17.07.2017

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My Dear Jim,

Lange hat mich das Schicksal davor bewahrt zu sterben. Die Autos haben gehupt, Fahrer geschrien oder Fahrzeuge kamen mit quietschenden Reifen zum Stehen. Nicht so aber am 16.06. Ich lief gerade am Embankment entlang und mit Kopfhören über die Straße. Es war spät in der Nacht und die Straßen waren seltsam leer, als ein schnelles Auto angefahren kam und mich mit etwa 50 ausknockte. Blutend lag ich auf dem Asphalt. Ich hatte noch seine Reifen gehört und das Schlittern auf Splitt bevor mich die Scheinwerfer erfassten. Wie ein Reh starrte ich sekundenbruchteile in das helle Licht bevor es mich von den Füßen riss und ich hoffte sterben zu können. Aufgewacht bin ich im nahegelegten Krankenhaus. Nur wachte ich einige Wochen später auf. Anscheinend lag ich fast einen Monat im künstlichen Koma. Es hatte meine Birne zierlich durchgeschüttelt, meine Lungen mit Blut gefüllt und mir die Rippen zertrümmert. Warum ich darüber so gefühlslos schreibe? Ich bin voll mit Antidepressiva und sonstigem. Außerdem habe ich jetzt eine Psychiaterin und lebe in einer Klink. Zum einen um meine Alkohol und Drogensucht zu korrigieren und zum anderen damit ich nicht wieder vor Autos laufe oder mich versuche um zu bringen. So ein Bullshit. Ich hab seit drei Tagen nichts getrunken und fühle mich so müde wie noch nie. Ginny ist wahrscheinlich tot. Durch den Radikalentzug glaube ich zu Halluzinieren. Wenn ich wieder aggressiv geworden bin und in meiner schönen weißen Kammer sitze, sitzt du neben mir. Rauchst ganz ruhig vor dich hin und lächelst in die Leere. Ich starre dich dann stundenlang an oder wir sprechen leise über unsere Vergangenheit.

Ich vermisse dich so sehr. Dein strahlendes Lächeln, wenn du wirklich glücklich warst und den lüsternen Blick, den ich manchmal geerntet habe bevor du dich auf mich gestürzt hast um mir den Rücken zu zerkratzen. Verdammt ich weine gerade. Das habe ich schon seit einiger Zeit nicht mehr gemacht.

Die Psychiaterin versucht dich schlecht zu reden. Du warst ein Psychopath ja. Du warst nicht gut für mich ja. Du hast mir wehgetan ja. Körperlich und psychisch und trotzdem warst du das Beste in mei-nem Leben. Wenn sie dich noch einmal beleidigt, oder schlecht macht, dann schlage ich sie grün und blau bis sie Blut spuckt und nie wieder richtig laufen kann. Niemand hat das Recht über dich zu urteilen.

Ich versuche mich zu benehmen um hier schnell raus zu kommen. Mit deinen Kontakten, hätte ich kaum einen Fuß ins Gebäude gesetzt und wäre schon wieder entlassen wurden. Jetzt muss ich auf Friede, Freude, Eierkuchen machen um an meinen Schnaps zu kommen.

Was für eine Wendung des Schicksals, noch vor einem halben Jahr war ich unbesiegbar mit dir und nun ohne dich bin ich ein psychisch labialer Niemand.

In Liebe Niemand

Briefe an JimWo Geschichten leben. Entdecke jetzt