Zwei Wochen vergingen, bevor ich die erste Nacht durchschlief und keine Entzugserscheinungen hatte, die über zittern hinaus wuchsen. Ich wachte auf und musste lächeln. Sie hatten mir versprochen, das ich reiten durfte, wenn ich eine Nacht durchhielt. Das war die einzige Aktivität, die ich wirklich ungeduldig machen wollte. Wieder auf Shadows mächtigem Rücken zu sitzen war für mich die eine Droge, die mir keiner übel nahm. Also sprang ich auf und hüllte mich in so viele Klamotten, das ich mir sorgen machte, jetzt zu schwer für ihn zu sein. Dann rüttelte ich die beiden Jungs wach, die mich verwundert von meinem plötzlichem Tatendrang anstarrten, sich dann aber beeilten sich anzuziehen, um einen plötzlichen Meinungswechsel meinerseits aus dem Weg zu gehen. Tief inhalierte ich die eiskalte Luft als ich die Tür öffnete. Ich sah mich um. Shadow müsste bald auftauchen. Ich half Kean und Tyler mit ihren Pferden und sah mich vermehrt um. Und musste meine Augen reiben. Das konnte nicht sein? Sunburst stand einige Häuser weiter angebunden. Colt war in der Nähe. Mein Herz klopfte unheimlich schnell und mein Bauch fühlte sich trotz der 3 Pullis an wie auf Eis gelegt. Endlich erspähte ich Shadow, dessen schwarze Figur sich surreal wirkend vom Schnee abhob. "Ist das Sunburst?" hörte ich Kean noch laut fragen, ehe Tyler sich (mal wieder) mit der flachen Hand an die Stirn schlug und sich auf Coco schwang. "Kannst du nicht einmal die Klappe halten du Höhlenmensch?" fragt er dann und schnalzte mit der Zunge. Ich begrüßte Shadow und wollte den Moment voll auskosten. Nach der ganzen Zeit wieder auf seinem Rücken zu sitzen. Es war überwältigend. Wie bei allerersten Mal, fühlte ich, wie wir eins wurden. Er wusste ich wollte vorübergehend verschwinden, und so führte er wie immer die kleine "Herde" an. Ich konnte es nicht fassen, wie hatte ich bloß ein Jahr lang Party machen dem hier vorziehen können? Schnee sprang neben uns aufgewühlt hoch, wie eingefrorene fliegende Fische. Trotz der Kälte war der Himmel in Wyoming blau wie nie zuvor und die Sonne ließ den Schnee so hell, das wir unsere Augen zusammenkniffen mussten, um überhaupt etwas sehen zu können. Alles war für einen Moment... okay. Ich lächelte zum ersten Mal wieder ernstgemeint. Ich hörte laute Jubelrufe von Kean und trieb Shadow etwas mehr an, was dazu führte, das wir die Jungs innerhalb einer Minute abgehängt hatten, und jetzt wie früher alleine durch die Täler ritten. Der Wind wurde wieder eins mit mir und zum ersten Mal seit ich hier war, war ich meinem Vater dankbar mich hierher geschickt zu haben.
Bei dem Kontrollgang durch eines der Häuser, indem die Heizung ausgefallen war hörte ich Jackson, einen der Bewohner zu seinem Zimmergenossen sagen: " Siehts hab ich doch gesagt. Keiner der beiden ist tot" und deutete aus dem Fenster. "Heftig Alter!" antwortete der und drückte sich die Nase an der Scheibe platt. "Wen meint ihr?" fragte ich angespannt. "Na Blake und den Shadow." Mein Herz setzte aus. Ich hastete zur Tür uns riss sie auf. Da, bereits einige Hundert Meter entfernt. Ich erkannte ihre Haare, die noch länger geworden waren und von der Sonne reflektiert im gleichen Takt wie Shadows Mähne flatterten. Unglaublich. Selbst ihr Rücken konnte bei mir eine komplette Starre verursachen. Ich hatte sie wieder gesehen. Also... halbwegs. Aber sie war wieder draußen. Wie gerne würde ich ihr nachreiten. Doch selbst wenn, sie könnte bei diesem Pferd vermutlich schon in Nevada angekommen sein. Ich biss auf meine Lippen und klopfte gegen den Türrahmen, ehe ich wieder reinging und mich der Heizung widmete.
