Der Kaffee war aufgebrüht und die frisch aufgebackenen Brötchen lagen im Brotkorb vor uns. "Guten Appetit", wünschte ich Manuel. Er griff gerade nach einen der Brötchen, um sie aufzuschneiden. Ich beobachtete ihn dabei. An was genau er sich wohl erinnerte? Nur an die Dinge, die sich auf Freedom bezogen oder auch an unser Privatleben? "Willst du die untere Hälfte?" Manuel reichte mir das Brötchen. "Ja, gern." Ich nahm es ihm aus der Hand und begann es mit Butter zu bestreichen.
"Du Manu, an was genau hast du dich erinnert? Also, was mich betrifft. Und woran merkst du, das es eine vergessene Erinnerung ist?", fragte ich dann zögerlich, ohne meinen Blick vom Brötchen zu heben. Ich hatte irgendwie Angst, dass er sich an den Grund des Unfalls erinnerte, wenn ihm alles von mir wieder einfiel. "Das ist schwer zu erklären. Es ist, als hättest du einen Filmriss. Und dann sausen dir plötzlich Bilder durch den Kopf, die dir bekannt vorkommen. Wie ein Déjà-vu. Das ist ein komisches Gefühl aber du weißt, dass es echte Erinnerungen sind. Und an dich, ja. Irgendwie kam mir in den Kopf, dass wir so oft zusammen aufgenommen haben. Das du mich sogar Nachts aus dem Bett geklingelt hast, weil du noch aufnehmen musstest. Das ich dich dafür gehasst habe. Aber ich mag es, mit dir aufzunehmen. Es macht Spaß." Bei seiner Erzählung musste ich ihn doch ansehen. Er schaute auf seine Hälfte des Brötchens, was er mit Nutella vollschmierte. Auf seinen Lippen lag durchgehend ein leichtes schmunzeln.
(...)
Am Nachmittag machten wir einen kleinen Spaziergang durch den Park, nahe an Manuels Haus. Die Wolken ließen kleine Schneeflocken auf uns nieder und tauchten die Landschaft nur noch mehr in Weiß. Ich liebte diesen Anblick. Auf der freien Fläche waren paar Kinder, die einen Schneemann bauten. "Hast du früher auch Schneemänner gebaut?", fragte ich ihn, als wir langsam, mit knirschenden Schritten, an den Kindern vorbei gingen. "Ich glaube schon. Aber ich war eher der, der andere die Fresse mit Schnee eingerieben hat." Manuel begann zu kichern. "Ich habe immer geschrien, wenn das jemand gemacht hat. Ich habs gehasst. Oder Schnee in den Nacken." Ich musste bei dieser kalten Erinnerung schaudern. "Bekommen war furchtbar aber es anderen geben, war toll." Manu sah mich grinsend an. Seine Mütze ging ihm so weit ins Gesicht, dass man seine Augenbrauen nicht mal mehr sah und seine Nasenspitze war rot, ebenso seine Wangen.
Als wir uns weiter entfernten, kamen wir am Wasser an. Am Rande standen paar Leute und waren auf dem Eis. Der See war zugefroren. "Kannst du Eislaufen?" Ich überlegte kurz. "Uff, es ist Jahre her, dass ich mal Schlittschuhe unter den Füßen hatte. Aber ich glaube schon. Ich bin eher so der Ski und Snowboard Typ", antwortete ich nach einer kurzen Zeit. "Ich weiß." Leicht erschrocken sah ich zu Manuel, welcher mich mit funkelnd grünen Augen ansah. Er erinnerte sich wieder. Ein kurzes Wärmegefühl breitete sich in mir aus. "Ich weiß, dass du mir mal ein Bild aus dem Urlaub geschickt hast, was dein Vater gemacht hat. Du hast dich gemault und warst Kopfüber im Schnee. Ich habe wirklich gelacht, als ich das gesehen habe. Auch, wenn ich Angst hatte, dass du dir weh getan hattest." Manuels Blick ging über den See hinweg. Die Wärme strahlte sich aus und ich konnte nicht anders, als ihn in den Arm zu nehmen und fest zu drücken. Er schnaufte belustigt aber drückte mich ebenfalls. "Ich bin so stolz auf dich."
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Amnesie / Kürbistumor Fanfiction
FanfictionMonatelang wurde um sein Leben gebangt, bis er endlich seine Augen aufschlug und aus dem Koma erwachte. Doch er konnte sich an nichts erinnern. Nicht einmal an seinen besten Freund.