Eine Woche später
»Was soll das, Sherlock?« Fragte John aufgebracht seinen gelangweilten Mitbewohner und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Was soll was?« Erwiderte der angesprochene seufzend und wälzte sich in seinem Sessel hin und her, bis er irgendwann in einer unnatürlichen, verdrehten Position da lag und John kopfüber anstarrte.
»Du gehst so gut wie jede Nacht weg! Denkst Du, ich merke das nicht?« John wurde lauter als er eigentlich wollte, aber manchmal trieb ihn sein Mitbewohner einfach zur Weißglut. Auch wenn er gerade ein wenig wütend war konnte er sich - trotz den Bemühungen ernst zu bleiben - sein Lächeln nicht verkneifen, als er den Lockenkopf in seiner sehr interessanten Sitzposition beobachtete.
Darauf erwiderte Sherlock einfach gar nichts, sondern freute sich insgeheim das John ihn endlich duzte.
»Wie dem auch sei...« Seufzte John, nachdem er es endgültig aufgegeben hatte auf eine vernünftige Antwort zu warten. Stattdessen warf er lieber einen kurzen Blick nach draußen.
»... Sherlock! Da ist ein Klien-«
»Ich weiß.« Unterbrach der Detektiv ihn stumpf und mit geschlossenen Augen.
Der blondhaarige rollte die Augen und setzte sich in seinen Sessel, obwohl er insgeheim darüber grübelte wie Sherlock das wissen konnte.Etwas Gedanken verloren spielte John mit ein paar losen Fetzen der Armlehne, bis nun endlich die Tür aufging und eine junge Dame hereinkam.
Unsicher setzte sie sich auf den Klienten Stuhl, wie John ihn gerne nannte, und nicht eine Sekunde später sah Sherlock der nun wieder in seinem Sessel saß wie man in einem Sessel sitzen sollte, lächelnd zu ihr rüber.
John wusste das dies kein echtes Lächeln war, er kannte ihn einfach zu gut und wusste wie ein ehrliches Lächeln von seinem Mitbewohner aussah.»A-Also ich bin Maya... Maya Payne.« Fing die junge Frau auffällig schüchtern an und sah zwischen John und Sherlock hin und her. Es schien fast so als ob sie nicht wüsste, wer der Detektiv von den beiden war.
John warf der schüchternen jungen Frau immer wieder aufmunternde Blicke zu, Sherlock jedoch war aufgestanden, hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt und starrte sie an wie an der Jäger seine Beute.
Sofort wusste John das er deduzierte.
»Ich... also ich glaube ja nicht an übernatürliches Zeugs, aber meine Frau hat mir vor ein paar Tagen erzählt, dass sie einen leibhaftigen... E-Engel gesehen haben soll. Ich habe ihr versichert das so etwas nicht existiert aber sie ist sehr gläubig und...« Sie wurde von ihrem Schluchzen unterbrochen.
»... danach hat sie sich von einem hohen Dach gestürzt. Die letzten Worte, die sie zu mir sagte, waren "Ich möchte bei ihnen, bei den Engeln sein... L-Liebling."« Sie fing wieder an zu Schluchzen und während Sherlock sich zurückhalten musste nicht wie ein ungeduldiges Arschloch rüberzukommen ging John mitleidig lächelnd zu ihr, legte eine Hand auf ihre Schulter und reichte ihr ein Taschentuch.
»N-Naja, ich habe auf jeden Fall in der Zeitung noch einen Selbstmord gesehen. Vorgestern ist ein Henry J. McAwley vom Dach des genau gleichen Hochhauses gesprungen mit anscheinend der gleichen Begründung. D-Das sind also zwei Selbstmorde wegen eines angeblichen Himmelswesens und beide Opfer haben rein gar nichts miteinander zu tun... also... also nicht das ich wüsste. Bitte helfen Sie mir Mister Holmes, meine Frau würde so etwas niemals tun. Es war... es war Mord da bin ich mir sicher.«
Mit diesen Worten beendete sie ihren kleinen Vortrag und sah bedrückt auf den Boden, um ihre Tränen wegzuwischen, die sich bei den Worten um ihre tote Ehefrau angesammelt hatten.John hätte sofort darauf getippt das Sherlock den Fall als langweilig abstempelte, weil es sich doch offensichtlich um Selbstmorde handelte, jedoch schien dies rein gar nicht der Fall zu sein.
Der Detektiv stand mit undefinierbarem Blick vor eines der zwei großen Fenster und starrte hinaus auf die Bakerstreet.
»Drei.« Sagte Sherlock mit ernster Miene.
»Mh?« Wollte John perplex wissen.
»Es sind drei Selbstmorde.« Meinte er schnell und drehte sich elegant und in Windeseile um, um sich auf seinen Sessel zu hocken.
Und keine Sekunde später hörte man die Haustür aufgehen, die Treppe poltern und schließlich Lestrade rein Stürmen sehen.
Außer Atem sah er von John zu Mrs Payne und schließlich zu Sherlock herüber.
»Sie wissen es schon, nicht?«
»Allerdings. Adresse?« Erwiderte der Detektiv auf die, mehr oder weniger, Frage von dem DI während Sherlock sich gleichzeitig seinen Mantel überstreifte.
»Crawford Street, in der-« weiter kam Greg nicht, da Sherlock diese Information mit zwei fluchenden Worten übertönte und man nur noch die Haustür zufallen hörte, nachdem er an Lestrade vorbeigerauscht war.
John zuckte, unwissend was für ein Problem Sherlock hatte, mit den Schultern, dankte der verwirrten Maya eilig für das Kommen und schnappte sich seine dünne Jacke um seinem Mitbewohner hinterher zu stürmen.Die Fahrt mit dem Taxi war nicht sonderlich lang.
Crawford Street lag in der Nähe, was John insgeheim freute, da er nicht so viel zahlen musste.
Sherlock ging derweil mit großen Schritten auf das fünfstöckige Gebäude zu und blieb vor dem gelb schwarzen Absperrband der Polizei stehen.
John hatte sichtlich Schwierigkeiten hinterherzukommen, jedoch wollte Sherlock sich in dem Moment nicht eingestehen, dass er gerade unbewusst auf den kleineren gewartet hatte.
In letzter Zeit passieren häufiger Dinge, die er unterbewusst tat, aber eigentlich gar nicht wollte. Das schlimmste war auch noch das es sich dabei fast immer um John drehte. Einmal hatte er John von ihrem Sofa aus ins Bett getragen, als er darauf eingeschlafen war und hatte ihn sogar fürsorglich zugedeckt. Bis heute fragte er sich was das bitte für eine nicht-Sherlock-Holmes-hafte Situation gewesen war.
»Wollen wir?« Wohl oder übel riss John Sherlock ihn aus seinen Gedanken.
Als Antwort hob er das gelbe Plastikband hoch und ließ John als Erstes dankend darunter hindurchschlüpfen.
Im Gleichschritt schritt das berühmte Duo auf die Leiche zu.⌊✐⌉
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𝘮𝘢𝘥𝘦 𝘧𝘰𝘳 𝘭𝘰𝘷𝘪𝘯𝘨 𝘺𝘰𝘶 ʲᵒʰᶰˡᵒᶜᵏ
FanfictionEr hatte es nicht unter Kontrolle. Immer und immer wieder musste Sherlock Holmes, der vermeintlich gefühlskalte Consulting Detective aus London seinen unwissenden Mitbewohner in der Nacht verlassen, nur um früh am Morgen wiederzukommen. Kein Schlaf...