Nachdem wir zurück zu Tyler und Kean gefunden hatten, und die beiden mich um Shadows Geschwindigkeit beneidet hatten, kehrten wir zum Haus und ich beschloss mich zum ersten Mal zum Mittagessen umzuziehen seit ich hier war. Zu meinem Glück hatte Tyler meine geänderte Schuluniform aufbewahrt. Ich drücke den dunkelblauen Stoff gegen mich und zog mich um. Darüber zog ich einen langen Burberry Mantel, Loubutins mit Lackschleife. Glatte, frisch geföhnte Haare und Kniehohe, weiße Strümpfe. Als ich aus dem Badezimmer kam grinste Tyler mich an und bewunderte mein Outfit. Kean dagegen brüllte glücklich "Danke Gott, das du Blake wiedergebracht hast!" ich lachte aus vollem Hals und drehte mich dann um meine eigene Achse. Es fühlte sich tatsächlich super an, sich wieder halbwegs zusammengesetzt zu fühlen. Ich sah in den Spiegel und fühlte mich zum ersten Mal seit fast einem Jahr wieder schön. Ok ich gebe zu, Schneestiefel wären nicht schlecht gewesen, auf dem Weg Richtung Schulgebäude und Cafeteria musste Kean mich mindestens über die Hälfte tragen, denn ich sah nicht ein meine Schuhe mit dreckigem Schnee zu verunstalten. Aber wie hieß es so schön, wer schön sein will, muss leiden. Obwohl ich offen gesagt rein gar nichts dagegen hatte, bei diesen Temperaturen von Kean getragen zu werden. Tyler zögerte, legte die Hände auf die Türklinke und fragte mich, ob ich bereit war. Ich atmete tief durch und nickte. Selbstverständlich waren wir die Letzten, die sich auf ihre Plätze begaben. Kurz nachdem ich durch die Tür kam, schrie jemand: "BLAKE IST ZURÜCK!" ich hörte praktisch, wie sich alle Jungsköpfe umdrehten und mich anstarrten, bevor ich aus allen Ecken Sachen hörte wie, "HI BLAAAAKE!", "Endlich ist hier wieder was los...", "YEEEES!" Ich grinste selbstbewusst wie lange nicht und hast gleichzeitig das Gefühl, das ein einziger Blick nicht vor Freude platzte, konnte aber im Gewühl nichts entdecken. Als wir dann endlich saßen, hörte ich Tyler mit Kean flüsternd über etwas diskutieren. "Ich dachte er isst hier nicht mehr.." schnappte ich auf. Ich lehnte mich unauffällig in ihre Richtung. "Hat er auch nicht, seit Blake weg ist. Ich hab ihn sowieso seitdem nicht wirklich oft gesehen" raunte Tyler ihm zu. Colt? Redeten sie über ihn? War er hier? Mein Magen drehte sich um. "Er muss mitbekommen haben, das sie zurück ist." Mein Atem ging flach, als ich mich langsam umdrehte. "Blake! willst du nicht von meinem... Wasser kosten?!" fragte Kean um mich abzulenken. Klatsch! (Das war Tyler Hand auf seiner Stirn(Wie er selber noch Gehirnzellen besitzen konnte, so oft wie er sich aus purer Verzweiflung gegen den eigenen Schädel schau, war bemerkenswert). Ohne jeden Versuch unauffällig zu Wirken, ließ ich meine Augen über den Speisesaal gleiten. Als unsere Augen sich trafen, war es so, als ob sie sich aneinander festhielten. Es waren sicherlich keine zwei Sekunden, doch die Planeten hörten auf sich zu bewegen, jedes Atom auf der Welt stand still. Mein Herz rutschte bis zum Mittelpunkt der Erde. So viele Gefühle gleichzeitig. Mir war