Albträume

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Ein weites Feld. Viel zu groß, als das meine Augen seine Enden in der Ferne ausmachen könnten. Ich laufe. Meine Beine laufen durch die Weizen Ähren, sind es Beine oder Pfoten? Ich weiß es nicht. Aber sie laufen. Sie laufen ohne, dass ich ein Ziel hätte, oder etwas vor dem ich davonlaufe. Sie laufen einfach. Ein Mann steht an einer kahlen Stelle im Feld, ich sehe nur seinen Rücken und sein schwarzes Haar, er ist in einen weiten, dunklen Umhang gewickelt. Er trägt etwas in der Hand, eine Puppe... Nein keine Puppe, sie lebt, bewegt sich, schreit, weint. Ihr Haar ist rot, so rot als würde es brennen und ich bete, dass es brennt, dass es dieses verdammte Feld niederbrennt, alles tut, damit dieses Weinen aufhört, das so laut in meinem Kopf dröhnt, das so in jeder Faser meines Körpers schmerzt. Und ich bete, dass es brennt, damit die Kälte verschwindet, die von diesem Mann ausgeht und die sich in meine Knochen bohrt und sich dort festsetzt, als wolle sie mich von innen heraus zerstören, gefrieren lassen. Ein Schatten neben mir, er läuft, schneller als ich, erreicht den Mann vor mir und entreißt ihm die Puppe, die doch keine Puppe ist, sondern lebt. Die Puppe hört auf zu weinen wird ruhig und der Schatten trägt sie zu mir. Der Schatten ist eine Frau mit schwarzem Haar, Locken und warmen Augen und sie lächelt als sie die Puppe vor mich legt. Das Lächeln vertreibt die Kälte. Ich lächle sie an, ohne zu wissen warum, vielleicht weil ich denke, dass sie mich gerettet hat und blicke von der Frau, hinunter zu der Puppe. Lily lächelt auch.

Licht fiel durch meine Lieder, als ich wach wurde. Ein stechender Schmerz in meinem linken Bein durchfuhr mich und ich schlug die Augen auf. Die großen Fenster füllten den Krankenflügel von Hogwarts mit den warmen Farben der aufgehenden Sonne. Ich konnte mich keinen Zentimeter bewegen, mein Körper schien mir nicht zu gehorchen, selbst das Atmen fiel mir schwer. Mein Kopf schmerzte und ich schloss wieder die Augen. Was war passiert? Einzelne Erinnerungsfetzen bestimmten mein Denken, Bilder von Remus als Werwolf, von seinen gelblichen Augen, hungrigen Augen. Bilder von dem großen, schwarzen Hund, der blutend auf dem Boden der Heulenden Hütte lag, mein Bruder, der mich trug. Trippelnde Schritte zwangen mich meine Augen erneut zu öffnen. Madam Pomfrey stand an meinem Bett, sie hielt eine große Flasche bräunlicher Flüssigkeit in der Hand und blickte besorgt zu mir herunter. „Du bist wach" meinte sie jetzt und lächelte. Dann füllte sie den Löffel mit der Medizin und wies mich an ihn zu schlucken. So war Madam Pomfrey. Diskret, ohne jemals Vorwürfe zu machen. Die ekelhafte Mischung rannte meinen Rachen hinunter und obwohl ich dachte mich gleich übergeben zu müssen, fühlte ich mich schon wenige Augenblicke viel besser. Meine Atemwege wurden freier und meine Gliedmaßen fühlten sich um Kilos leichter an. Ich setzte mich auf und blickte mich im Krankenflügel um. Nur vier der Betten waren besetzt. In einem lag Serafin Abbott, die leise hustete, ein anderes Bett war von einer jüngeren Schülerin, die ich nicht kannte belegt. Drei Betten weiter lag Sirius. Er sah schmutzig aus und in seinem Gesicht zeichneten sich verschiedene Schrammen und Kratzer aus. Sein rechter Arm war von einem dicken Verband umhüllt. Ich sah wie er im Schlaf leise redete und zuckte, als würde er in einem ähnlichen Fiebertraum wie ich gerade gefangen sein. Auf einmal wünschte ich mir nichts mehr, als dass er seine Augen aufschlug, mich schief angrinst und mich mit einem dummen Spruch zum lächeln brachte. Doch er blieb liegen, leise vor sich hinmurmelnd. Seufzend wandte ich mich ab und versuchte wieder einzuschlafen.

Mein Bruder besuchte mich einige Stunden später, er schien glücklich, dass ich wach war und umarmte mich immer wieder, so lange, bis Madam Pomfrey ihn bat mich loszulassen, da ich noch nicht ganz auskuriert war. „Wie lange habe ich geschlafen?" fragte ich James, nachdem er sich einen Stuhl genommen hatte um neben meinem Bett Platz zu nehmen. „Seit drei Tagen," meinte er „Wir haben den 10. Jänner."

Was ist passiert, James?" Es war das erste Mal, dass ich mich traute diese Frage laut zu stellen, zu viel Angst hatte ich vor seiner Antwort.

Pfotenabdrücke || Rumtreiberzeit [PAUSIERT]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt