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Langsam laufe ich mit meinem Koffer die Straßen meiner Heimatstadt entlang. Ich weiß genau wo ich hin möchte. Hier hat sich seit meinem letzten Besuch vor fünf Jahren nichts verändert. Und trotzdem hat sich für mich alles verändert. Dieses Mal laufe ich aufrecht durch die Straßen und ziehe einen riesigen Koffer hinter mir her. Plötzlich höre ich ein Pfeifen. Ich bleibe stehen und drehe mich um. Da steht ein großer, schlaksiger, blonder Junge. "Lyn bist du das?", geht er lächelnd auf mich zu. "Kate, jetzt einfach nur noch Kate. Du bist Connor, richtig?" Der Junge nickt. "Was machst du denn hier?" "Ich bin jetzt fertig mit der Schule und wollte mal nach Hause kommen. So sehen was sich verändert hat." "Nicht viel. Kann ich dich begleiten." "Ihr wohnt immer noch neben uns?" "Ja, also ich wohne jetzt in Dublin, aber meine Eltern wohnen noch da. Komm ich nehme den Koffer." "Danke." Dankbar überlasse ich meinem früheren Nachbarn meinen Koffer und laufe neben ihm die Straße entlang. "Und was machst du so?", will ich neugierig wissen. "Ich studiere Ingenieurswesen im 4 Semester. Und du? Also warum hast du jetzt gerade erst dein Abi gemacht? Wenn ich fragen darf?" "Du darfst. Ich habe etwas aussetzen müssen. Längere Geschichte." "Ah stimmt meine Mutter hat da so etwas erzählt. Aber jetzt ist ja anscheinend alles wieder soweit gut." "Ja, alles wieder mehr oder weniger beim alten. Okay, wir sind da. Danke, für die Begleitung. Vielleicht sieht man sich die Tage ja nochmal." "Natürlich, ja wäre schön." Ich schließe die Tür auf und trete in den hellen Flur. "Hallo? Ist jemand zuhause?" Keine Antwort, also lege ich meinen Schlüssel in die Schüssel auf der Kommode neben der Tür, ziehe meine Schuhe aus und gehe in mein Zimmer. Dort sieht alles noch genauso aus, wie ich es vor vielen Jahren verlassen habe. Ich ziehe mir frische Klamotten an und gehe dann in die Küche. Da höre ich einen Schlüssel im Schloss und kurz darauf steht mein mittlerer Bruder im Flur. "Katie was machst du denn hier?", wundert er sich. "Das gleiche könnte ich dich fragen, solltest du nicht auf Tour sein oder so?" "Nee, ich muss erst in ein paar Tagen nach London. Aber schön dich zu sehen." Er kommt auf mich zu und wir nehmen uns in die Arme. "Du hast bestimmt hunger, ich wollte gerade Pan Cakes machen?" "Oh ja, du kennst mich, ich habe immer hunger!", lacht mein Bruder und streicht mir durchs Haar. "Wo ist Dad?", will ich wissen, während ich uns Pan Cakes mache. "Ich glaube arbeiten." Ich nicke nur und wir setzen uns auf das Sofa im Wohnzimmer und essen die kleinen Pfannekuchen. "Also deine Kochkünste habe ich echt vermisst.", schmunzelt Niall, "Aber jetzt mal raus mit der Sprache, was verschlägt dich nach Hause?" Nialls blaue Augen treffen meine und ich muss weg schauen. Diesen Augen konnte ich noch nie widersprechen. "Darf ich nicht auch mal Heimweh haben?", versuche ich mich rauszureden. "Doch, aber du hattest jetzt zehn Jahre lang kein Heimweh. Was ist los?" "Naja, ich bin fertig mit der Schule, wie ihr ja wisst und weiß jetzt nicht wohin mit mir." "Kann ich verstehen. Hast du denn schon eine Idee was du machen willst, nur so eine kleine?" "Ich will erstmal reisen, die Welt sehen. Und ich möchte Dolmetscherin werden. Ich bin auch schon für ein Fernstudium angenommen worden. So kann ich während des Studiums reisen." Anerkennend nickt mein Bruder. "Du warst schon immer die organisierteste von uns. Und wo willst du alles hin reisen? Und wissen Mum und Dad davon?" "Ich habe keine Ahnung. Und nein sie wissen noch nichts, aber ich bin zwanzig, da kann ich machen was ich will." "Das hast du auch schon mit zehn gesagt und wir haben dich nie wirklich wieder gesehen.", lacht Niall. Ich lache ebenfalls und lege meinen Kopf an seine Schulter. "Ich habe dich vermisst Niall!" Ich dich auch, Katie. Ich dich auch!" Er streicht über meinen Kopf und das Gespräch ist erst Mal beendet. So sitzen wir eine ganze Weile, bis unser Vater nach Hause kommt. "Dad, schau mal wer uns besucht!" Ich folge meinem Bruder in den Flur. "Katelyn!", mein Vater schließt mich in die Arm und ich erwidere seine Umarmung. "So schnell habe ich nicht mit dir gerechnet!" Ich lache und wir setzen uns in die Küche. Dort erzähle ich auch meinem Vater von meinen Plänen. "Du reist aber nicht allein durch die Weltgeschichte!" "Dad! Bitte, das ist echt lächerlich." "Naja, Dad hat nicht ganz unrecht. Ich meine ich war schon in vielen Ländern und nicht überall ist es so sicher wie hier." Strafend schaue ich meinen großen Bruder an. "Niall, du könntest doch deine Schwester mit auf Tour nehmen. Ihr reist doch durch die ganze Welt. So ist sie sicher, kann alles sehen und ihr verbringt mal wieder Zeit zusammen." Geschockt schaue ich meinen Vater an. "Ja, das können wir gerne machen. Ich muss das zwar mit den Jungs abklären, aber eigentlich dürfte das kein Problem sein." "Wie bitte? Ich soll mit euch auf die Festival-Tour? Niemals!" "Dann bleibst du eben hier!", meint mein Vater knall hart. Und an seinem Blick erkenne ich, dass er es ernst meint. "Na toll! Dann frag halt deinen tollen Freunde." Niall steht auf, holt sein Telefon und tippt irgendwas hinein. Genervt kümmere ich mich um das Abendessen, da kommt Niall in die Küche. "Also für die Jungs wäre es okay, wenn du mitkommen würdest. Kommst du mit?" Ich tue so als würde ich überlegen, obwohl ich mich schon längst entschieden habe. "Weißt du was, sag es mir einfach morgen." "Nein, ich komme mit. Aber auch nur, wenn ihr mir wirklich meinen Freiraum lasst." "Natürlich, es kann zwar sein, dass du mit der Zeit einen Bodyguard brauchst, aber die sind echt nett und du kannst trotzdem machen was du willst." Ich nicke nur und mein Bruder nimmt mich in den Arm. "Du weißt gar nicht wir froh ich bin, dich mal länger als nur ein paar Tage zu sehen!", flüstert er in mein Haar. "Ja das wird bestimmt cool." Wir lachen und er hilft mir noch dabei das Essen zu kochen.

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