Teil 2 - Szene 2

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,,Ja, über der Haustür! – Nein, ich weiß nicht wie viele! - Was? - Ja! - Bringen Sie einfach irgendein Giftzeug mit und räuchern sie diese Bande aus! Mir doch egal wie Sie das machen! Hauptsache sie sind bald hier!" Mit einem dumpfen ,Kling' landete der Telefonhörer auf seinen Platz.

Mit deutlicher Wut im Gesicht stolzierte James vom Hausflur zurück auf die Terrasse. ,,William wird bald hier sein.", sagte er trocken und lehnte sich dabei mit einer Hand an die große Glastür, die vom Wohnzimmer auf die Terrasse führte.

Jeff genoss gerade den Anblick des wieder hergerichteten Gartens. Er saß auf einem der schicken, breiten Gartenstühle und hatte die Füße auf dem Marmortisch. ,,Ach komm schon James!", meinte er motivierend zu seinem Partner, ,,mach dir doch jetzt keine Gedanken wegen Wespen! - Erzähl mir doch mal lieber endlich von deiner Hausverkleidung!"

Diese Aufmunterung wirkte. James Miene erhellte sich ein wenig. Er setzte sich Jeff gegenüber, nahm seinen Drink in die Hand und begann: ,,Also, du kennst doch Dr. Kane noch, oder?!"

,,Du meinst doch nicht diesen verrückten Vogel, der aus dem Institut flog?", fragte Jeff ungläubig nach.

James hielt inne. Jaa, Jeff hatte recht, Kane war einmal wegen illegaler Forschungsmethode aus seinem alten Institut geflogen, aber war das wirklich so schlimm? Manchmal hasste er Jeff richtig. Herrgott nochmal, jetzt war ihm endlich die Sensation gelungen, eine vollkommene neue Marktlücke in der Immobilienerhaltung, ein echtes Millionenprojekt und Jeff hatte nichts weiter zu tun, als an der Vergangenheit seines Forschers herumzunörgeln!

James tat aber beim weiteren Erzählen völlig unbekümmert, nur bemerkte er bei Jeff nun von vornherein einen misstrauischen Glanz in dessen Augen. James vergaß kein Detail zu erwähnen und auszuschmücken, um die ganze Sache zusätzlich noch in ein besseres Licht darzustellen.

Auf diese Weise erzählte er fast eine Stunde lang. Inzwischen waren die Drinks ein zweites Mal geleert worden und irgendwann kam auch William endlich an und ging sogleich auf Insekten-jagd.

Als James geendet hatte, meinte Jeff: ,,Und du hast ohne abzuwarten, welche Nebenwirkungen dieses, dieses ... Antiquake hat, dein Haus damit verkleiden lassen?!"

James wirkte ein wenig gekränkt. Sein bisschen Hass, dass er für Jeff empfunden hatte, war während des Erzählens allmählich abgeklungen, weil er vermutete, dass er ihn mit seiner Erzählung beeindruckt hatte. Jetzt war der Hass wieder da, neu entflammt, wie ein kleines Kind, das ganz friedlich seinen Mittagsschlaf hält, aber nach dem Aufwecken wieder genauso laut herumtobt wie vorher.

,,Was soll es denn für Nebenwirkungen haben, bitte?!", sagte James gerade, wobei er sich bemühte mehr neugierig als wütend zu klingen, was ihm aber nicht sonderlich gelang.

,,Na ja, so genau kann man das nicht sagen, aber es ist doch ziemlich riskant, ein ungetestetes Mittel zu verwenden, das musst du doch zugeben.", bemerkte Jeff und versuchte dabei freundschaftlich und sachlich zu klingen, weil er fühlte, dass er James wohl mit seinem Misstrauen ärgerte. ,,Du weißt ja noch nicht mal, aus welchem Material es besteht!", setzte er nach einer Schweigeminute von James hinzu, ,,und dann dieser merkwürdige Geruch der Verkleidung!..."

Diesmal musste James zustimmen. Ja, es war richtig, dass es im Haus seit der Verkleidung ein wenig merkwürdig riecht. Irgendwie süßlich, so wie nach Honig. Aber nach zwei, drei Tagen hatte es James nicht mehr gestört. Er hatte einfach eine Pfeife am Tag mehr geraucht und den Geruch nicht mehr so stark wahrgenommen.

Jeff hatte wohl noch mehr gesagt, aber James hatte es nicht mitbekommen. Schließlich meinte er dann: ,,Weißt du Jeff, genau das ist eben der entscheidende Unterschied zwischen uns.
Du bist wirklich ein guter Geschäftsmann, das muss ich dir lassen, hast echtes Köpfchen fürs Management. Aber wenn es um neues Terrain geht, so wie bei diesem Mittel, bist du einfach zu übervorsichtig!"

Jeff sah ihn nur stumm an und schwieg.

,,Ein Geschäftsmann muss einen Riecher haben für gute Investitionen.", plauderte James weiter und lehnte sich dabei auf dem Stuhl zurück, ,,er kann es sich nicht erlauben erst alles zu überprüfen, sondern muss nun mal Risiken eingehen! Sonst passiert es ihm, dass irgendein Anderer ihm auf den Trichter kommt und dieses Geschäft vor der Nase wegschnappt!"