bitterkalt, meine Hände schwitzten jedoch. Mir war schlecht, aber ich fühlte mich leicht wie eine Feder, meine Füße wollten aber nicht vom Boden abheben. Wut, durch seine Anwesenheit, Enttäuschung, das er nicht direkt neben mir saß. Ich fühlte eine Hand auf meiner Schulter. Ich drehte mich weg. Geräusche, Eindrücke und Gerüche kamen mit einem Schlag wieder, wie ein Damm, der gebrochen wurde. Tyler schaute mich besorgt an. "Willst du gehen?" Ich nickte. "Nein!" sagte ich, als er sich erhob. "Iss du nur, ich komme auch alleine zurecht." Ich lächelte ich angestrengt an. Drehte mich nocheinmal zu Colt, der noch immer zu mir sah, mit seinem nichtssagendem Blick, den er für alles einsetzte. Ich erhob mich und ging mit schnellen Schritten auf die Tür zu. Ich hörte jemanden hektisch seinen Stuhl verschieben und hastische schwere Schritte auf dem Lenolium, ehe ich aus der Tür verschwand. Mein Herz ging wie das eines Kaninchens. Es war bitter kalt, ich hatte meinen Mantel über meine Stuhllehne hängen lassen. Ich eilte über die zugefrorenen Wege, als ich die Tür zuknallen hörte. Ich legte noch einen Zahn zu und verschränkte meine Arme, sodass meine Hände gewärmt wurden. Ich versuchte, nicht daran zu denken, was passieren würde, wenn ich mich umdrehen würde. Nicht weit von mir hörte ich den Schnee unter den Schritten knirschen. Ich wurde noch schneller. Dann drehte ich mich instinktiv doch um. Colt. Nein, dachte ich, ich bin nicht soweit. Ich lief so schnell es meine Schuhe zuließen um eine Kurve, und erwischte eine zugefrorenen Stelle in einer Kurve und fiel. Es tat nicht besonders weh, aber ich hatte Colt genug Zeit mich einzuholen. Ich versuchte mich gerade hochzustemmen, als er dann vor mir stand. Ich sagte kein Wort. Er auch nicht. Er atmete große Atemwolken aus und sah mich mit herunterhängenden Schultern an. Er sah fertig aus. Nein, ich würde nicht mit ihm reden. Ich hatte keinen vernünftigen Grund dafür. Nicht mal jetzt redete er mit mir. Beim aufrichten rutschte ich dann wieder, und er hielt mich an meinen Handgelenken fest. Jetzt sah ich ihm erschrocken direkt in seine Augen. Wie ein Erinnerungsspiegel, kamen die Erinnerungen zurück, in denen ich vorher in sie geblickt hatte. Doch zu der Zeit war ich schwächer. Ich riss meine Arme aus seinen Händen, richtete meine Haare und wollte mich umdrehen. Er hielt mich an meiner Taille fest und drehte mich, dank meinen Schuhen viel zu leicht um. Er atmete genauso schwer wie ich. Von den Stellen, an denen seine Hände waren, ging ein prickelnd warmer Strohm durch meinen ganzen Körper, doch gleichzeitig wollte ich meilenweit entfernt von ihm sein. Ich hielt meine Arme vor meinen Oberkörper. Ich wollte gehen, doch es fehlte mir an Kraft und die Überwältigung war zu groß. "Lass.Mich.Los.Colt." brachte ich schwach hervor. "Blake..." Ich schüttelte mit dem Kopf und wagte es nicht, ihm in die Augen zu schauen. Seine Finger bewegten sich leicht und mir wurde schwindelig. "Blake du... wieso?" fragte er, in einem Ton der Verletzlichkeit, den ich von ihm nicht kannte. Er wusste es. Jetzt stieß ich seinen Oberkörper von mir und stöckelte weiter weg. Ich hörte ihn ausatmen. Er kam mir weiter nach. "Mm! Blake, rede mit mir", sagte er und hielt meinen Arm fest. Ich blickte nach unten, viel länger konnte ich meine Tränen nicht in Schach halten. Ich zog meinen Arm weg, er nahm mein Kinn, ich sah zu Seite. Er wollte noch etwas sagen. Dann reichte es. Die ersten Tränen liefen schon über meine Wangen. Ich sah ihm ganz fest und direkt in die Augen "Nein!" Er schien verzweifelt, nachdem er meine Tränen sah. Wir waren bei meinem Haus angekommen. Raymond öffnete die Tür. "Hi BL... Oh alles ok?" dann bemerkte er Colt. Er ließ mich durch und versperrte ihm den Zutritt. Colt versuchte dennoch weiterzukommen. "Alter, heute nicht" warnte Ray ihn. Colt jedoch, machte keine Anstalten zu gehen. "Blickst du nicht, das sie nichts mit dir zu tun haben will?" hörte ich Ray dann sagen, ich hörte ihn selten ausfällig werden. "Ich will nur reden", hörte ich Colt sagen. "Achso? Ja dann", sagte er sarkastisch. "Blake wollte auch reden. Nachdem ihre Mutter gestorben war, sie ihre ersten Drogen genommen hatte und jedes verflixte Mal zugedröhnt in meiner Wohnung ihre Seele aus dem Leib geheult hat, weil DU nicht mit ihr reden wolltest. Jetzt ist meine Frage, findest du es gerechtfertigt, dich jetzt zu ihr zu lassen, nachdem sie sich umbringen wollte, ist es fair dich durch diese Tür zu lassen weil du jetzt plötzlich nach mehr als einem Jahr darauf gekommen bist, Hey es wäre echt eine super Idee JETZT mit Blake zu reden? Die Frage beantworte ich mit Freude für dich. Nein." und mit diesen Worten knallte er die Tür zu. Ich brach zusammen und durchsuchte zum tausendsten Mal meine Taschen nach einer einzigen Pille oder wenigstens Pulver. Meine panischen Finger bekamen etwas zu fassen. Eine kleine gelbe Tablette. Gierig schaute ich sie an.
Ich sprintete auf die andere Seite des Hauses. Blake schloss nie ihre Veranda Tür ab. Ich wusste, was für eine widerliche Aktion es war, sie so zu überfallen, aber ich konnte nicht anders, ich musste bei ihr sein. Ich stand vor der Glastür und spähte hinein, ich sah eine völlig aufgelöste Blake. Ich ballte meine Fäuste. Ich wollte gerade die Tür öffnen, da sie nahm irgendwas in den Mund und sah plötzlich aus wie betäubt. Mein Herz blieb stehen. Sie nahm wieder Drogen. Blake fiel hin und ich schmiss mich gegen die Tür. Dieses Arsch von Raymond kam rein und sah mich erst wütend an, dann besorgt zu Blake, die jetzt wie ein umgepustetes Kartenhaus inmitten ihrer unzähligen Klamotten lag. "Verdammte Scheiße Blake..." murmelte er panisch. Wir hörten die Haustür. Kean und Tyler kamen in den Raum. Kean ließ enttäuscht die Schultern sinken. "Tyler, mach die Dusche an."
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Wyoming Love Story II - Coming home
Avventura[{TEIL 2}] Ein Jahr nachdem Blake ihr geliebtes Wyoming schlagartig verlassen musste, kehrt sie zu ihrem wirklichem Zu Hause zurück, trifft auf ihre Freunde, neue Spuren ihrer Mutter Ruth, ihrem Ex Freund Colt und natürlich Shadow.