Blutsverräter

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Als Sirius geendet hatte sah er mich eindringlich an. Als würde er erwarten, dass ich etwas sagte oder etwas tat. Dabei wusste ich nicht im Geringsten, was ich sagen hätte können, um ihm zu zeigen, dass ich ihn verstand und für ihn da sein wollte. Also stand ich nur da und blickte ihm in die Augen, hoffend, dass er wusste was ich dachte, aber wofür ich nicht die richtigen Worte fand. „Mer, könntest du bitte deinem Bruder klarmachen, dass Lily ihn nicht hasst und dass er aufhören soll rum zu jammern?" Remus war von der Seite an mich herangetreten und ich zwang mich den Blick von Sirius abzuwenden und ihn anzuschauen. „Tut mir leid Remus, aber das hat er selbst verbockt. Ich seh nicht ein, warum ich ihn trösten sollte für etwas, dass er sich selber zu zuschreiben hat," erwiderte ich knapp und wollte mich wieder zu Sirius drehen, weil ich mit einem Mal wusste was ich zu sagen hatte. Doch er war verschwunden. Er war verschwunden und hatte mich mit so vielen Wörtern allein gelassen.

Der Gemeinschaftsraum war stark belebt, als ich durch das Portraitloch stieg und von dem Geräusch von Stimmen und einem brasselnden Kamin in Empfang genommen wurde. Der Grund für die allgemeine Aufgeregtheit schien ein Aushang am schwarzen Brett zu sein, um das sich die Schüler drängten. Ich bahnte mir meinen Weg durch die Menge bis ich genau vor dem angepinnten Blatt stand, dass die Aufmerksamkeit auf sich zog.

Aufgrund sich häufender Überfälle und anderweitig brutalen Vorkommnissen, welche sich in der letzten Zeit in der Nähe unserer Schule ereignen, sieht sich die Schulleitung gezwungen, jegliche geplante Ausflüge nach Hogsmeade abzusagen, beziehungsweise zu verschieben. Des Weiteren gilt ein strenges Ausgangsverbot für alle Schüler und Schülerinnen, welches sowohl die Gründe um Hogwarts, als auch die Eulerei und die Gewächshäuser, einschließt. Wir bitten um Ihr aller Verständnis und dass Sie sich der Wichtigkeit Ihrer eigenen Sicherheit bewusst sind.

Minerva McGonagall, im Namen der Schulleitung

Verwirrt starrte ich den Zettel an. Was sollte das heißen "Ausgangsverbot"? Wollten sie uns hier einsperren? Und was machten Todesser hier? Unmittelbar suchte mein Blick den Raum nach meiner besten Freundin ab, doch ich konnte sie nirgends entdecken. „Was machen Voldemorts Leute eigentlich hier?," warf Thomas Hendrix, ein Schüler aus dem Jahrgang unter mir, die Frage in den Raum, die uns alle beschäftigte. „Das hat sicher etwas mit Lily Evans zu tun," meinte Pamela Johnson missbilligend, die in einem Lehnstuhl saß und betont desinteressiert in einem Tagespropheten blätterte. Obwohl sie wusste, dass alle Augen auf sie gerichtet waren und auf eine Erklärung warteten, schien sie nicht daran interessiert mehr als das preis zu geben. „Und wieso denkst du das?," erbarmte sich Thomas unser aller und Pamela ließ seufzend die Zeitschrift sinken. „Na schön. Ich erzähls euch," sagte sie, betont genervt und rutschte von ihrem Sessel. „Mein Vater arbeitet im Ministerium. Er war eigentlich sehr dagegen, dass ich wieder nach Hogwarts zurückkehre, wenn Lily auch da ist. Ich war das eigentlich auch, aber meine Mutter hat darauf bestanden. Auf jeden Fall gibt es etwas, dass Voldemort von ihr will. Und zwar dringend. Aber anstatt sich irgendwo zu verstecken, hat Lily beschlossen hier wieder aufzukreuzen und uns alle in Gefahr zu bringen." Pamela schien zufrieden mit ihrer kleinen Ansprache und lächelte selbstgefällig. Am liebsten wäre ich ihr an den Hals gesprungen, doch stattdessen ermahnte ich mich ruhig zu bleiben. „Halt doch bitte deinen Mund und rede nicht über Dinge, von denen du keine Ahnung hast," sagte ich trocken, während ich sah wie sich ihre Augen zu Schlitzen zusammenzogen und sie mich anfunkelte. „Ich finde auch, dass du eindeutig von Dingen redest, von denen du offensichtlich viel zu wenig Ahnung hast." Ich drehte mich herum und sah Lily an der Treppe zu den Mädchenschlafsäälen stehen. Ihre grünen Augen blitzen gefährlich. „Ich lasse mir doch nicht von dir und Potter den Mund verbieten, Evans. Nur weil ich die Wahrheit kenne und weiß dass Voldemort etwas von dir will. Vielleicht bist du sogar schon einer von diesen dreckigen Todessern und wartest hier bis dein Meister kommt und uns alle umbringen kann. Du schreibst ja sogar dieser Black Briefe, das hab ich schonmal gesehen, als du sie zur Eulerei gebracht hast! Dabei weiß jeder das die Blacks eine Familie sind in der es von todessern nur so wimmelt." Lily schrieb Briefe an eine Black? Etwa Lavinia? Die Menschen um uns herum waren bis jetzt still gewesen, doch nun begannen sie zu tuscheln und sich ängstliche Blicke zu zuwerfen. Ich hätte fast zu lachen begonnen, so lächerlich war diese ganze Situation. „Das glaubst du doch selber nicht Pamela?," Lily lachte leise als sie das fragte. „Hast du vergessen, dass er meine Eltern getötet hat, oder hat dir das dein toller Papi nicht erzählt? Ich würde nie jemanden wehtun, aber du bist offensichtlich viel zu hohl, um das zu verstehen." Mit einem Mal schwang das Portrait der Fetten Dame beiseite und James, Sirius, Remus und Peter betraten lachend den Raum. Als sie von einer seltsamen Stille empfangen wurden, blieben sie stehen und blickten fragend in die Runde. „Was ist passiert?," fragte Remus und ließ seinen Blick irritiert durch das Zimmer wandeln. „Ausgangssperre. Wir dürfen nicht mehr aus Hogwarts raus. Und Pamela hat Lily gerade als Todesser bezeichnet," erklärte ich bitter. James warf Pamela einen fassungslosen Blick zu. „Bitte was? Wie kommst du da überhaupt drauf?" „Mein Vater hat erzählt, dass irgendetwas an ihr so besonders ist, dass Voldemort sie finden will. Und wir dürfen nicht mehr raus, weil Todesser in der Nähe sind. Die sind ja offensichtlich wegen ihr hier," entgegnete sie, nun etwas freundlicher. „Sind sie nicht," sagte Sirius mit einem Mal leise. „Sie sind wegen mir hier."

„Sirius warte!" Meine Stimme hallte von den Wänden des Korridors zurück, doch eine andere Antwort bekam ich nicht. James lief neben mir und auch er schrie den Namen seines besten Freundes, genau wie Remus und Peter, die hinter uns waren. „Er will sicher zu einem Geheimgang nach draußen. Wenn wir Ausgangssperre haben, sind die Tore und sicher auch alle Fenster verschlossen," spekulierte mein Bruder. „Vielleicht nimmt er den hinter dem Portrait der feiernden Barone," meinte Remus und James nickte zustimmend. Schweigend folgte ich ihnen, als sie in einem Gang im ersten Stock vor dem Bild einer feiernden Hofgesellschaft stehen blieben. Ich war mir nicht sicher, aber ich dachte in einem der Anwesenden den Blutigen Baron erkennen zu können, doch es blieb mir nicht genug Zeit ihn näher zu betrachten. Mein Bruder murmelte etwas und das Bild schwang zur Seite. Uns strömte kalte Abendluft entgegen und einige Sekunden später standen wir im Freien. „Sirius." Er saß an eine Wand gelehnt und hatte den Kopf in die Hände gestützt. Schweigend setzte ich mich neben ihn. „Sirius was meinst du damit, sie wären wegen dir hier?," fragte ich leise und rückte näher an ihn heran. „Seit ich denken kann ist es immer das selbe." Er stützte seinen Oberkörper gegen die Felsmauer und seufzte. Was meinst du damit, Tatze?," fragte James seinen besten Freund und ließ sich neben ihm ins nasse Gras fallen. „Damit meine ich, dass es Menschen gibt, die sich für etwas besseres halten, nur weil sie andere Eltern haben, andere Vorfahren. Weil sie reines Blut haben." Er lachte kurz auf, doch es war kein fröhliches Lachen, es wirkte verbittert, viel zu ernst für ihn. „Meine Eltern sind genau solche Menschen. Keine andere Meinung außer ihre ist richtig, oder akzeptabel. Blöd ist dann nur wenn der eigene Sohn anderer Meinung ist. Ich bin also quasi so etwas wie ein Blutsverräter. Sie sind nicht die Art Familie, die freundlich mit Verrätern umgeht. Entweder schließe ich mich den Todessern an, oder sie bringen mich um. Momentan planen sie wohl eher letzteres. Meine eigene Familie will mich umbringen." Dieses mal wusste ich genau, was ich zu sagen hatte. Ich rückte näher an ihn heran und lehnte mich gegen seine Schulter.

„Das ist nicht deine Familie. Wir sind deine Familie." 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 06, 2018 ⏰

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