Kapitel 10

81 8 0
                                    

Stein POV

Aber ... Das ist nicht möglich.

Es ergab für mich keinen erdenklichen Sinn, dass sich gleich zwei Halbdämonen gerade hierher verirrt haben sollten. Mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit konnte dies kein Zufall sein, doch den Grund dafür hatte ich selbst leider auch noch nicht erkennen können. 

Als ich zum Fenster hinaus sah bemerkte ich, dass die Sonne bereits wieder aufging und ich offenbar meine ganze Nacht verarbeitet hatte, aber glücklicherweise keine dringenden Aufgaben für diesen Tag zu erledigen hatte. Ich blies meine Müdigkeit mit einem Kopfschütteln hinweg und widmete mich konzentriert wieder meinem Patienten, während eine Zigarette in meinem Mundwinkel vor sich hin rauchte.

Obwohl die meisten seiner Wunden bereits not versorgt waren, hatten ich, aber vor allem er noch eine Menge vor uns. Glücklicherweise war er nicht verwandelt und zeigte auch während meiner Untersuchungen keinerlei Anstalten dazu.

 Was mir allerdings zu bedenken gab war ...

- Nein, nicht schon wieder!-

Ich konnte nicht aufhören mich um Black Angel zu sorgen, doch ich musste mich immer wieder gewaltsam daran erinnern, dass ich nicht für ihn zuständig war. Höchstwahrscheinlich war ich ihm lästig und ich hatte ja auch absolut kein Recht mich in sein Leben einzumischen, aber da weder ein anderer noch er selbst auf ihn achtete und er sich nun mal immer wieder -gewollt oder ungewollt, sei nun mal dahin gestellt- in gefährliche Situationen begab, fühlte ich mich damals wie heute für ihn verantwortlich.

Ich verscheuchte meine trüben Gedanken und schloss die Kerkertür hinter mir zu, als ich die notwendigste Behandlung des Unbekannten beendet hatte, und ging nach oben in mein Büro. Auch wenn es, förmlich gesehen, ziemlich unhöflich schien einen verletzten Jungen in einem Kerker alleine zu lassen, blieb nur dies als einzige Möglichkeit übrig, denn wir wussten faktisch nichts über ihn. Auch er könnte gefährlich werden, falls er gerade erst seine volle Verwandlung hinter sich hatte.

Marie POV

Als ich aufwachte, schien bereits die Sonne herein. 

Was für ein wundervoller Morgen.

Dachte ich mir und machte mich schon bald auf zur Arbeit. Während der letzten Bedrohung durch den Kishin und vor allem in der Zeit danach, hatte ich gelernt für jede Kleinigkeit in meinem Leben dankbar zu sein, sei es auch nur ein Sonnenaufgang. 

Mit dieser positiven Einstellung machte ich mich auf den Weg zu Stein um ihn zu fragen, ob er nicht zufällig Black Angel zu einem Gespräch hat überreden können. Leise klopfte ich an die Tür seines Büros. Als er mir nach einiger Zeit noch nicht öffnete, klopfte ich erneut, diesmal ein wenig energischer. Vielleicht war er gerade in etwas vertieft und hatte es überhört, oder- 

Ein übermüdeter Dr. Stein, welcher offenbar gerade noch geschlafen hatte öffnete mir nun und vertrieb somit all meine Theorien über seinen Verbleib. 

"Guten Morgen." Sagte ich etwas überrascht, ihn neugierig betrachtend und analysierend. Als er dies allerdings bemerkte -wohlgemerkt ziemlich spät erst- fasste er sich, strich sich einmal durch seinen wirren Haarschopf aus grauen Strähnen und erwiderte ein sichtlich verwirrtes "Morgen."

"Ist alles in Ordnung?" kam anstelle meiner eigentlichen Frage heraus, doch meine Neugier hatte mal wieder gesiegt und ich lächelte ihm überlegen entgegen.

"Zu wenig Schlaf, warum? Nein warte, ich frag' lieber nicht. Was wolltest du?" Sagte er nun etwas wacher und kam gleich zur Sache.

Nach dem ich ihm schließlich nachsichtig mein Begehren erläuterte, verwies er mich auf sein Zimmer, in welchem ich ihn schon so oft nicht antreffen konnte. Ich bedankte mich trotz dessen und nahm seinen Rat, ihn nicht allzu sehr anzustrengen ernst. Was wohl geschehen sein mag?

Ich kümmerte mich nicht weiter um diese Frage, ich würde die Antwort hoffentlich bald von ihm erhalten. 

Ich bedankte mich bei Dr. Stein und ließ ihn nun weiter schlafen, schließlich hatte er meine Bitte erfüllt. Auf dem Weg nach oben war ich zwar etwas nervös, doch gleichzeitig platzte ich beinahe vor Neugier. Meine Zeit auf Ozeanien hatte interessiert damit verbracht alles mögliche über die menschliche Psyche zu lesen und zu lesen, was mich natürlich nicht zu einer Psychologin machte, doch ich konnte stolz behaupten wenigstens im Ansatz hilfreich zu sein, falls es um solche Sachen ging. Darüber hinaus konnte ich mir gut vorstellen warum Stein gerade mich mit dieser Aufgabe betreute: Ich war mit großer Wahrscheinlichkeit die Einzige die er kannte, welcher er in so einem Fall Black Angel anvertrauen würde.

Mit ein klein wenig Stolz gefüllt klopfte ich nun an seine Tür. Dr. Stein hatte mir für den Fall, er würde nicht öffnen, allerdings auch den Schlüssel gegeben, doch ich wollte nicht unnötig in seine Privatsphäre eindringen. 

Doch anscheinend, kannte Stein ihn besser als ich, denn auch nach dem dritten Klopfen und einigen Rufen machte er nicht auf. Nach einer kleinen Vorwarnung öffnete ich schlussendlich doch die Tür mit Steins Universalschlüssel.  Auch wenn ich mich wunderte, weshalb er diesen besaß, schließlich war er in keinster Weise für die Zimmer verantwortlich.

Innen erwartete mich die typische Studentenbude. Viele Sachen lagen verstreut und der Geruch ließ zu wünschen übrig. Der einzige Unterschied bestand wohl darin, dass normale Studenten in ihren Betten schliefen und nicht (zumindest meistens nicht) auf dem Boden.

Ich schloss die Tür, denn ein lähmender Gedanke beschlich mich plötzlich. So betrachtet lag er reglos auf dem Boden und dazu verwandelt. Glücklicherweise hatte Stein mich vorgewarnt ... jeder andere hätte nun augenblicklich die entgegengesetzte Richtung eingeschlagen. Bei genauerer Betrachtung schien er sogar schwer verletzt, doch mit Sicherheit wusste Stein davon nichts, denn sonst hätte er keine Minute lang geschlafen. 

Als ich ihn leicht anfing seinen Körper abzutasten und seinen Puls zu fühlen, wachte er glücklicherweise, aber mit einem Stöhnen auf. Ich nahm einen ausreichenden Sicherheitsabstand ein und redete beruhigend auf ihn ein.

"Was ... machen sie in meinem Zimmer?" Brachte er mit Mühe hervor. Ich war froh, dass er so gelassen auf meine Anwesenheit reagierte, gleich wohl seine Stimme feindselig klang und er womöglich einfach nicht in der körperlichen Lage war einen anderen Eindruck zu erwecken.

"Eigentlich wollte ich mit dir reden, aber wie ich nun sehe, hast du gerade größere Probleme. Ich werde nur eben-"

"N- Nein ..." Unterbrach er mich schnell und kalt, als er mein Vorhaben ahnte. "Bitte lassen sie mich einfach in Ruhe und gehen sie." Fügte er schnell hinzu, obwohl ich für einen kurzen Moment geglaubt hatte er würde sich vielleicht erklären. Doch, dass er nun schon wieder so abweisend reagierte störte mich. "Black Angel, jeder lässt dich in Ruhe, aber dir geht es nicht gut, du brauchst Hilfe!" Reagierte ich nun energischer.

Für einen kurzen Moment blieb es still, bis ich mich, entschlossen mich zunächst um seinen körperlichen Zustand zu kümmern, auf dem Weg zur Tür machte. 



Black Angel - Seine WiederkehrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt