problem. Sie war sehr forsch und forderte gleiches von ihm. Immer wieder packte sie ihn an den Haaren, um ihm zu zeigen, dass er aggressi­ver werden durfte. Viele Frauen erwarteten dieses Verhalten von ihm und eine Zeitlang hatte er sei­ne Macht genossen und mitgespielt, doch mittler­weile war er müde diese Rolle spielen zu müssen. Die Frauen waren doch alle gleich. Sensibel soll­te man als Mann sein und reden können, aber im Bett wollten sie einen Macho Typen, der sie so hart ran nahm, dass es schon fast an Vergewaltigung grenzte. Er hätte viel darum gegeben so einer zu sein, doch er war es nicht. Ganz im Gegenteil.
Da er in den letzten Tagen keine Zeit zum masturbieren gehabt hatte, bekam er trotzdem eine Erek­tion. Als sie sich auf ihn setzte, erlebte er einen kurzen Augenblick des Genusses. Sie war so feucht, dass er leicht eindringen konn­te, doch das Tempo, das sie von ihm verlangte, war unmenschlich. Nach der ersten Viertelstunde Stunde konnte er nicht mehr.
„Was ist los, Baby... machst du schlapp?", raunte sie, ihre Stimme war so rau und sexy, dass er sich ein letztes Mal zusammenriss in sie zu stoßen. Er versuchte sich auf ihre Stimme zu kon­zentrieren, dieses süße, heisere Geräusch, das einzige an ihr, was nicht grob war. So konnte er end­lich kom­men, das Kondom von seinem malträtierten Instrument ziehen und die Sache beenden. Sie war nicht ge­kommen, doch das interessierte ihn nicht. Er würde sie auch nicht mehr zum Orgasmus bringen, das durfte sie nun selbst tun und während sie es tat, beobachtete sie ihn, sein hüb­sches, verschwitztes Gesicht, ohne zu ahnen, dass er Schmerzen hatte. Ja, sein Schwanz tat weh vom Rhythmus dieses abnormalen Tempos. Er wartete, bis sie gekommen war, doch zog sich schon wäh­renddessen wieder an. Dann warf er ihr einen letzten, missbilligenden Blick zu, den sie sicher nicht verdient hatte, doch er konnte nicht anders, wollte sie nicht mehr sehen, nie wieder etwas mit ihr zu tun ha­ben. Er ging einfach wortlos nach draußen und hörte sie „Dean!" rufen. Nun wusste er es mit Sicherheit, sie war nicht seine Rosenlady.  

EVER THINEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt