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Irgendwann habe ich dann meine Schicksal akzeptiert und ich fange wieder an mich zu Bewegen.

Ich wickele mich aus den Tüchern aus und krame ein Feuerzeug aus meiner Tasche. Ich lasse eine Flamme aufflackern und leuchte damit nach meinen Sachen. Der Mond steht bereits am Zenit, aber er ist nur eine kleine Sichel kurz vorm Neumond.

Ob ich den nächsten Vollmond miterleben werde...sich nicht...und wenigstens der nächste Halbmond...ich weiß nicht...

Ich verstaue das Seidentuch für meinen Kopf in meinem Rucksack und nehme eine kurze Mahlzeit zu mir. Dann lasse ich mich erschöpft in den Sand sinken.

Rasch wickele ich mich in das große Tuch, ehr eine Art Umhang und blicke in den Unendlichen Sternenhimmel. Ich erkenne das Sternenbild des Orion.

Auch er hat mich verlasse...sie alle haben mich verlassen...alle außer dem Sand...

Plötzlich überkommt mich eine Welle der Einsamkeit und Trauer. Ich greife mach ein bisschen Sand, den ich durch meine Finger rieseln lasse. Das Beruhigt mich.

Der Sand wird mich niemals verlassen...

Ich lege mich bequem hin und falle nach langer Zeit in einen unruhigen Schlaf.

"Mama! Mama! Wo bist du!",schreit eine Stimme. "Mein Schatz, renn! Renn weg!",ruft eine weibliche Stimme. Meine Mama. Die Stimme stöhnt auf. "Kein Wort hab ich gesagt! Oder ihre Tochter wird dafür büßen müssen!",zischt eine Männerstimme bedrohlich. "Renn weg, mein Engel...ah..." Ich höre Schritte hinter mir. "Ich werde dich retten, Mama!",rufe ich noch und renne dann los. Ich laufe durch ein Labyrint aus Wegen und Gängen, aber ich kenne den Weg; ich weiß wo ich hin möchte. Die Schritte hinter mir werden immer leiser, bis sie irgendwann komplett verklungen sind. Ich komme bei einer Tür an, die ich sogleich auch aufreißen. Ich sehe einen Mann der meinem Vater eine Waffe an den Kopf hält. "Einen Schritt weiter und ich Scheiße!",zischt er. Ich bleibe stehen. "Kluges Mädchen, aber nich klug genug!",ruft er und dreht die Waffe blitzschnell zu mir. Dann geht alles schnell. Ich höre einen Knall, fühle einen brennenden Schmerz am Oberarm und werde an die Wand geworfen. Der Mann zückt ein Messer und schneidet meinem Vater die Kehle durch. Dann kommt er zu mir und drückt mir das Messer in die Hand. Dabei streifen seine Bahandschuten Finger mein Handgelenk. Reflexartig greife ich das Messer zu. Der Mann möchte es mir wieder entreißen, aber ich lasse es nicht los. Ich beginne auf ihn einzustechen. Er schreit, aber ich mach weiter. Ich steche ihm sein Auge aus, schneide ihm ein Ohr ab, ziehe die Haut von seinen Wangenknochen. Irgendwann wird er bewusstlos, aber ich mach weiter...solang bis er Tod ist. Kurz darauf höre ich Polizeisirenen. Das Vergessen beginnt und ich lasse das Messer fallen. Ich stehe auf und gehe von der Leiche weg. Die Polizei stürmt das Gebäude und als sie in das Zimmer kommen, indem ich mich aufhalte, habe ich bereits alles Vergessen. Alles. Meinen Namen, wie alt ich bin, die Namen meiner Eltern, wo ich mich befinde...wer ich bin...ich weiß nichts, außer dass ich nicht den Mann der Tod am Boden liegt ermordet habe...

↠ѕαи∂↞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt