IV

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„Wie läuft dein Aufsatz mit Ahk?"
„Ganz ok. Ist halt nur ziemlich viel, was man dafür braucht und ich hab langsam echt das Gefühl, dass ich ihn auf die Nerven gehe."
„Aber das war doch erst die zweite Nacht!" lachte Nick, „Nein. Seh es locker, er freut sich sogar, dir alles zu erzählen. Mach dir mal darüber keinen Kopf."
Ich lächelte und wir machten uns langsam los.

Nick und Pia liefen heute zum dritten Mal in das Museum. Immer noch war Pia aufgeregt. Wer konnte auch schon behaupten, dass man ein Referat mit einem eigentlich toten Pharao schreiben konnte?
Sie fragte sich, wie lange sie noch dahin musste, da sie ja fast fertig war. Es fehlten hauptsächlich nur noch Ahkmenrah's Leben nach dem Tod und die Bilder. Sie musste ihn noch zeichnen. Da sie gewiss Fotos von dem Sarkophag sowie von den Wänden machen konnte. Aber Ahkmenrah konnte man früher noch nicht fotografieren. Der Stil war auch ziemlich schwierig, deswegen hatte sie bis zuletzt diesen Stil geübt und auch das Gemälde nach hinten rausgeschoben. Es sollte perfekt sein. Ohne wenn und aber.
Im Museum angekommen, begrüßte sie wieder Larry, der sie jedoch dieses Mal zur Seite zog.

„Wie weit bist du mit deinem Vortrag?" fragte er.
„Ich muss nur noch einen letzten Stichpunkt bearbeiten und ein Bild von Ahk zeichnen." antwortete ich.
„Gut, wie lange dauert das oder würde es dauern?"
„Noch zwei bis drei Nächte, warum? Gibt es ein Problem?"
„Oh ja so ziemlich. Ahkmenrah wird in zwei Tagen nach London ins British Museum gebracht, dort wird er mit seinen Bruder und seinen Eltern ausgestellt. Weil dort demnächst irgendetwas wichtiges ansteht, eine Forschung oder so. Es tut mir leid!" sprach Larry etwas traurig.
„Alles gut, ich werde mich beeilen." versprach ich und Larry nickte mir zu.
Ich lief zu Ahkmenrah's Sarkophag.
Und wartete auf ihn.
„Hey Pia!" begrüßte er mich schon leicht bedrückt.
Er wollte ansetzen, es mir zu erklären, als ich mit einem „Ich weiß" ihn von seinem unausgesprochenen Satz unterbrach.
Er nickte und ich fragte nun meine allerletzte Frage. Machte auch ein Foto von ihm, um ihn dann später weiter zu zeichnen.
Ich fing mit einer Skizze an.
Er schien sichtbar nervös zu sein.
„Ich mag die Galaxie an deinem Schlüsselbein." unterbrach er mich in meiner Konzentration.
Ich nickte und bedankte mich.
„Was hat sie zu bedeuten, wenn ich fragen darf?"
„Es ist eine sehr lange Geschichte."
„Wir haben noch zwei Stunden und wenn du vielleicht später weiter zeichnest, kannst du sie mir jetzt erzählen." sprach er.
Ich nickte wieder und legte den Block weg. Ich setzte mich neben ihn an die Wand, legte meinen Kopf gegen sie und fing an zu erzählen:
Mein Vater besaß ein Teleskop. Wir verbrachten so ziemlich jedes Wochenende um dort hinauf zuschauen. Ich liebte es, die Sterne, den Mond und die Planeten zu beobachten und für meine kindliche Verhältnisse zu erforschen. Meine Mutter schaute uns meistens amüsiert zu und hat mich bewundert, wie groß  mein Ehrgeiz, all dies zu erforschen, war. Eines Tages konnte ich dies nicht mehr. So habe ich mir im Andenken an die schöne Zeit und den Erinnerungen, die Skizze von mir und meinem Vater an unserer letzten gemeinsamen Nacht, tätowieren lassen.

„Das ist schön und traurig zu gleich. Aber warum konntet ihr nicht mehr gemeinsam die Nacht betrachten?" fragte er.
„Darüber will ich jetzt nicht reden, Ahk." versuchte ich ihn abzuwimmeln, was auch klappte.
Er war zwar ein wenig deprimiert darüber, aber ich konnte und wollte noch nicht mit ihm darüber reden. Es würde zu viele alte Wunden aufreißen.
„Darf ich wenigstens auch fragen, was du dir am Unterarm tätowieren lassen hast?" fragte er und nahm leicht mein Arm um das Tattoo zu betrachten.
„Da steht ‚Gabriele' meine Mutter. Ich dachte, wenn es ein Andenken an meinem Vater auf meinen Körper gibt, dann auch eins für meine Mutter."
Auch jetzt nickte der Pharao wieder.

Ahkmenrah fand es sehr interessant, was Pia über ihre Vergangenheit berichtete. Doch zu gern wüsste er, was es mit dem Verschwinden ihrer Eltern auf sich hatte. Waren sie gestorben oder wurde Pia ihnen weggenommen?
Würde er es je erfahren?
Würde Pia nach ihrem Aufsatz je wiederkommen?
Viel zu viele Fragen quälten den Pharao.
Er beschloss später mal nachzufragen, wenn er aus London wiederkommt und Pia wieder im Museum sein sollte.

„Pia? Ahk?" rief eine allzu bekannte Stimme. Larry.
Ich schreckte auf aus meinen Gedankenchaos um meine Eltern. Ich war so vertieft, dass ich nicht mal merkte, dass mein Kopf auf Ahkmenrah's Schulter lag. Aber auch er schien ganz weit weg in den Gedanken zu sein.
Als ich meinen Kopf entfernte, schüttelte er kurz seinen Kopf und kehrte auch wieder in die Realität zurück.
Habe ich ihn so sehr zum Denken gebracht oder war er generell so nachdenklich?
Ich stand auf, reichte ihm meine Hand, welche er sie dankend annahm. Ich zog ihn hoch, er legte sich aber gleich daraufhin in den Sarkophag.
„Dürfte ich dich noch um einen letzten Gefallen beten?" fragte er mit leiser Stimme.
„Ja klar, warum nicht?"
„Könntest du morgen wiederkommen, damit ich mich verabschieden kann?" sprach er wie ein kleines Kind, welches Angst hatte, dass der Bruder oder die Schwester nie wieder zurückkehren würde.
„Klar gerne." nickte ich ihm leicht lächelnd zu, „aber warum?"
Doch antworten tat er mir nicht mehr, da ich durch ein kleinem Spalt, was ein Fenster war, sah, dass es hell wurde. Ich schloss den Sarkophag und Nick und Larry kamen hinein.
„Also das habt ihr auch noch nie geschafft! So lange zu reden, dass nicht mal wir ‚Tschüss' zu Ahk sagen konnten." lachte Nick.
Ich stimmte mit Lachen ein.

Nick, Larry und Pia gingen aus dem Museum raus und verabschiedeten sich. Nick musste gleich zur Uni, während Pia erst 11:35 Uhr zur Vorlesung musste. Sie ging direkt in die WG und ordnete alle Notizen und fing an, den Anfang in ihrem Laptop- Schreibprogramm zu verewigen.
Aber immer wieder musste sie an Ahk's Gefallen denken und eine Frage war ihr stets offen:
Warum?

Aufsatz a la Pharao Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt