Caput quattuor

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Montag

Ich sah in den Spiegel und betrachtete mich selbst. Meine graublauen Augen zeigten keine Emotionen und strahlten Kälte aus. Meine westeuropäischen, hellbraunen Haare hingen mir langweilig über die Schultern und wirkten spröde. Mein Gesicht schien etwas rundlich aber dennoch hart durch meinen schmalen Mund, der wenn ich normal schaute mit den Mundwinkeln nach unten etwas traurig schien. Meine Figur war nichts besonderes, vielleicht hatte ich sogar etwas mehr auf den Rippen, doch es störte mich nicht. Es war mir egal.

Enstpannt sah ich auf die Baduhr, in fünf Minuten musste ich vor unserer Haustür stehen und bereit für die Schule sein, doch ganz im Ernst? Ich war noch nie bereit für Schule. Müde fuhr ich mir über mein Gesicht und verdrehte genervt die Augen. Ich war schon immer ein Morgenmuffel. Meiner Meinung nach, sollte es morgens und abends Schule geben und je nachdem was man für ein Typ von Mensch war zu der Zeit dorthin gehen an der man sich am energiegeladensten fühlt.

" Schatz? ", rief meine Mutter aus der Küche. " Ja, ich bin gleich fertig! ", beantwortete ich ihre unausgesprochene Frage und sah mir ein letztes Mal in die Augen. Immernoch keine Emotionen.

Schnell verlies ich das Bad und ging auf meine Mutter zu, die mir bereits mit kaputtem Lächeln die graue "Micky-Mouse" - Schultasche hinhielt.
Heute war kein guter Tag und das schien nicht nur ich zu bemerken.
Wir umarmten uns kurz und ich schenkte ihr nochmals ein aufmunterndes Lächeln, bis ich mich zu Maja umdrehte und sie hinter den Ohren graulte. Ihre herzerwärmenden braunen Augen gaben mir etwas Kraft. "Viel Spaß in der Schule!", wünschte mir meiner Mutter, was ich mit einem einfachen 'Danke' erwiderte.

Entschlossen nahm ich meinen Rucksack entgegen und verlies unsere Wohnung, um schlussendlich die Wendeltreppe hinunter zu trippeln und die zweite Haustür hinter mir zu schließen. " Hey Liebes! ", rief mir meine Tante entgegen, die gegen aller meiner Erwartungen in ihrem neuen 'Range Rover Discovery', saß und auf dem Rücksitz der Kleinkriminelle. Sie vertraute ihm offensichtlich nicht.
Gespielt lächelnd ging ich auf die Beifahrertür zu, um sie zu öffnen, bis mich meine Tante stoppte.

"Die Kinder sitzen hinten!", gab sie sarkastisch grinsend von sich .

"Nicht dein Ernst!?"

"Und wie es mein Ernst ist! Hopp' hopp' die Schule beginnt bald und ihr wollt' doch nicht zu spät kommen?", konterte sie lachend.

Brummend stieg ich also auf den Rücksitz neben den Idioten, der mich blöd angrinste. " Ein Wort und du wünschst dir mich nie kennengelernt zu haben! ", gab ich zickig von mir und verschrenkte die Arme. "Weißt du, noch mehr von diesen Gartenzwerg-Drohung und ich geh zur Polizei! Ich fühle mich wirklich bedroht!", gab er hochnäsig und sarkastisch von sich. Beinahe hätte er meine Faust in seinem Gesicht gehabt, doch Miss Ruhestifterin verhinderte dies gewillt:" Na, Na Kinder, wir sind doch in keiner Irrenanstalt! Wir benehmen uns wie zivilisierte Leute, auch wenn ihr es nicht seid!"

Sie fuhr los und ich sah - mit immernoch verschränkten Armen - aus dem Fenster auf die Bäume die an uns vorbeizogen. " Und Kinder wie war die Feier? Hat Ace neue Freunde gefunden?", fragte sie uns als wären wir gerade dem Kindergarten entflohen um glücklich mit Schultüten in die Schule - später auch Hölle genannt - zu spazieren.

" Ich...", wollte der Kleinkriminelle gerade beginnen, doch ich unterbrach ihn:" Ich denke er hat sogar so viele neue Freunde gefunden, dass er mich alleine gelassen hatte um noch etwas mit ihnen zu 'erledigen'."

"Wie bitte?", fragte Dagmar nun wütend in den Rückspiegel blickend zu Ace, der zornig zu mir sah. " Eins zu Eins!", flüsterte ich ihm gehässig zu, woraufhin die Ader an seiner Stirn zu pochen begann. Ich habe doch gesagt: 'Ein Wort und du wünschst dir mich niemals gekannt zu haben. '
Ich weiß echt nicht was er hat. Innerlich lachte ich mir einen Ast ab, während er von meiner Tante zu Recht gewiesen wurde. Tja, wenn das Karma gerade Mittagspause macht bin ich seine Vertretung.

Alexithymie / unable to feel emotions / #glambookaward2019 #waveaward2019 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt