Caput primum

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Er flackerte. Er flackert und flimmert heute bereits zum dritten Mal. Wenn ich wetten müsste würde ich keine 2 Cent auf diesen kaputten, alten, blöden, langweiligen, nur zu einem Nutzen dienenden und verstaubten Fernseher setzen.
Ich stand auf, stellte mich ihm gegenüber und fixierte ihn mit meinem Blick.
Funktionier. Funktionier endlich...
Leise atmete ich ein und aus, verkrampfte meine Hände zu Fäusten und flüsterte mir selbst beruhigende Dinge zu.
Okay, alles gut Coda. Eigentlich ist es doch nur halb so...
Aufeinmal ertönte ein lautes Knacken und kurz darauf ein schrilles Piepen.
Der Fernseher flackerte nicht und flimmern tat er auch nicht mehr.
Nein. Er war zum Haare zerraufen nochmal komplett schwarz.

Vielleicht etwas aggressiv zog ich das Kabel von der alten Kiste aus der Steckdose und warf es auf den Boden.
OK. Was hatte Dad uns beigebracht?
10 Sekunden warten und dann wieder anschließen.
Also wartete ich. Wippte mit meinem Fuß nervös auf und ab und sah zu unserer digitalen Küchenuhr. Wir hatten Dienstag und genau halb fünf. Wenn ich nicht in fünf Minuten vor dem Fernseher sitzen und die Simpsons schauen werde, wird es den Fernseher aus dem Fenster regnen. Also steckte ich das Kabel eilig wieder herein und betrachtete den Bildschirm Nägel kauend.
Kein flimmern, kein bekanntes Flackern. Nein eine regungslose Schwärze beschattete den Fernseher und ließ ihn sich endgültig von mir verabschieden. Hat der ein Glück.

Verbissen starrte ich ihn weitere Sekunden an. Hoffte auf das winzigste Flimmern, doch es kam nicht. Ich nahm also Mutter's alte Bibel, ging weiter darauf zu und...
Es klingelte.  " Ihr wollt mich doch alle verarschen!", schrie ich und trat wutentbrannt gegen den Fernseher. Und Aufeinmal, aus dem Nichts, sprang die alte Kiste an und ich konnte erkennen wie Bart Simpson Dinge an die alte Schultafel schrieb, die keinen Sinn machten. Er funktionierte! Er funktionierte endlich!
Gerade als ich mir selbst auf die Schulter klopfen und gratulieren wollte, klingelte es erneut.
Wieder entnervt ging ich zur Tür, öffnete sie und hätte sie am liebsten gleich wieder zugeschlagen. Tante Dagmar.
"Tante Dagmar.", begrüßte ich sie gespielt freundlich. "Oh Liebes! Dich hätte ich ja gar nicht erwartet.", erwiderte sie meine Begrüßung überschwänglich und drückte sich an mir vorbei. "Ist ja nicht so als würde ich hier leben.", brabbelte ich augenverdrehend und schloss die Tür.

Seltsam. Jetzt war mir wieder alles egal.

"Nun Schatz, eigentlich wollte ich das deiner Mutter für dich geben, da ich weiß dass du zu allem was nicht von deiner Mutter kommt 'Nein' sagst.",sagte sie aufgesetzt nett und sah mich schief  lächelnd an, während sie es sich gerade auf unserer Esszimmer-Bank bequem machte. Sieht so aus als würde das länger dauern.
Ich dachte kurz nach und musste ihr da auch zustimmen. Alles was nicht wichtig war und das war alles außer meiner Mutter und meinem Hund verweigerte ich schlicht. Immernoch wie eine Irre lächelnd fuhr sie fort:" Also Coda, da gibt es einen Jungen, er ist einer meiner Mandanten und er könnte Unterstützung benötigen." kritisch beäugte ich sie. Sie war Strafverteidigerin und wohl sehr gut indem was sie da tat.
Laut Rezensionen auf Google.

Mein Schweigen interpretierte sie wohl so dass sie fortfahren sollte, obwohl meine Antwort schon feststand egal wie interessant es klang. Nein ist am Ende immer ein Nein.
" Du müsstest ihn eine Weile begleiten..."

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Zwei Stunden und drei heftige Diskussionen später stand es fest.
Coda Kelly Kansington ist nun offizieller Begleitdienst und Escorte von einem Typen, der wohl noch größere Akkressionsprobleme als sie selbst hat.

Was das genau 'bedeutet' weiß ich selbst nicht. Diese zwei Stunden hatten wir doch relativ schnell mit "Nein Doch-Gesprächen" und Erpressungen ihrerseits verschwendet. Und einer knallenden Tür meinerseits beendet.
Oh. Eine Sache hab ich mitbekommen. Er heißt Ace Miller und hat ein Auto.

Alexithymie / unable to feel emotions / #glambookaward2019 #waveaward2019 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt