"In Ordnung, ich werde mit Ihnen reden." Stolz seine Einstellung geändert zu haben, schloss ich die Tür wieder und setzte mich neben ihn. Natürlich würde ich Stein trotzdem nach unserem Gespräch informieren, doch ich war im Moment glücklich genug ihn da zu haben, wo ich ihn wollte.
Mühsam richtete er sich auf und bewegte sich mit schweren Schritten und sichtlich viel Kraftaufwand auf sein Bett zu, auf welches er sich niederließ. Dabei zuckte er heftig zusammen und ich zweifelte kurz, ob es nicht doch eine schlechte Idee war, die ärztliche Behandlung nach das Gespräch zu verschieben.
"Danach zu urteilen, wie oft du meinem Gespräch ausgewichen bist, nehme ich an, du weißt weshalb ich hier bin. Dr. Stein hat mir gegenüber einige Bedenken bezüglich deines psychischen Zustandes geäußert." Etwas überrascht schien er dennoch zu sein, doch sein abwertender Blick bestätigte meine Annahme, dass er sich selbst noch keine Zweifel zu diesem Thema eingestehen konnte.
"Mir geht es gut, ich bin nicht verrückt ..." gab er nüchtern als Antwort auf meine unausgesprochene Frage. Wie typisch ... aber keiner ist gleich verrückt. Im allgemeinen ist verrückt ein Ausdruck, welcher hauptsächlich falsch verwendet wird.
"Keiner denkt, dass du verrückt bist, das muss aber nicht heißen, dass es dir gut geht. Du hast eine Menge durchmachen müssen die letzten Jahre. Hast du irgendwelche Beschwerden die in dieser Zeit regelmäßig aufgetreten sind?" Sein Blick in eine der Zimmerecken und ein spottendes Lächeln verrieten mir, dass er mir auf der Stelle mehrere hätte nennen können, doch sein Mund blieb zunächst verschlossen.
"Hör zu, ich möchte, dass du mir gegenüber ehrlich bist. Ich will dir helfen, das weißt du und nichts davon wird diesen Raum verlassen." Ich hoffte ihn mit diesen Worten ein wenig zu öffnen und tatsächlich, schien es zu funktionieren.
"Ich ... habe Schwierigkeiten meine Kräfte, von denen ihn Stein offenkundig erzählt hat, zu kontrollieren."
Super! Das war doch mal ein Fortschritt. Innerlich freute ich mich gerade wie ein Honigkuchenpferd.
"Seit wann treten diese Symptome auf? Oder treten sie nur in Verbindung mit bestimmten Aktivitäten auf?"
"Eigentlich erst in der letzten Woche, denke ich ..." Für diese Zeitangabe brauchte er ungewöhnlich lange und ich fragte mich erst ob dies nicht mit etwas anderem in Verbindung stand.
"In Ordnung ... Schläfst du regelmäßig? Hast du Konzentrationsschwierigkeiten oder andere körperliche Beschwerden?" Kurz nachdem ich meine Fragen ausgesprochen hatte, fiel mir auf, dass sie eigentlich ziemlich unüberlegt klangen.
"Körperliche Beschwerden - Zumindest keine, dessen Ursprung ich nicht kennen würde. Konzentrationsschwierigkeiten - Leider immer häufiger in letzter Zeit und ob ich regelmäßig schlafe ... ich wünschte dem wäre nicht so." Sagte er mit einem traurigen Lächeln, welches mich verwunderte. "Warum das?" Mir schien die Frage war ihm unangenehm und würde er sie nicht beantworten wollen, würde ich ihn auch jetzt nicht dazu bringen wollen.
"Wie sie bereits sagten, ich habe so Einiges erlebt."
Vermutlich träumte er viel, was verständlich war. Laut Steins Aussage hatte er mit niemandem über das Geschehene gesprochen und solch eine Last verarbeitete sich nicht in dem man sie verdrängte. Aber darauf würde ich nun nicht näher eingehen wollen, schließlich wollte ich zunächst meine Vermutung genauer überprüfen.
"Gibt es Personen mit denen du darüber gesprochen hast oder Personen deren Nähe du suchst oder die du besonders meidest?" Eigentlich war mir seine Antwort bereits klar, aber er sollte nicht davon ausgehen, dass ich alles bereits wusste.
"Nein und ich werde auch jetzt nicht damit anfangen, falls es das ist was sie wollen. Seit dem es wieder ruhiger geworden ist versuche ich möglichst nicht daran zu denken, was mir leider schwer fällt, wenn ich jeden Tag sei- ... ihre Gesichter sehen muss."
Das war es! Zumindest dieses eine mal hatte ich Recht gehabt. Er ging Stein bewusst aus dem Weg, um die schwere Zeit zu vergessen. Schließlich hatten sie damals außergewöhnlich viel Zeit miteinander verbracht. Doch ich glaubte auch dieser plötzliche Abstand machte ihm zu schaffen.
Eine ganze Weile redeten wir über allgemeine und formelle Sachen, wobei er mir zunehmend offener und einsichtiger erschien, was mich insgeheim sehr, sehr, sehr freute.
"Ich denke ich brauche dir nicht zu sagen, wie wichtig es ist darüber zu reden-" Er warf mir bei dieser Bemerkung einen deutlich wütenden Blick zu- "Doch ich bin der festen Überzeugung, dass die meisten deiner Beschwerden mit dieser Verdrängung zusammenhängen. Du musst dich dem endlich stellen, das weißt du."
Er bewegte sich nicht, aber ich wusste, dass er Einsicht zeigte, denn es viel ihm sichtlich schwer jedem aus dem Weg zu gehen.
"Ich-" setzte er an, wurde allerdings von einem starken Hustenanfall unterbrochen, welcher seinen ganzen zierlichen Körper erzittern ließ. Als ich ansetzte ihm näher zu kommen, wies er mich allerdings ab. Der Anfall schien nicht zu enden, doch als er sich wieder beruhigt hatte, bemerkte ich seinen schweren Atem und die krampfhafte Körperhaltung.
"Weißt du was, du solltest dich deinen Ängsten schnellstmöglich stellen. Wie wäre es, wenn wir gleich damit anfangen?" Offensichtlich verstand er genau worauf ich anspielte und sah mich an, als würde ich seinen Zustand nur ausnutzen, was nicht ganz falsch war, aber die Notwendigkeit nicht verschwinden ließ. Vermutlich hatte er sich wehren wollen, doch als ihn ein erneuter Hustenanfall überkam, ließ er sich wiederwillig von mir aufhelfen. Ich war erstaunt, dass er sich mir so schnell geöffnet hatte, doch ich freute mich sehr darüber, denn höchstwahrscheinlich wusste er, dass er sich dieser irgendwann annehmen musste und womöglich hätte sich sein Zustand bis dahin nicht gebessert.
Glücklicherweise waren die Flure leer und keiner machte die Situation für Black Angel noch unangenehmer, als sie ohnehin schon war. Vor der Krankenstation angekommen merkte ich langsam wie Black Angel immer schwerer auf meiner Schulter wurde. Ich brachte ihn schnell hinein, wo wir auch schon auf Dr. Stein trafen, welcher gerade einige Dinge in einem großen weißen Schrank verstaute. Doch als die Tür geöffnet wurde, sah er sofort zu uns und seine Augen weiteten sich augenblicklich. Entweder war er überrascht darüber, dass ich ihn überhaupt hierher gebracht hatte oder, und das war leider viel wahrscheinlicher, machte er sich mal wieder Sorgen.
Sobald ich Black Angel auf einer der Betten abgesetzt hatte, kam Dr. Stein auf uns beide zu und sah mich mit einem erstaunten Gesichtsausdruck an, bevor er sich vollkommen Black Angel widmete. Doch dessen Blick schien kontinuierlich auf den Boden gerichtet zu sein.
DU LIEST GERADE
Black Angel - Seine Wiederkehr
FanfictionDas ist der 3. Teil von "Black Angel". Falls ihr also den 1. und 2. Teil noch nicht gelesen haben solltet, dann würde ich euch empfehlen die Beiden zuerst zu lesen da sonst Unklarheiten auftreten könnten :)