Kapitel 16

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Stein PoV

Als ich gerade dabei war, ein wenig Ordnung zu machen hörte ich wie die Tür geöffnet wurde. Ich drehte mich um und war wenig überrascht als ich Black Angel im Türrahmen entdeckte. Was mich allerdings wunderte war, dass er klitschnass dort stand und praktisch den ganzen Biden voll tropfte. Während ich ihn weiter beobachtete erinnerte ich mich daran, wie ich mir versprochen hatte ihn nun endlich in Ruhe zu lassen. Ich war mir bewusst geworden, dass ich es übertrieben hatte, das Ganze mit Marie und meine andauernden Versuche ihn zu einem Gespräch zu bringen ... Dazu hatte ich nicht das Recht. Ich würde auch versuchen mich nicht mehr um ihn zu kümmern, das war wiederum nicht meine Aufgabe.
Mit diesem Gedanken wandte ich mich wieder meiner Arbeit zu und fragte kalt "Was willst du hier?".
Er antwortete lange nicht, schien meine abweisende Art aber zu ignorieren. "Ich möchte reden, das muss ich ... Ich weiß jetzt, dass ich es muss." Sagte er mit klarer Stimme.
Auch, wenn ich ihn schniefen hörte, lag das sicher weniger an seiner Emotionalität, sondern eher an einer sich anbahnenden Erkältung, die er sich mit Sicherheit eingefangen haben musste.
Auf seine Aussage kannte ich aber leider keine so genaue Antwort. Nun wollte er reden? Nachdem ich mir endlich geschworen hatte das zu beenden? Ich wusste nicht, ob das eine so gute Idee war ...
"Warum jetzt? Du ... Hattest lange Zeit, dich mir oder Marie anzuvertrauen ..." Antwortete ich langsam und ruhig. Seine Reaktion darauf interessierte mich sehr, weshalb ich beschloss mich umzudrehen und ihn nun doch zu beobachten. Er stand immer noch, hatte aber die Tür nicht geschlossen. Ich überlegte mich einfach hinzusetzen, doch ich hatte keine Lust andere neugierige Schüler abwimmeln zu müssen, die mich wegen irgendwelcher Belanglosigkeiten aufsuchten.
Also stand ich auf, um die Tür zu schließen. Auch dem Weg dorthin fiel mir auf, dass er nervös schien und sein Gesicht ebenfalls gerötet war ... "Ich wusste schon die ganze Zeit, dass ich dieses Gespräch nicht vermeiden konnte, aber ich war einfach nicht in der Lage dazu, das alles wieder zu erleben." Obwohl ich Ruhe bewahren und ihm zuhören sollte, fiel es mir nicht leicht einen klaren Kopf zu bewahren. Aus irgendeinem Grund entwickelte ich eine anschwellende Wut auf ihn. "Es fällt mir unglaublich schwer alleine mit dir zu sein und ... Ich dachte, ich bräuchte es nicht, aber-"
Ich hatte gerade die Tür geschlossen als ich ihn, aus irgendeinem Grund, wütend an die Wand neben der Tür drückte, vor welcher er eben noch gestanden hatte und ihn eindringlich ansah. "Black Angel ... Warum bist du bloß so ... stur?" Fragte ich mit einer interessierten Stimme.
Ich sprach sehr leise, aber in meiner Stimme klang kein Stück Mitgefühl mit. Dazu musste ich scheinbar unbewusst ein ziemlich angsteinflößendes Lächeln aufgesetzt haben, denn ich bemerkte kurz danach, dass Black Angel irgendwie völlig schockiert und wie versteinert da stand und mich ansah. Er zitterte auch, was sicher nicht nur an seinen nassen Sachen lag.
Schnell ließ ich von ihm ab und entfernte mich. "Ich weiß ... Du hast Recht, das war eigensinnig von mir, tut mir leid." Er stand immer noch an die Wand gelehnt, rührte sich nicht und hatte seinen Blick dem durchaus interessanten Boden gewidmet. Mit so viel Einsicht hatte ich gar nicht gerechnet.
"Gut" erwiderte ich gelassen und optimistisch "Dann lass uns reden, über alles." Den letzten Teil betonte ich besonders und ich genoss gewissermaßen seinen ängstlichen Blick als Reaktion auf meine plötzliche Sachlichkeit, welche typisch für mich war und viele wie ein kleines hilfloses Tier unter meinem Messer fühlen ließ. Es erfüllte mich mit Genugtuung, auch wenn dieses Gespräch auch in mir sicher vieles wachrufen würde.

Black Angel PoV

Immer noch durchnässt und durchaus nervös überlegte ich was ich nun tun sollte. Die Betten würde ich nur nass machen, aber stehen wollte ich auch nicht länger, weshalb ich mich sachte die Wand hinunterrutschen ließ und auf dem Boden sitzen blieb.
Stein reagierte glücklicherweise nicht darauf, denn irgendwie machte er mir immer noch Angst. Wie immer: Sein sachlich-verstörendes Lächeln und dieser fordernde Blick ...
Ich entschloss mich aber nun endlich doch dazu anzufangen und zu reden.
"Also ... Ich weiß eigentlich gar nicht so recht, worüber ich reden soll."
"Erzähl mir einfach, woran du so oft denken musst, auch in deinen Träumen und vor allem in deinen Albträumen."
Woher wusste er das?
Vielleicht hatte Marie ihm etwas erzählt oder ... Er wird mich doch nicht beobachtet haben? Diese Vorstellung verunsicherte mich zunehmend.
Sein Lächeln genügte mir jedoch schon als Antwort.

Ich fing trotz allem an lange -nein, sehr lange- erzählen, von all den schrecklichen Dingen, die ich getan hatte: Ich hatte Menschen getötet, meinen Bruder und Tamara sterben lassen und meine Freunde unablässig in Gefahr gebracht. Ich hatte unverzeihliche Dinge getan und die Bilder aus dem Kampf mit der Burdin Academy schwirrten zunehmend in meinem Kopf herum während ich einfach redete und redete.
Stein blieb währendessen still und rührte sich praktisch die ganze Zeit über nicht, was mir weniger das Gefühl gab ich müsste es ihm erzählen, sondern nur mir selbst.
Plötzlich kamen all diese verdammten Bilder und Erinnerungen in mir hoch und mischten meine Gefühle.
Ich stockte auf einmal in meinem Redefluss und versuchte meine aufkommenden Tränen zu unterdrücken. In meinem Hals bildete sich ein Kloß und ich ließ meinen Kopf auf meine Knie sinken.
Eine ganze Weile verharrte ich in dieser Position und blickte nur in in die schwarze Leere, bis ich auf einmal etwas auf meiner Schulter spürte. Ich erschak und zuckte heftig zusammen, bis ich bemerkte, dass es nur Steins Hand war, die er mir beruhigend auf die Schulter gelegt hatte und die eine gewisse Wärme ausstrahlte. "Immerhin, ein Anfang." Sagte er nur und richtete sich wieder auf. Ich sah nun auch auf und bemerkte, dass das Zimmer komplett dunkel war. Kein Licht war eingeschaltet und auch draußen schien keine Sonne mehr.
Vorsichtig richtete ich mich auf und war etwas ratlos in meiner jetzigen Situation, unsicher was ich nun tun sollte.
Dr. Stein ging zur Tür und bedeutete mir ihm zu folgen, was ich dann auch tat. Als wir uns vor dem Raum befanden schloss er ab und machte sich auf in die Richtung des Büros. "Ruh dich aus und zieh dir trockene Sache an, bei einer Erkältung gibt es für mich nichts zu operieren!"
Verwirrt stand ich nun da und verarbeitete die Geschehnisse der letzten Stunden sorgfältig.

Black Angel - Seine WiederkehrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt