Hey Bro

889 56 11
                                    


Kostas:

Mir war es in den letzten Wochen richtig dreckig ergangen. Ich hatte kaum geschlafen, kaum gegessen, und auch sonst nichts gemacht, außer mich in die Schule zu schleppen und am Nachmittag wieder zurück.

Warum wird man sich erst dann richtig bewusst darüber, was man hatte, wenn man es verloren hat? Mik war der einzige Mensch gewesen, der einfach gewusst hatte, wer ich war, noch bevor ich es selbst wusste. Wenn ich ihn verlor, was blieb mir dann noch?

Ich hatte in den vergangenen Wochen viel darüber nachgedacht wie es für mich weiter gehen sollte. Da Josi die einzige war, die Bescheid wusste, hatte ich viel mit ihr geredet, manchmal hatten wir die halbe Nacht durch telefoniert. Und bei all den Gesprächen, den Ausführungen und den Spekulationen, war mir eins endlich klar geworden.

So klar, wie es mir hätte seit Wochen sein müssen. Das hier war keine Phase. Ich würde nie mit einem Mädchen das Erleben war ich mit Mik erlebt hatte. Ich würde nie für ein Mädchen das empfinden, was ich für ihn empfand. Ich war einfach schwul. Nicht mehr und nicht weniger. Schwul und dazu noch bis über beide Ohren verknallt in den Typen, den ich gerade ziehen lassen hatte.

Das Leben war ein komisches Kostruckt.

Was ich auch gelernt hatte war: Ich musste keine Angst haben, es jemandem zu erzählen. Schließlich gab es keine andere Möglichkeit für mich. Ich würde so leben müssen, um glücklich zu werden. Und da war es auch egal ob sich Freunde oder Familie von mir abwandte (was ich natürlich nicht hoffte). Denn wenn das der Fall wäre, wären sie eben nie meine Freunde gewesen. Denn dann hatten sie die Illusion von mir gemocht. Nicht mich. Denn das gehörte nun Mal zu mir. Hatte es wohl schon immer, doch klein Koschti war zu doof das mitzubekommen. Und dann war er zu doof es zu akzeptieren.

Wieder stand ich vor dem Spiegel.

„Du bist schwul", teilte ich meinem Spiegelbild mit. „Total schwul!" setzte ich nach. „Und das ist völlig Okay, verdammte Scheiße!" Ich grinste, und mein Spiegelbild grinste zurück.

„Ich liebe dich, Miki", flüsterte ich, weniger euphorisch. Mein Spiegelbild sah mich traurig an.

Wenige Stunden später stand ich vor Eriks Tür. Er war mein ältester Freund hier. Und gleichzeitig war er einer der Menschen, dessen Reaktion ich am wenigsten einschätzen konnte. Dennoch war ich mir sicher, dass ich ihm vertrauen konnte. Er würde der erste sein, der es von mir erfährt. Es war Zeit die Karten auf den Tisch zu legen.

„Hey Bro", begrüßte er mich und hielt mir die Tür auf, damit ich eintreten konnte. Er gab mir die Hand, während er mich dem linken Arm kurz an sich drückte.

„Hey", begrüßte ich ihn kleinlaut.

„Kann ich mal mit dir reden? Am besten... jetzt gleich?" fragte ich und Erik nickte nur.

„Klar. Willst du ne Coke? Oder irgendwas anderes?"

„Ne, lass mal."

Wir setzten uns an den Tisch. Eine Weile herrschte Stille. Ich wusste nicht so recht wo ich anfangen sollte, also sagte ich einfach irgendwann das, was mir gerade in den Kopf kam.

„Ich glaube ich hab so richtig scheiße gebaut..."

„Okay. Welche Art von scheiße denn? Soll ich ne Schaufel und Mülltüten besorgen?" er grinste. Ich lächelte matt.

„Ich bin nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten, keine Sorge", sagte ich und seufzte." Es ist eher... so ne Herzensangelegenheit" sagte ich und lief rot an. Erik zog eine Augenbraue hoch.

More than youthful curiosity - eine Kostory FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt