24.11.2017

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My Dear Jim,

Schnee treibt durch die Luft. Nicht als Schneegestöber. Nur vereinzelte Flocken. Irgendwie sind sie wunderschön. Wie der Staub in unserer alten Wohnung rieseln sie vom grauen Himmel. Glänzend im Licht. Verfangen sich in meinen Haaren und schmelzen auf dem dunklen Mantel. Der Winter kommt. Die dunkle Jahreszeit verschluckt mich langsam, aber sicher immer mehr. Ich hatte seit Wochen keinen Auftrag mehr oder gar Kontakt zu anderen Menschen. Der Gin ist mein bester Freund geworden und die Depression meine ideale Geliebte. Sie küsst mich so bittersüß wie du. Verzehrt mich wie du. Wiegt mich in einen dämmrigen Wachzustand.
In meiner Wohnung sieht es aus als wäre seit Monaten nicht mehr geputzt worden. Es sind nur Wochen. Endlose unsinnige Wochen, die nutzlos vorüberziehen.
Ich drehe mich endlos im Kreis. Mir wird schlecht. Bitte halt das Karussell an. Ich möchte nicht mehr mitfahren. Nicht ohne dich. Du hast mein kleines erbärmliches Leben erträglich gemacht. Ich hatte mit dir keine Vergangenheit. Erinnerungen, all die schlimmen Sachen sind nie geschehen. Erst mit dir fing mein Leben an und jeden Tag verliebte ich mich erneut in dich. Kein gestern. Kein morgen. Nur dieser Augenblick existierte für uns. Jetzt existiert nur noch ein 'vor einem Jahr'. Ich vermisse dich.
Warst du nicht mein Lebensinhalt?
Wir rücken deinem ersten Todestag näher.

In ewiger und ungebrochener Liebe.
Ich liebe dich mit meinem Herzen, meiner Seele und meinem Wesen und Körper

Sebastian.

Briefe an JimWo Geschichten leben. Entdecke jetzt