Die Buchhandlung, in der das Event stattfinden soll, und die Jessica in ihrer E-Mail als „typisch britisch" beschrieben hat, entpuppt sich als Paradies auf Erden. Rosie, eine der Eigentümerinnen, führt mich durch die beiden Etagen und erzählt mir, dass sie die Buchhandlung vor zehn Jahren zusammen mit ihren zwei besten Freundinnen aus dem Nichts heraus aufgebaut hat. Es war kein Geschäft, das sie alle drei reich machen würde, dafür aber ein Herzensprojekt, und genau das spürt man schon beim Betreten. Neben all der Neuerscheinungen gibt es einen Bereich mit gebrauchten Büchern und Antiquitäten. Überall stehen nicht zusammenpassende, teilweise stark zerschlissene Lesesessel und beide Etagen sind so verwinkelt, dass ich das Gefühl habe, immer wieder neue Ecken zu entdecken.
Ehe ich mich zurückhalten kann, liegen einige Bücher und Lesezeichen in meinem Arm. Rosie schmunzelt, als ich ein Regal mit gebrauchten Kriminalromanen mit Londoner Bezug durchsehe.
„Haben Sie mal in einer Buchhandlung gearbeitet?"
Ich halte in meiner Bewegung inne, betrachte meine Finger und muss ebenfalls schmunzeln. Ohne mir dessen bewusst zu sein, habe ich die Bücher bis an die Kante des Regals geschoben; die Bücher in der Auslage habe ich im Vorbeigehen so ausgerichtet, dass die alle parallel zueinander liegen.
„Erwischt", sage ich und lege ein weiteres Buch auf den Stapel in meinem Arm. „Es war nur ein kleiner Nebenjob für etwas mehr als ein Jahr, aber manche Dinge gehen einem so in Fleisch und Blut über, dass man sie scheinbar nicht mehr ablegt."
Das Ambiente beruhigt mich. Buchhandlungen waren schon immer ein Ort, an den ich mich zurückziehen und in dem ich stundenlang verschwinden konnte. Rosie und ihre Kolleginnen haben das Event mit so viel Liebe zum Detail geplant und ausgerichtet, dass ich mich von der ersten Sekunde an wohlfühlen kann.
Es gibt kein helles, kühles Licht, sondern mehrere indirekte Lichtquellen, die die obere Etage in warmes, heimeliges Licht tauchen. Die Stühle stehen nicht so dicht nebeneinander, dass man sich gegenseitig auf dem Schoß sitzt und an einer der langen Wände steht eine Art kleines Buffett mit Kaffee, Tee und Gebäck. Es riecht nach Büchern und Kaffee und ich erwische mich dabei, dass ich mich auf die kommenden zwei Stunden freue.
Die Presseleute lassen sich an einer Hand abzählen und entgegen meiner Erwartung sind sie ausgesprochen höflich und zurückhaltend. Nachdem sie mich begrüßt und einige Fragen zum Ablauf gestellt haben, nehme ich sie gar nicht mehr so richtig wahr und in dem Moment, in dem Rosie die Türen für die Leser öffnet, gleicht alles viel mehr einem Zusammentreffen von Menschen mit den gleichen Interessen, als einer offiziellen Veranstaltung.
Ich habe mir einen Kräutertee genommen und vor Kopf der Stuhlreihen Platz genommen. Es ist das klassische Arrangement einer Lesung, aber weil sich alle mit Getränken eindecken und entspannt miteinander plaudern, fühle ich keinen Druck, eine gewisse Leistung abzuliefern. Stattdessen bin ich gespannt auf den Austausch.
Es kommt mir immer noch seltsam vor auf dieser Seite des Raumes Platz zu nehmen, denn vor nicht allzu langer Zeit habe ich auf der anderen Seite gesessen, oftmals gar nicht so sehr wegen der Lesung an sich, sondern wegen der Chance, vielleicht einen Rat abzufangen, zu connecten oder einfach im Schreibprozess nicht nur einsam hinter meinem Laptop zu sitzen.
Gerade, als ich das Wort ergreifen und die Veranstaltung eröffnen möchte, schiebt sich Evelyns Kopf durch den Aufgang der Wendeltreppe. Sie grinst entschuldigend und huscht zu einem der Plätze in der letzten Reihe. Hinter ihr, und eigentlich sollte mich das nicht überraschen, geschweige denn nervös machen, erscheint Harry. Er zwinkert, bevor er sich auf den Stuhl neben Evelyn setzt.
Ein Raunen geht durch die Anwesenden, beinah alle Köpfe drehen sich zu den beiden um und die Fotografen beginnen sofort mit ihrer Arbeit.
Ich verstecke mein Grinsen, indem ich einen tiefen Schluck aus meiner Tasse nehme und lasse allen einen Moment, das Auftauchen der beiden zu verarbeiten. Tatsächlich bin ich ein bisschen erleichtert darüber, dass kein Tumult oder ähnliches ausgebrochen ist. Es fällt mir immer noch schwer, die Reaktion der Presse abzuschätzen.
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»3 am« [harry styles]
RomanceStell dir vor, du schreibst ein Buch. Und ohne, dass du jemals damit gerechnet hättest, wird dieses Buch zu einem unglaublichen Erfolg. Die halbe Welt verschlingt es; leidet, lebt und liebt mit den Protagonisten, und diese kleine Geschichte zieht im...