,,Aber wenn man sich Hals über Kopf in etwas hineinstürzt, kann das auch nach hinten losgehen, findest du nicht?", konterte Jeff daraufhin verärgert. Kein Wunder, denn James hatte da eine Schwachstelle von ihm getroffen. Wann immer es etwas Neues auf dem Markt gab, schlug James gleich zu. Jeff traute den Sachen immer nicht so recht und zögerte mit Investitionen in neue Erhaltungsmaßnahmen.

Und irgendwann darauf kam James triumphierend zu ihm, und zeigte ihm seine neuesten Verkaufszahlen. Dann ärgerte Jeff sich immer, dass er so ängstlich gewesen war, neue Verbesserungen in seine Immobilien zu investieren.

,,Was ist, wenn das Mittel nicht lange vorhält! - wenn dieser Geruch vielleicht deine Gesundheit beeinträchtigt! - wenn..."

,,Ach Jeff, jetzt übertreib es bitte nicht!", winkte James ab. Er merkte schon, dass er sich an Jeff die Zähne ausbiss. Er war im Moment einfach zu misstrauisch gegenüber Antiquake und dessen Folgen. Das war schade, hatte er doch vorgehabt, Jeff zu seinem Partner bei dem Vertrieb von Antiquake zu machen. Aber vermutlich würde dies wohl das Letzte sein, womit Jeff momentan einverstanden war. 

Er beschloss daher, diese erste Runde mit einem klaren Sieg für Jeff zu beenden und ihn vielleicht beim Essen auf andere Gedanken zu bringen. ,,Am besten wir lassen die ganze Sache erstmal ruhen.", sagte er. Dann sprang er vom Stuhl auf. ,,Wie wär's mit Brunch?!", fragte er in einer versöhnlichen Tonlage und sah seinen Geschäftsfreund auffordernd an.

,,Von mir aus schon!", erwiderte der. Sie stellten die leeren Gläser auf den Tisch und verließen die Terrasse.

Auf dem Weg zur Eingangstür vernahm James wieder einmal dieses Summen. ‚Wenn die Wespen nicht bald tot sind gewöhne ich mich noch daran!, dachte er zynisch. Es kam ihm so vor, als wäre das Summen diesmal lauter als vorhin, wenn nicht sogar etwas tiefer. Selbstverständlich konnte das nur Einbildung sein, denn immerhin waren er und Jeff jetzt dichter an der Tür. ,,Hörst du's!", fragte er Jeff.

Der zog sich gerade seine leichte Weste an und drehte sich daraufhin um. ,,Was?!", fragte er zurück und hob eine seiner Augenbrauen.

,,Das Summen", antwortete James geheimnisvoll, ,,Sie leben noch! William hat sich immer noch nicht darum gekümmert!"

Jeff hob den Kopf, und dann nickte er, als er es hörte. Unbeeindruckt wandten sie sich zum Gehen.

Als sie draußen waren, kam William ihnen entgegen. James sprach ihn sofort auf die Wespen an.

Verwirrt sah William ihn an: ,,Aber Mr. Winter ich habe doch!..."

,,Sie brauchen sich gar nicht herauszureden!", fuhr James ihn an, ,,da! - man sieht sie doch von hier!", sagte er weiterhin und zeigte auf einige Wespen, die über der Haustür schwirrten. 

Fassungslos starrte der alte William sie an, näherte sich ungläubig der Tür, wobei sein Mund offen stand. Dann hatte er sich wieder gefasst, drehte sich behände um und rief: ,,Das kann nicht sein Mr. Winter! Ich habe eine ganze Wagenladung von diesem Insektengift reingesprüht!"

James lachte kurz und leise auf und schüttelte den Kopf.

,,Glauben Sie mir bitte Mr. Winter! Ich habe selbst gesehen, wie die Wespen alle tot vor der Haustür lagen!", beteuerte William. Er drehte sich um, und blickte ängstlich zu dem Riss in der Wand. ,,Ich verstehe das nicht", sagte er dann nachdenklich und kopfschüttelnd.

,,Sie werden wohl noch ein paar Wespen übersehen haben, William!", meinte James im Plauderton, ,,Komm' Jeff, wir gehen. Mr. McArthur hat noch einiges zu tun, denke ich!" Sie gingen zur Auffahrt zu ihren Wagen.

James fand den Vorfall eher amüsant, während sich Jeff's Bedenken nur verstärkten. Es hatte bestimmt etwas mit diesem Antiquake zu tun, da war er sich ganz sicher.

McArthur sah ihnen verstört hinterher. ,,Glaubt der denn, ich will mich vor der Arbeit drücken!", sprach er zu sich selbst.
Von wegen Wespen übersehen! Dieses Zeug, dass er in den Riss gespritzt hatte, hielt für lange Zeit vor. Selbst, wenn er nicht alle Wespen erwischt hatte, würden sie den Spalt in der nächsten Zeit meiden. 

Misstrauisch beobachtete er, wie sich eine Wespe dem Riss in der Wand näherte und darin verschwand. Das Gift schien diesen Viechern überhaupt nichts anhaben zu können. Merkwürdig....

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