Kapitel 10.

577 40 31
                                    

Katherine ist die Verblüffung anzusehen, als sie auf ihre Nachfrage, wie der Tag bisher gelaufen ist, von mir keine positive Antwort enthält. Für eine Milisekunde habe ich überlegt, einfach nichts zu sagen, um der Konfrontation aus dem Weg zu gehen, doch dann hatte ich die Schultern gezuckt und zugegeben, dass ich die Arbeit heute als ausgesprochen problematisch empfunden hatte. Sie hört augenblicklich auf in ihrer Tasche herumzukramen und setzt sich zu mir an den Tisch.

Der Aufenthaltsraum ist erst seit ein paar Sekunden wieder leer, vermutlich weil die nächste Szene gedreht wird, ich hatte mich aber nicht dazu aufraffen können, Max bei seiner Arbeit zuzusehen. Als Katherine, noch immer ganz rausgeputzt von ihrem Vormittagstermin, den Aufenthaltsraum betreten hatte, hatte ich gerade darüber nachgedacht, mich einfach zurück ins Hotel fahren zu lassen. Statt mich hier zu verstecken, könnte ich im Hotel vor meinem Laptop auf und ab tigern und krampfhaft die Worte suchen, die ich bis vor kurzem noch im Kopf gehabt hatte.

„Was heißt problematisch?"

„Naja", ich drehe meinen leeren Becher zwischen den Fingern. „Ich hab euch von Anfang an gesagt, wenn Amy plötzlich Röcke statt Jeansshorts trägt oder ihr die Haarfarbe ändert ist mir das herzlich egal. Nur bei entscheidenden Änderungen hätte ich gern mein Vetorecht. Naja", ich stocke, denn das Bedürfnis ihr zu sagen, dass sich Max beschissen aufgeführt hat, und dabei genau diese Worte zu wählen, ist unsagbar groß. Allerdings verstecke ich mich seitdem entweder im Aufenthaltsraum oder im Auto, ich kann also nicht von mir behaupten, in dieser Sache die Erwachsene zu sein.

„Max' und meine Vorstellungen gehen offenbar sehr weit auseinander. Und wir scheinen nicht die kooperativsten Menschen zu sein."

Katherine lacht zynisch auf. „Herrgott, das seid ihr wirklich nicht. Ich weiß, dass Max' Vorstellung in einigen Punkten stark von deiner abweicht und dass er ein gottverdammter Sturkopf sein kann", um ihrer Aussage die Schärfe gegen einen ihrer Angestellten zu nehmen, blickt sie mich eindringlich an und schiebt dann: „ihr seid Künstler, ich glaube ihr kommt dickköpfig auf die Welt, wenn es um eure Vorstellungen geht", hinterher. „Ich habe ihm allerdings auch gesagt, dass du das letzte Wort haben würdest."

Sie rafft ihre Tasche zusammen und steht auf. „Los, das wird sich nicht klären, wenn du für den Rest der Dreharbeiten hier sitzen bleibst. Wir schaffen das jetzt aus der Welt."

Katherine erinnert mich mit ihrer zielstrebigen, oftmals pragmatischen Art in wahnsinnig vielen Momenten an Jessica. Sie ist die Art von Mensch, der die Aufmerksamkeit eines ganzen Raumes auf sich lenken kann, nur indem sie ihn betritt. Als sie „Fünf Minuten Kaffeepause für alle Anwesenden" durch die Kulisse ruft, scheint jeder die darin implizierte Aufforderung zu verstehen. Nach und nach leert sich der Raum.

Als Max dem allgemeinen Strom folgen will, hält sie ihn am Arm zurück. „Du nicht. Wir haben eine Krisensitzung."
Statt ihr Widerworte zu geben, die ich mir sicherlich hätte anhören können, setzt er sich zurück auf seinen Stuhl und positioniert die Arme auf den Lehnen. Er beachtet mich nicht, als ich mich ihm gegenüber auf einem der anderen Stühle niederlasse. Katherine steht wie eine Moderatorin zwischen uns. Es ist mir ein bisschen unangenehm, dass sie sich diesem Disput annehmen muss.

„Also, wir sind alle aus dem Alter raus, wo wir uns jetzt hier gegenseitig beschuldigen, ich will also keinen 'sie hat...'; 'er hat aber...'-Kram hören. Fakt ist: wir orientieren uns am Buch", sie wendet sich an mich. „Wie sollte Amy sein?"

Ich räuspere mich. „Amy ist anfangs selbstbewusst. Sie sucht keinen Mann, und vor allem keinen, der in seiner Suche scheinbar wahllos ist. Das Ganze schlägt im Laufe der Zeit um, als sie merkt, dass Noah, was sie betrifft, alles andere als unwillkürlich ist. Er verunsichert sie erst dann, als tatsächlich Gefühle mitmischen. Aber zu Anfang lässt sie sich nicht die Butter vom Brot nehmen."

»3 am« [harry styles]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt