Auf nach Potsdam
„Sophie? Schatz? Wir kommen zu spät!", rief ich in Sophies Badezimmer hinein. Ich war eigentlich nur gekommen um sie abzuholen, aber nun wartete ich schon seit einer Viertelstunde vor dem Bad, denn sie war immer noch dabei sich zurecht zu machen.
„Ich bin gleich fertig. Bring doch bitte schon Mal meine Tasche runter."
Ich stöhnte genervt.
„Mach ich. Aber der Zug wartet nicht auf uns."
Als ich wieder nach oben kam, war sie immer noch nicht fertig.
„Sag mal...", begann ich, zögerte aber dann.
„Ja? Was?", hörte ich ihre gedämpfte Stimme aus dem Badezimmer.
„Hast du nochmal mit Mik geschrieben? Nicht dass wir umsonst nach Potsdam fahren, und er hat es vielleicht vergessen.", sagte ich wage. Sophie lachte.
„Nein, nein, ich habe erst gestern mit ihm geschrieben. Er holt uns halb fünf vom Zug ab.",
„Okay, gut", sagte ich, weil sie mein stummes Nicken ja nicht sehen konnte.
Ihr schrieb er also zurück. Mir nicht. So war es also inzwischen.
Als Sophie endlich aus dem Bad kam, sah sie wunderschön aus. Und künstlich. Wie ein Püppchen. Hoffentlich zerbrach sie nicht, wenn ich sie anfasste.
Laura wartete am Bahnhof auf uns. Sie war ein wenig genervt, dass wir so spät kamen, doch ich redete ihr gut zu, sagte ihr nichts davon, dass Sophie es war, die so lange gebraucht hatte, und letztendlich erwischten wir mit Ach und Krach unseren Zug.
Mik wartete bereits am Bahnsteig, als wir ankamen. Unsere Blicke trafen sich, noch bevor die Mädchen ihn gesehen hatten. Doch kaum hatte er mich erkannt, wandte der den Blick ab.
Ich sah wie er erst Laura und dann Sophie in die Arme schloss. Ich stand ein wenig unbeholfen daneben, wartete ab was er tun würde. Mik sah mir nicht in die Augen, zog mich aber in eine kurze Umarmung.
Bei ihm zuhause angekommen, bot er uns etwas zutrinken an, und wir setzten uns. Seine Wohnung war klein, aber gemütlich. Nicht zu ordentlich, aber auch kein Saustall.
Laura und Sophie begannen bald zu plappern, und erzählten von der Zugfahrt, während ich mich im Hintergrund hielt. Auffällig war, das Miks Blicke immer wieder zu mir huschten, doch wenn ich dann aufsah, sah er schnell woanders hin.
Ich ließ mir nicht anmerken, wie sehr mich das wurmte, und setzte mich lieber zu Sophie, die sogleich meine Hand nahm.
„Wollen wir dann noch feiern gehen?" fragte Mik irgendwann. Wir könnten uns um neun mit Tommy und ein paar Freunden vor unserem Lieblingsclub treffen.
„Wer ist Tommy?" fragte Laura interessiert, ihr schien aufgefallen zu sein, dass er der einzige war, den Mik namentlich erwähnt hat.
„Na sein Freund, natürlich", sagte Sophie, so als hätte das Jeder wissen müssen. Dann fügte sie an Mik gewandt hinzu: „Habt ihr euch wieder versöhnt?"
Mik schien sich bei dieser Frage unwohl zu fühlen.
„Ja, eigentlich schon. Ist aber immernoch schwierig. Irgendwie streiten wir mehr, als wir uns verstehen. Richtig bescheuert. Aber im Moment ist alles gut...soweit.", nuschelte er in ihre Richtung. Vermutlich war das kein Thema was er so in der Gruppe besprechen wollte.
Kurz vor halb neun, machten wir uns auf den Weg zu dem von Mik erwähnten Club. Wie er schon angekündigt hatte, warteten dort bereits vier Leute, drei Jungs und ein Mädel, auf uns. Aus dem Augenwinkel beobachte ich wie Mik und Tommy sich einen flüchtigen Kuss gaben, und Tommy dann nach Miks Hand griff, die er wiederum allerdings subtil weg zog. Wie „Alles in Ordnung" sah mir das nicht grad aus.
Die anderen stellten sich kurz vor, die beiden anderen Jungs, schienen ebenfalls ein Paar zu sein. So schnell stand ich hier und sah nun live, was mir vor ein paar Monaten noch so unwirklich erschien. Aber was sollte ich sagen? Es war eigentlich nichts Bemerkenswertes. War es nicht völlig egal ob ein Paar nun aus einem Jungen und einem Mädchen oder eben aus zwei Jungs oder zwei Mädchen bestand? Warum hatten man in den Medien immer das Gefühl diese Leute kämen von einem anderen Stern? Hier schien das so normal zu sein, wie alle anderen Beziehungen auch. Und das gefiel mir irgendwie.
Sophie zog mich hinter sich her in den Club, denn sie hatte Angst, dass wir uns in dem Gedränge verlieren könnten.
Erst als wir drinnen waren, stellte ich fest dass dies anscheinend ein Gayclub war, denn einige gleichgeschlechtliche Paare tanzten bereits ausgelassen miteinander auf der Tanzfläche.
Sophie und ich kauften uns zunächst Getränke, und die ganze Gruppe fand sich in einer der letzten freien Sitzecken ein.
Um sich zu unterhalten war es hier zu laut, also nippten wir an unsren Drinks, und beobachteten die Tanzenden. Die beiden anderen Jungs, deren Namen ich schon wieder vergessen hatte, machten sich kurz darauf auf zur Tanzfläche und Laura wurde fast zeitgleich zum Tanzen aufgefordert. Von einem Mädel. Sie nahm zur Überraschung aller an, und verschwand mit ihr auch in Richtung Tanzfläche. Schließlich saßen wir nur noch zu viert am Tisch. Tommy und Mik sprachen miteinander, doch ich konnte ihre Worte kaum verstehen. Dennoch hatte es den Anschein, als wollte Tommy Mik überreden mit raus zu gehen, um in Ruhe zu reden. Mik schien von der Idee weniger begeistert zu sein, willigte aber schließlich ein. Da wir keine Lust hatten, alleine hier zu sitzen, tanzten wir auch ein wenig, was aber bei der inzwischen sehr vollen Tanzfläche schwierig war. Ständig hatte ich Sophies blonde Haarmähne im Gesicht. Nach einer Weile beschlossen wir, draußen frische Luft zu schnappen. Als wir nach draußen kamen, saßen dort schon Laura und ihre neue Bekanntschaft und redeten. Laura zuckte mit den Achseln und lächelte, als ich ihr einen fragenden Blick zuwarf. Sophie setzte sich dazu und ich entschuldigte mich um die Toilette aufzusuchen.
Da drinnen die Kloschlangen viel länger waren, als es meiner Harnblase gut tat, ging ich wieder nach draußen, um dort vielleicht eine stille Ecke zum pinkeln zu finden. Als ich um die Ecke des Gebäudes kam, sah ich zwei, eng mit einander verschlungene Gestalte, nahe bei dem Zaun stehen, den ich angesteuert hatte. Ich ging zögerlich ein paar Schritte weiter, hielt aber inne, als ich erkannte dass es Mik und Tommy waren, die sich da leidenschaftlich küssten. Tommys Hand lag auf Miks Hintern, und Mik hatte beide Arme fest um Tommy geschlungen. Ich starrte die beiden ungeniert an, wand aber meinen Blick schnell ab, als ich mich wieder gefangen hatte. Schnellen Schrittes lief ich in die entgegengesetzte Richtung, denn ich wollte auf keinen Fall, dass Mik erfuhr, dass ich sie beobachtet hatte.
Verwirrt und mit einem komischen Gefühl im Bauch, betrat ich kurze Zeit später wieder den Club.
Der Abend endete etwas chaotisch. Keiner wusste mehr wo die anderen waren, einige waren schon gegangen, in dem Glauben der Rest sei auch schon unterwegs und so beschlossen wir uns einfach bei Miks Wohnung wieder zu treffen.
Sophie und ich trafen Laura in der Bahn. Da von Mik und Tommy jede Spur fehlte, hatten wir Mik geschrieben, und hofften dass er die Nachricht bekommen hatte. Schließlich hatte nur er einen Schlüssel für seine Wohnung wo sich all unsere Sachen befanden.
Als wir in das Treppenhaus kamen, hörten wir bereits Miks und Tommys aufgebrauchte Stimmen durchs Haus hallen. Durch den starken Hall, verstanden wir kein Wort, aber das brauchten wir auch nicht um die Stimmung aufzuschnappen.
„Sie streiten sich schon wieder!" sagte Sophie traurig, als wenn ich das nicht selbst mitbekommen hätte.
Mir war schwindelig von so viel hin und her an einem Abend. Selbst mir als Außenstehender war das zu viel. Wir waren noch nicht in Miks Etage angelangt, da stürmte uns auch schon Tommy entgegen, mit rotem Kopf und schnaubend. Er ignorierte uns vollkommen, rannte weiter die Treppen runter während ihm Mik nur „Dann geh doch!", hinterher brüllte. Kurz darauf knallte unten die Tür. Es war still.
Mit einem unguten Gefühl im Magen, nahmen wir die restlichen Stufen bis zu Miks Wohnung, und fanden einen leise vor sich hin schluchzenden Mik vor. Ich fühlte mich in dieser Situation so unwohl, dass ich am liebsten wieder umgedreht und gegangen wäre, doch Sophie ging voraus, so dass ich keine Wahl hatte als mitzugehen.
Sie nahm Mik in den Arm, der leise schniefte, und um Fassung rang. Mik hielt sie einen Moment fest, dann sammelte er sich kurz.
„Sorry, dass ihr das mitbekommen habt. So jetzt kommt erstmal rein. Diese Nacht schreit nach Wodka!"
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More than youthful curiosity - eine Kostory FF
FanfictionMik und Kostas lernen sich zunächst über das Internet kennen. Was als lockere Freundschaft beginnt, wird bald mehr als das. Wie wird Kostas damit umgehen, als er sich eingestehen muss, dass er tatsächlich auf einen Typen steht? (Ich habe mich etwa...