5 ~ Leid

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Sophia.
Es war wirklich Sophia.
Und mir schossen tausende Gedanken durch den Kopf, was sie nun von mir wollen würde.
Hatte sie sich verwählt? Wollte sie mich zurück? Ich verstand die Welt nicht mehr, deswegen starrte ich einfach nur auf mein Handy.
„Komm' schon, geh ran..“, sagte Rewi leise und stieß mir in die Seite, was mich aus meinen Gedanken holte.
Ich hatte einen unglaublichen Kloß im Hals, und mein Herz drohte mir aus der Brust zu springen, als ich mein Handy in die Hand nahm und ranging. Als ich das Handy an mein Ohr hielt, brachte ich kein Sterbenswort über die Lippen, ich verließ einfach nur kurz den Raum, um meine Ruhe haben zu können.

„Felix?“, ertönte ihre Stimme.
Ich hatte sie schon so lange nicht mehr gehört und es fühlte sich an, als würde sie wie eine Lawine über mich drüberbretten.
„Bist du da..?“, fragte sie erneut.
„Ja.“, krächzte ich beinahe.
„Ich wollte nur sagen, dass ich gerne meine Sachen abholen würde.. Am liebsten jetzt schon. Hast du Zeit? Wenn nicht, dann halt morgen oder so, ist nicht schlimm.“, sprach sie.
Ich starrte einfach nur Rewis Schreibtisch an, denn ich war während des Telefonats keine Sekunde still stehen geblieben. Und letztendlich hatte ich mich in Sebastians Büro verkrochen.
„Du willst echt gehen..?“, war meine Gegenfrage. Ich klang echt nicht so hart, wie ich eigentlich immer vor ihr tat, oder sogar war. Ich fühlte mich, als wäre eine Stütze, die mich irgendwie am Leben hält einfach so zusammengebrochen.
Ein Seufzen auf der anderen Seite der Leitung.
„Es tut mir leid, aber das kann so nicht weitergehen, Felix.“, sagte sie möglichst ernst, aber ich hörte, dass es ihr auch nicht leicht fiel. Es war ja nicht so, dass sie mich plötzlich nicht mehr liebte.
„Sophia..“, fing ich verzweifelt an, aber sie unterbrach mich schnell.
„Nein, Felix, ich kann auch gar nicht lange telefonieren und ich will auch nicht.. Alles über das Telefon klären.. Kann ich nun vorbeikommen?“
„A-aber..“, ich stammelte, „in einer Stunde ist gut.“
„Bis gleich, dann..“, verabschiedete sie sich bedrückt und legte nach wenigen Sekunden der Stille auf. Ich wusste nicht, wie ich mich verabschieden sollte. Ich wollte mich auch gar nicht von ihr verabschieden, ich wollte sie überzeugen, dass wir das schaffen können, wenn wir nur wollen, aber ihr Desinteresse daran raubte mir langsam jegliche Hoffnung und ließ mich auch langsam dran zweifeln, ob wir noch eine Chance hatten.
Aber was war ich denn ohne sie?
Ich war nichts. Nichts außer ein Wrack.

Ich saß auf Rewis Schreibtischstuhl und starrte einfach nur auf den Standbi-Bildschirm. Ich hatte mich schon länger nicht mehr so leer gefühlt. Und wenn ich drüber nachdachte, dass ich Sopse gleich gegenübertreten musste, fragte ich mich, wie ich es schaffen sollte nicht zu heulen.
Das würde meinem Stolz auch viel zu krass schaden, aber ich glaubte gerade, dass ich mich nicht halten könnte, wenn ich sie sehen, aber nicht küssen dürfte, wie als ob alles okay wäre.

Als ich in meinen tiefsten Gedanken auch noch die Tür aufgehen hörte, wollte ich fast schon losbrüllen, dass ich meine Ruhe will, aber da kam kein Ton aus meiner Kehle.
Rewi schaute ins Zimmer und kam schlussendlich auch rein, schloss die Tür hinter sich.
„Sie will ihr Zeug abholen.“, sagte ich direkt, weil ich mir schon denken konnte, was er fragen wollte.
„Wann?“, hakte er nach.
„Stunde.“, sprach ich ausdruckslos.
„Soll ich dich fahren? Ich warte dann im Wohnzimmer oder so.“, schlug er mir vor.
Ich wollte aus Prinzip, aus der Laune, aus dem Affekt ablehnen, aber ich nickte. Vielleicht sollte ich gleich nicht alleine sein. Vielleicht war es besser.
Rewi blieb vor mir stehen und hielt mir die Hand hin.
„Komm, wir fahren.“
Ich streckte die Hand zu ihm aus, und er zog mich auf die Beine.
So wie er es die letzten Tage durchgehend tat.

Halbherzig und zügig verabschiedete ich mich von den Jungs und ließ mich von Rewi zu mir fahren. Wir schwiegen die ganze Zeit, er stellte keine Fragen, was mir mehr als recht war. Für sowas war ich Rewi dankbar. Er wusste immer, wann ich reden wollte und wann nicht, er konnte mich und meine Launen schon immer perfekt einschätzen. Vom ersten Tag an.

Bei mir Zuhause sprachen wir auch nicht sonderlich viel, Rewi hatte nur gefragt, ob wir ihre Sachen nicht schonmal in Kisten packen sollten, damit ich nicht allzu lange so belastet sein muss. Und so führte es hierzu, ich packte ihre Anziehsachen in Kisten und guckte zu, wie unser gemeinsamer Kleiderschrank zu 60% geleert wurde.
Ich hatte durchgehend ihren Geruch in der Nase, was mich fast schon alleine zum heulen hätte bringen können.
Als es klingelte, fand ich Rewis Hand erneut auf meiner Schulter und er sproch mir stumm Mut zu, die Tür zu öffnen.
Als ich Sophia rein ließ, wusste ich erstmal gar nicht, wie ich mich fühlen sollte, mein Kopf war mal wieder wie leer gefegt. Sie lächelte auch nicht, sondern begrüßte mich nur genauso ratlos wie ich es ihr gegenüber tat und bedankte sich dann dafür, dass ich das meiste schon eingepackt hatte.
Rewi wartete derweil im Wohnzimmer, hatte sich aber bereiterklärt Kisten zu schleppen, weil wir beide das nicht Sophia alleine überlassen wollten.
Sie räumte ihre Sachen aus dem Bad und wir begannen zu dritt die Kisten runter in ihr Auto zu tragen.
Ich hatte die letzte Kiste in den Händen und verlagerte sie gerade im Kofferraum und machte danach den Kofferraum zu. Rewi war oben. Sopse stand neben mir.
Also eigentlich meine letzte Chance.

„Bitte lass uns reden, bitte lass es uns.. Gib uns nicht direkt auf, bitte..“, platzte es aus mir raus und ich nahm ihre Hand.
Erschrocken und traurig sah sie mir in die Augen.
„Felix..“
„Nichts, "Felix"... Ich hab mir meine Zukunft mit dir ausgemalt, ich dachte wir bleiben auf ewig zusammen, dass du die Richtige bist, wer uns nicht einfach so weg..“, gegen ende begann meine Stimme zu zittern, und meine Augen wurden langsam etwas feucht.
Sie biss sich angespannt auf die Lippe, unterdrückte ihre eigenen Tränen.
„Wir lieben uns doch..“, flüsterte ich fast schon etwas gebrochen.
Sie drückte mit ihren kleinen Händen kurz meine.
„Ja, Felix.. Aber manchmal reicht das nicht..“, sagte sie, und ließ mich los.
„Vergiss bitte nicht, dass das Leben weitergeht, und dass ich dich wirklich liebe, aber es ist besser so. Für und beide. Wir machen uns gegenseitig nur unglücklich.. Mir fällt das auch nicht leicht.. Mach es bitte nicht noch schlimmer als es ist..
Mach's gut, Felix..“, murmelte sie gegen Ende nur noch, und stieg in ihr Auto.
Ich war wieder sprachlos, hatte meinen Wortschatz komplett verloren.
Sollte ich es akzeptieren? Oder sollte ich jetzt weiterkämpfen?
Es war gerade wahrscheinlich sowieso sinnlos.

Ich ging einige Schritte weg von dem Auto, und schaute ihr nach, wie sie davon fuhr.
Vielleicht für immer.

Ich fing mich nach zwei Minuten, und ging wieder komplett leer in die Wohnung, wo mich Rewi mitleidend ansah. Und ab da konnte ich mich dann auch nicht mehr halten, und fiel ihm in die Arme, fing an bitterlich zu weinen und zu schluchzen, drückte den Kopf in Rewis Schulter. Er strich mir über den Rücken und hielt mich bei sich.
„Alles wird gut.“, sagte er feinfühlig, aber auch fest.
Wir stolperten ins Wohnzimmer auf die Couch, wo ich dann immer noch in Rewis Armen lag, und einfach nicht mehr aufhören konnte, zu weinen.
Ich war so fertig, ich war erledigt, ich war einfach nur am Ende.
„Ich hab sie verloren..“, wisperte ich.
Rewi reagierte darauf, indem er mich nochmal fester an sich drückte.

An dem Abend sah ich ihm kein einziges Mal ins Gesicht, er hatte mich auch nicht weinen gesehen. Das wollte ich auch gar nicht.
Irgendwann war ich so kaputt, dass ich in einen tiefen Schlaf fiel, immer noch in Rewis Armen.
Deswegen bekam ich es nie mit, dass Rewi mich irgendwann hoch hob und mich in mein Bett legte, mich fürsorglich zudeckte, und anschließend wieder nach Hause fuhr.

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