Raphael ging an den zertrümmerten Gebäuden vorbei, von denen die meisten Fragmente auf den Straßen verteilt lagen. Er schauderte bei dem Gedanken, was für eine prachtvolle Stadt dies mal gewesen sein muss und wie alles durch stumpfe Gewalteinwirkung zerstört wurde. Mit großen eleganten Schritten näherte er sich seinem Ziel Stück für Stück. Wenn man sich in dieser Stadt zu viele Gedanken machte über Vergangenes, dann würde einem auffallen, dass dies zu keinem Ergebnis führen kann. Man würde nur beweisen wie herzlos alle menschlichen Wesen sind. Wie fest sie in ihrem Leben klammerten und keine Änderungen zuließen, um ihre kleine heile Welt beizubehalten, obwohl um sie herum das wahre Abendteuer lag. Das Unbekannte. Die grenzenlosen Möglichkeiten, die das Leben für sie bereit hielt, von dem sie nicht die leiseste Ahnung hatten. Und für diese kleine heile Welt haben sie alles aufs Spiel gesetzt und verloren. Die ganze Welt tauchte in ein komplettes Chaos, wofür Quades das beste Beispiel war.
In der Klinik hatte er sich saubere Klamotten angezogen, den Verband noch einmal erneuert und den Rucksack gegriffen, den er benötigte. Er war mit einer schwarzen langen Hose, grauen Schuhen, grauer Kapuzenjacke und einem dunklen Tuch, das seinen Mund und Nase überdeckte, bekleidet. Seine Kapuze hatte er über seine blonden Haare gezogen, sodass nur seine grauen Augen erkennbar blieben, die die Umgebung um ihn herum sorgfältig scannten. In seiner Hand befand sich eine silber glänzende Klinge, die er am Ledergriff fest umklammerte. Sie war leicht gebogen und hatte am oberen Ende eine eingravierte Inschrift.
Nur die Toten haben das Ende des Krieges gesehen.
Raphael schmunzelte bei dem Gedanken an sie. Er wusste nicht, ob er wegen ihr lachen oder weinen sollte. Hatte dieser Krieg jemals ein Ende? War der einzige Weg ihm zu entfliehen einfach zu sterben? Sich einfach hinzugeben. Das kam vielleicht für manche in Frage, doch nicht für ihn. Schon immer war er wild entschlossen gewesen für sein Leben zu kämpfen, in bedacht darauf, zwischen dem Krieg den weit möglichsten Abstand zu halten. Doch wenn er sich jetzt ansah, mit einem Dolch in der Hand bewaffnet und einer geladenen Pistole in seinem Rucksack, merkte er, dass es ihm in diesem Moment nicht gelungen war. Es gab kein Vertrauen in der Stadt. Jeder konnte sein Feind sein, obwohl er dem gleichen Zirkel angehörte. Jeder hat andere Ansichten. Jeder kämpft nur noch für sich, so wie er es tat. Was blieb ihm anderes übrig, als dies auch zu tun? Alles andere wäre glatter Selbstmord.
Leise Stimmen durchbrachen die Stille der schweigenden Stadt. Das Herz des blonden Hünen begann auf Knopfdruck schneller zu schlagen, als er sich an ein kaltes Gemäuer mit dem Rücken lehnte und den Stimmen jede Sekunde Aufmerksamkeit schenkte. Er spürte die Auren die sie umgaben und bemühte sich seine eigene verborgen zu halten. Die meisten von ihnen waren aus dem ersten Zirkel, was seinen bisherigen Plan durchkreuzte, denn die meisten von ihnen schienen ausgebildet zu sein und würden ihn ohne große Probleme beseitigen. Leisen Schrittes bewegte er sich weiter an der Fassade entlang, auf die andere Seite des alten Gebäudes und schlich unbemerkt um dessen Ende. Raphael schaute in eine dunkle Gasse, die ihn fast nahezu einlud, sich durch sie zu bahnen, um unerkannt an den Salutis vorbei zu gelangen. Seine sturmgrauen Augen betrachteten die andere Seite des Weges und erblickten einzelne Sonnenstrahlen, die durch das Gemäuer fielen. Schleichend setzte er einen Fuß vor den anderen und fuhr mit seinen Händen über das feuchte Moos an der Wand entlang, welches mit Efeukranken verziert war, um sich in der Dunkelheit orientieren zu können. Die kleinsten Steine knirschten unter seinen Füßen und ihm überkam das Gefühl inmitten eines Waldes zu stehen. Der Geruch des Mooses lag stetig in der Luft, als er sich dem Ende des Ganges näherte. Raphael verlangsamte seine Schritte und horchte. Angelehnt am weichen Moos, spähte er angespannt um die Ecke und kniff blinzelnd seine Augen zusammen, als er durch das plötzlich auftretende Sonnenlicht geblendet wurde. Einige Magier standen in einer Gruppe zusammen vor einen morschen Fachwerkhaus, welches drohte in sich zusammen zu fallen und auf sie zu stürzen.
Durch die beschmierten, teils zerschlagenden Fenster, erkannte er die Umrisse eines kräftigen Mannes, welcher mit Sicherheit einige Zentimeter größer war als Raphael selbst. Der Unbekannte bewegte sich mit markanten Schritten auf die Tür des Hauses zu und öffnete diese, woraufhin sich die Gruppe schlagartig zu ihm umdrehte und begannen hin freudig zu begrüßen. Er setzte ein Lächeln auf, welches auf Raphael sympathisch wirkte, und forderte sie auf einzutreten. Die Tentorias traten ein, verschlossen die Tür hinter sich und hinterließen ein dumpfes Geräusch, welches durch die Stille der Straßen hallte.

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Kampf um Kredonien
ParanormalEllen lebte ursprünglich mit ihrer Familie am Rande der Stadt Kredonien. Auch dort herrschte, wie in allen anderen Teilen der Welt, Krieg zwischen den Magiebegabten und den Menschen. Die Begabten sind magische Wesen aller Art, die in sechs verschied...