Kapitel 3

96 12 3
                                    

Ich hoffte sehr, dass ich träumte, denn seit einer Weile, soweit ich das beurteilen konnte, denn ich hatte kein Zeitgefühl, schwirrten verschiedene Bilder, wie in einem Kino um mich herum. Schreckliche Szenen aus meinem Leben, so sah ich zum Beispiel Tamara, wie Sebastian ihr die Kehle auf schnitt und den Kampf gegen die Burdin Academy. Alle Bilder die ich lieber vergessen hätte. Diese beiden Szenarien und zwischendurch auch Teile meiner eigenen Vergangenheit schwirrten mal schneller mal langsamer durch meinen Kopf und ich konnte mich nicht bewegen, konnte Nichts tun um all dies zu verhindern. Aber auch fröhliche Momente konnte ich erspähen. Zum Beispiel die Party bei Black Star und Tsubaki oder die Ankunft und die ruhige Zeit hier an der Shibusen. Doch langsam begannen verschiedene Szenen mit anderen zu verschwimmen und es entstanden schrecklich groteske Bilder. Die Bilder fingen an schneller zu vergehen und mit dieser Situation fühlte ich mich ein wenig überfordert.

Ein leises Klopfen ließ mich zum Glück aus meinem Traum erwachen. Ich versuchte mich an gestern Abend zu erinnern, doch meine Erinnerungen hörten ab dem Moment auf, als ich mein Klavierspiel beendet hatte. Oder hatte ich es überhaupt beendet? Verwirrt über dieses eigenartige Gefühl der Unwissenheit öffnete ich meine Augen und bemerkte sofort was nicht stimmte. Ich lag nicht wie jeden Morgen in meinem Zimmer, sondern saß auf dem Klavierhocker, meine Hände auf der Klaviertastatur und mein Kopf sorgfältig darauf platziert. Ich richtete mich schnell auf, es hatte ja geklopft, doch auf dem halben Weg zur Tür bemerkte ich, dass ich ja noch verwandelt war. Wann hatte ich mich verwandelt? Etwa während ich geschlafen hatte? So etwas passierte mir normalerweise nie, denn ich hatte meine Verwandlung eigentlich fest im Griff. Ich dachte nicht weiter darüber nach, sondern verwandelte mich schnell zurück um die Tür zu öffnen.

Vor mir stand Dr. Steins Waffenpartnerin. Ich glaubte, mich dunkel daran zu erinnern, dass sie Marie hieß. Mit einem kleinlauten "Entschuldigung" verließ ich das Zimmer schnell. Sie war wohl neugierig, was jemand in einem geschlossenen Musikzimmer verloren hatte, doch ich wollte nicht mit ihr reden und ließ durch mein Verhalten kein Gespräch zu. Ich hatte kein Interesse an weiteren Untersuchungen, Stein hätte ihr doch sicher Alles erzählen können oder hatte es bereits getan. Mit mieser Laune und immer noch etwas verwirrt machte ich mich auf den Weg zu meinem Zimmer, doch mitten auf dem Weg bemerkte ich, dass ich nicht nach links sondern nach rechts hätte gehen müssen. Warum war ich an diesem Morgen nur so verdammt durcheinander?? Ich beeilte mich nun die richtige Richtung einzuschlagen wobei ich unglücklicherweise erneut auf Marie traf welche mich nun ebenfalls verwirrt ansah, was mich wütend machte. Es ging sie Nichts an, warum ich so verwirrt war, auch wenn ich es ja selbst nicht genau wusste. Hoffentlich würde sie es für sich behalten.

Da ich mich unwohl in meinem Zimmer fühlte und befürchtete Marie oder vielleicht sogar Stein würden mich aufsuchen, beschloss ich wie gestern, meinen Tag außerhalb der Reichweite von irgendwelchen Menschen zu verbringen. Entschlossen öffnete ich mit einem Ruck die Tür und ging vorsichtig nach unten. Am Wochenende war hier sowieso meist Nichts los. Vor Allem, da die Abschlussklassen vor den Prüfungen frei bekamen. Fleißig wie ich mittlerweile war, hatte ich sogar ein paar Lernzettel und Blätter dabei um einen Grund zu haben möglichst den ganzen Tag draußen zu verbringen. Glücklicherweise schaffte ich es diesmal komplett unbemerkt die Treppe herunter zu schleichen und auch in Steins Büro war es mucksmäuschenstill. Kurz bewunderte ich den prächtigen Eingang der Shibusen. Er war komplett aus einem mir unbekannten weißen Stein (Hihi Stein xD) gefertigt, welcher die pure Ordnung ausstrahlte. Es gefiel mir hier sehr, da ich schon immer ein großer Freund der Ordnung gewesen bin. 

Etwas besser gelaunt verließ ich das Schulgebäude und machte mich auf den Weg. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel und schien auf Felder und Wiesen herab.  In einer Tasche, welche ich dabei hatte, befand sich sämtliches Lernmaterial, doch eigentlich hatte ich weder Lust, noch Nerven um etwas zu lernen ... vielleicht ja später. Um mich ein wenig zu entspannen flog ich ein paar Runden über das große Waldgebiet. Von oben sah man vor lauter Bäumen den Wald nicht. Ein dichtes Dach aus Pappelblättern und Kiefernnadeln erstreckte sich Kilometer weit. Ich entdeckte sogar den Fluss an welchem ich gejagt und gelebt hatte, als der dämonische Part meiner Seele mich übernommen hatte. Ebenfalls Erinnerungen welche ich tief in mir vergraben hatte. Eine Weile folgte ich dem Fluss bis er unter dem Blätterdach verschwand. Ich landete und folgte dem Fluss zu Fuß.

Es war schon fast Mittag, als ich am Waldausgang ankam. Nicht das hier irgendein Anzeichen von Zivilisation zu finden war, doch der Wald endete definitiv. Es folgte eine Landschaft aus endlosen Feldern nach einem steinigen und teilweise gebirgigen Abhang. Ich kannte diese Gegend, doch mir fiel nicht sofort ein woher, denn so weit hatte ich mich nach meiner Verwandlung noch nicht von der Shibusen entfernt. Warte ... nach meiner Verwandlung ...

Und dann wurde es mir klar. Hier irgendwo befand sich die Höhle in welche ich mich nach dem Kampf gegen meinen Vater mit Tamara zurückgezogen hatte. Eigentlich wollte ich mich zurückziehen und einfach nur weg von hier. Bilder kamen mir wieder ins Gedächtnis, doch ich wollte sie eigentlich nicht sehen. Trotz dessen verspürte ich den Drang hier zu bleiben. Ich wusste nicht warum, aber ich hatte das Gefühl, dass jemand hier war. Jemand oder Etwas.

Nach einem hin und her in meinen Überlegungen beschloss ich wenigstens nachzusehen. Falls nicht, hätte ich ja schließlich wieder gehen können. Ich wollte mich verwandeln, bemerkte aber, dass dies keine besonders schlaue Idee wäre. Wenn sich ein einfacher Mensch hier befinden würde, hätte ich einen Problem. Ich kletterte also in meiner menschlichen Form einige Minuten leise und gekonnt die Felsen entlang bis ich zu dieser Höhle kam. Was ich dort sah, hätte ich beim besten Willen nicht erwartet, doch ich hatte das Gefühl in die Zeit zurück zu blicken oder meine Reflexion in einem Spiegel zu betrachten.

Black Angel - Seine WiederkehrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt