We are Heroes! (#Stexpert)

2.

"Wir haben einen Wandertag gemacht, unsere ganze Klasse. In den Wald, haben ein paar Stationsaufgaben für ein Bio Projekt gemacht und einen Wettkampf gegeneinander veranstaltet. Erinnerst du dich noch da dran?"

Etwas benommen grübelte ich. Mittlerweile ging es mir gut genug, dass ich mich wieder bewegen und ein Stück aufsetzen konnte. Es tat zwar noch alles weh, als wäre mein ganzer Körper von blauen Flecken übersät, aber es wurde besser! Auch die Kopfschmerzen waren zurückgegangen und das Tinnitus-Summen war verschwunden. Jetzt hörte ich Tim sehr viel besser, während er mir dabei half, den Tag zu rekonstruieren, an dem ich ins Krankenhaus gekommen war. Er trug andere Kleidung als beim letzten Mal, also nahm ich an, dass seitdem eine Nacht vergangen war, die ich vollständig durchgeschlafen hatte. Hoffentlich nicht mehr, mein Freund machte sich bestimmt schon so genug Sorgen um mich und kam sicher nicht jedes Mal her, nur um mir beim Nickerchen halten zusehen zu wollen. Und mich drängte es, endlich herauszufinden, was überhaupt passiert war!

Tim schaute mich mitleidig an: "Ist es dir zu viel? Das macht nichts, komm erst einmal wieder zu Kräften!"

"Hm? Oh, es ist nichts. Ich bin nur mit meinen Gedanken abgeschweift", entschuldigte ich mich hastig bei ihm und konzentrierte mich wieder auf das, was er mir zuletzt erzählt hatte. Wir waren zum Wandertag im Wald gewesen... J-ja, ich glaube, ich erinnerte mich an die Hinfahrt! Die hatte... ähm... etwa eine Stunde gedauert? Und wir hatten in dem großen Reisebus nebeneinander gesessen, irgendwo weiter hinten und hatten miteinander gescherzt und Bilder gemacht. Plötzlich waren wieder genaue Erinnerungen dazu vor meinem inneren Auge und ich nickte eifrig: "Das weiß ich noch!"

"Dann hat es begonnen, in Strömen zu regnen, obwohl eigentlich den ganzen Tag über Sonnenschein angesagt war. Niemand hatte eine Regenjacke oder einen Schirm mit und zuerst haben wir uns unter den Bäumen zusammengedrängt. Du hast gezittert und gemeint, dass dir kalt ist, weil du so durchnässt warst." Ich schmunzelte unwillkürlich. Das konnte ich mir gut vorstellen! Aber ob ich davon noch wusste, dass es echt passiert war, konnte ich nicht beantworten. Ab dem Teil mit dem abrupten Regenschauer wurde es nämlich alles sehr neblig... So sehr ich mich auch anstrengte, da kam nichts mehr, kein Geistesblitz und keine Vorahnung, was danach geschehen könnte. Ich seufzte niedergeschlagen: "Nein, daran erinnere ich mich nicht mehr..."

Tim rutschte näher zu mir, um mir über den Kopf streicheln zu können. Seine Hand war angenehm warm und ich genoss seine weiche Berührung. Am liebsten hätte ich ihn an mich gezogen, um mich in seiner Nähe noch ein wenig auszuruhen, aber ich wollte so lange wie möglich für ihn wach bleiben! Schließlich nahm er sich ja auch Zeit für mich! Nur machte mir meine Müdigkeit einen Strich durch die Rechnung und ehe ich es verhindern konnte, riss ich meinen Mund auch schon zu einem gewaltigen Gähnen auf. Tim lachte leise. "Doch erschöpft?"

"Nur ein wenig", versicherte ich ihm und rieb mir die Augen, als mir etwas merkwürdiges auffiel, "Äh, Tim? Wo ist eigentlich meine Brille?"

Der große Junge sah überrascht aus. "Stimmt, die liegt hier auf dem Nachttisch, habe ich ganz vergessen! Bitteschön, und entschuldige, du hast mich jetzt die ganze Zeit nur verschwommen gesehen!"

Ich nahm das Gestell entgegen, das er mir reichte, und betrachtete ihn erstaunt. Die ganze Zeit hatte ich angenommen, dass ich sie aufgesetzt hatte, weil ich alles so gestochen scharf sah! Erst gerade eben war es mir aufgefallen, dass meine Hände auf gar keinen Widerstand gestoßen waren. Seltsam... Und es wurde noch skurriler, als ich die Bügel auseinander klappte und mir die Brille auf meine Nase schob. Jetzt sah ich plötzlich schlechter als davor, obwohl es mir doch eigentlich beim Sehen helfen sollte, besonders mit meinen nervigen drei Dioptrien auf beiden Augen! Voller Verwunderung nahm ich sie wieder ab und gab sie Tim zurück. Er verstaute sie lächelnd wieder auf der Ablage. "Du willst bestimmt ein wenig schlafen, oder? Ich hole mir in der Zeit etwas zu essen und komme später wieder, okay?"

"Nein, warte bitte!", verlangte ich, mit einem Schlag wieder total munter. Hatte... was auch immer passiert war... etwa meine Sehschwäche geheilt? Oder drehte ich völlig durch? Egal was es war, ich musste es jetzt wissen: "Sag mir bitte noch, warum ich hier bin!"

Tims Lächeln verblasste etwas, aber er erfüllte mir meinen Wunsch und setzte sich wieder zurück auf die Bettkante. "Nagut, aber die Ärzte haben gemeint, dass so viel Aufregung schlecht für dich sein könnte... Also, bitte versuche ruhig zu bleiben, auch wenn es ein Schock für dich ist!"

Mein Herz begann trotz seiner Worte augenblicklich schneller zu schlagen. War es etwa sehr schlimm? War ich im Wald unglücklich gestürzt und hatte mir alles gebrochen? I-ich wusste es ja nicht, aber da waren schlagartig tausend Horrorszenarien in meinem Kopf aufgetaucht, die ich hastig versuchte, zu vertreiben. Wäre es eine heftige Krankheit oder ähnliches, dann wäre Tim bestimmt nicht so ruhig in meiner Nähe. Er war kein Ritter, auch wenn er das nur ungern hörte, und von uns beiden stets der erste, der bei Filmen zu weinen anfing. Gut, ich sollte aufhören, mich selbst mit düsteren Gedanken zu quälen, wenn es gar keinen Grund dafür gab! Etwas besänftigter bat ich ihn also leise murmelnd, fortzufahren und er nickte kurz, um sich zu sammeln.

"Nachdem es zu regnen angefangen hatte, waren wir erst im Wald geblieben, aber als es nicht mehr aufhörte, wollten wir zum Bus zurück laufen. Der war noch ewig weit weg und außerdem war ein Feld zwischen den letzten Bäumen und der Straße. U-und während wir da gerannt sind, hat es zu gewittern begonnen und ein Blitz ist mitten in unserer Gruppe niedergegangen... Es hat uns alle getroffen!"